Johannes der Täufer. Detail des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald, Unterlinden Museum in Colmar. (Bild: Txllxt TxllxT, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Neuevangelisierung

Advent – Zeit der Umkehr und Erwartung

Advents­ka­len­der sind beliebt. Und die­ses Jahr stim­men die Tür­chen (1 bis 24) sogar mit der tat­säch­li­chen Advents­zeit über­ein. Doch die Bedeu­tung des Advents geht inmit­ten von Weih­nacht­stress, Guetz­li­duft und heis­sem Glüh­wein bei­nahe unter.

Der Advent (lat. adventus = Ankunft) als Zeit der Vorbereitung auf die Feier der Geburt Christi geht im ganzen Vorweihnachtsrummel unter. Seit Ende Oktober werden wir in Läden und Restaurants mit Weihnachtsdekorationen konfrontiert und im Fernsehen läuft Werbung für Weihnachtsgeschenke, gewisse Sender bieten seit Anfang November täglich Weihnachtsfilme an. Selbst in Pfarreien werden bei Adventsfeiern bereits Weihnachtslieder gesungen. Irgendwie scheint der Advent seine Bedeutung verloren zu haben. Dabei ist der Advent die Zeit, in der sich die Gläubigen innerlich auf die Feier von Weihnachten vorbereiten, einem unglaublichen und für die Menschheit entscheidenden Ereignis: Gott wird Mensch.

Seit dem Ende des 4. Jahrhunderts gab es in Spanien und Gallien eine dreiwöchige Vorbereitungszeit vor Epiphanie, die durch Fasten, Werke der Nächstenliebe und häufigen Besuch der Heiligen Messe gezeichnet war. Bischof Perpetuus von Tours (460–490) führte eine 40-tägige Fastenzeit ab dem 11. November (Hl. Martin von Tours) ein. Diese adventliche Fastenzeit wurde nach dem Konzil von Mâcon (583) überall in der gallischen und spanischen Kirche eingeführt. Damit verbunden war der Gedanke der Umkehr in der Erwartung des Kommens des Herrn als Richter und Retter. Später kam die Erwartung des ersten Kommens Jesu Christi «im Fleisch» dazu. Die liturgische Farbe Violett verweist heute noch auf den ursprünglich Busscharakter der Adventszeit.

Aus Sakramentaren (Sammlung von Gebeten) und Perikopenverzeichnissen ist bekannt, dass der Advent in Rom spätestens ab dem 6. Jahrhundert als geprägte liturgische Zeit gefeiert wurde. Ursprünglich umfasste die Adventszeit wohl sechs Sonntage, die durch Papst Gregor I. (590–604) auf vier Wochen verkürzt wurde.

Heute steht zu Beginn der Adventszeit in der Liturgie vor allem das endzeitliche Kommen des Herrn im Vordergrund. Die Texte erzählen vom langen Warten des Volkes Israel auf den Retter, die Worte der Propheten betonen die Notwendigkeit der Umkehr und der Vorbereitung des Herzens.

Vom 17. bis 24. Dezember liegt der Fokus der Texte auf der nahen Geburt des Gottessohnes; deshalb hören wir die Vorgeschichte der Geburt Jesu (Verkündigung, Heimsuchung). Die sogenannten O-Antiphonen, die als Halleluja-Verse vor dem Evangelium verwendet werden, beginnen jeweils mit einer Christus-Anrufung, die eine der alttestamentlichen Messias-Verheissungen aufgreift.

Johannes der Täufer ist eine Schlüsselfigur im Advent. Er ist der Rufer in der Wüste, der das Volk immer wieder zur Umkehr aufruft und das Kommen des Messias Gottes verkündet. Denn der kommende Christus findet nur Einlass in einem Herzen, das den Wunsch hat, sich zu seinem Wort zu bekehren. Johannes als Prophet der Erwartung verkörpert in gewisser Weise den Geist des Advents.

Aber auch Maria ist in zweifacher Hinsicht adventlich: Sie ist mit Josef verlobt und ihr zukünftiges Leben dadurch vorgezeichnet, doch ihr Herz ist offen für das Wort Gottes. So kann sie ihr «Fiat – Mir geschehe nach deinem Wort» sprechen, obwohl dadurch ihr Leben auf den Kopf gestellt wird. Und als werdende Mutter wartet sie ganz real auf die Geburt ihres Sohnes.

Der Busscharakter des Advents ist etwas in Vergessenheit geraten, doch zu Unrecht. Denn die Vorbereitung auf die Geburt Jesu Christi bereitet uns vor auf das Wiederkommen Christi in Herrlichkeit. Busse ist immer auf etwas Positives ausgerichtet – im Advent auf die Freude über die Menschwerdung Gottes. Busse heisst, sich neu auf Jesus Christus ausrichten, ihm nichts vorzuziehen. Busse bedeutet loszulassen, um so den ersten Schritt auf dem Weg zum «Leben in Fülle» zu setzen.
 

Gott, heilger Schöpfer aller Stern,
erleucht uns, die wir sind so fern,
dass wir erkennen Jesus Christ,
der für uns Mensch geworden ist.

Denn es ging dir zu Herzen sehr,
da wir gefangen waren schwer
und sollten gar des Todes sein;
drum nahm er auf sich Schuld und Pein.

Da sich die Welt zum Abend wandt’,
der Bräut’gam Christus ward gesandt.
Aus seiner Mutter Kämmerlein
ging er hervor als klarer Schein.

Gezeigt hat er sein’ gross’ Gewalt,
dass es in aller Welt erschallt,
sich beugen müssen alle Knie
im Himmel und auf Erden hie.

Wir bitten dich, o heil’ger Christ,
der du zukünftig Richter bist,
lehr uns zuvor dein’ Willen tun
und an dem Glauben nehmen zu.

Lob, Preis sei, Vater, deiner Kraft
und deinem Sohn, der all Ding schafft,
dem heilgen Tröster auch zugleich
so hier wie dort im Himmelreich.
Amen.

(Conditor alme siderum)


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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Bemerkungen :

  • user
    Stefan Fleischer 01.12.2024 um 10:34
    Wieder einmal ist mir im Gottesdienst aufgefallen, wie oft eigentlich der Titel Herr für Christus vorkommt. Und auch die Adventzeit ist die Erwartung Christi unseres Herrn. Dass dann aber dieser Herr nicht mehr herrschen darf, stört mich sehr. «Der mit Dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.» hiess es früher. Anstelle von herrscht werden heute meist die verschiedensten anderen Wörter gebraucht. Ich weiss, herrschen hat heute vielfach einen negativen Geschmack. Aber wäre es nicht einfach eine Frage der Katechese und der Verkündigung den Gläubigen zu erklären, dass es auch eine durchaus positive Bedeutung gibt, eine, die uns wieder bewusst macht, dass jeder irdische Herrscher, ja überhaupt jeder Christ, im Grunde genommen ein Diener ist, Diener unseres grossen und herrlichen Gottes und so, in seinem Dienst, auch Diener der Kirche, seiner Mitmenschen und der ganzen Schöpfung. Advent wird so das Warten des Dieners auf seinen Herrn, sein Kommen und sein Wort.
    • user
      T.L.D. 02.12.2024 um 14:58
      Ähnliches ist mir sogar im Bezug auf die Allmacht Gottes aufgefallen. Ein Priester in meiner Nähe benutzt in der abschliessenden Doxologie des Hochgebets immer das Wort "barmherzig" anstatt "allmächtig"...