Im «Lepanto-Verlag», einem noch recht neuen Stern am geistigen wie geistlichen Firmament Europas, erscheinen regelmässig Bücher, die den Geist des geistlichen Europas tragen und repräsentieren. Denn was die äussere Form seiner Veröffentlichungen betrifft, so stapelt dieses Haus gern tief, so auch bei «Auf der Suche nach dem Licht» aus der Feder von Lothar Rilinger. Wie schon öfter bei «Lepanto» wurde hier einem sehr durchdachten und empfehlenswerten Buch, das eine grosse Aufmachung verdient hätte, lediglich eine Klappenbroschüre spendiert. Wer seine Schritte gen Italien lenkt, sollte dieses Buch unbedingt einstecken – immerhin ist es erfreulich handlich.
Lothar Rilinger ist ein erfahrener Autor. Er nimmt den Leser zunächst mit in die südalpine Stimmung, in der sich das mythische Arkadien sich Schicht um Schicht offenbart. Wir erleben hier einerseits – ganz oberflächlich betrachtet – eine Reisebeschreibung von literarischer Qualität. Sie wird mit jeder Seite mehr zur Beschreibung einer Anabasis von Aquileia, das in spätantiker Zeit in die Bedeutungslosigkeit sank, hinaus zum Stuhle Petri, nach Roma aeterna. Was hat das mit dem Abendland an sich zu tun? Hier sind wir an dem Punkt, an dem es die zweite Ebene dieses Werkes zu würdigen gilt, die es zu einer «doppelten» Reisebeschreibung macht. Denn Rilinger gelingt es zusätzlich, eine innere Reise, eine Seelenreise zum überzeitlichen, zum kulturellen Rom in uns in Gang zu setzen. Mehr als einige Hinweise in dieses inhaltsreiche Buch kann diese kurze Abhandlung kaum geben, das sei gleich gesagt. Machen wir uns also auf den Weg.
Cividale del Friuli liegt nicht an den üblichen Reiserouten. Doch genau hier beginnt Rilinger seinen Weg nach Rom. Warum? Ein Kleinod langobardischer Kunst befindet sich hier: Die Formsprache der Spätantike, schon frühmittelalterlich in der Verwendung – das allein schon sehr faszinierend – und mit durchdachten, weitblickenden Worten in seine Relation gesetzt. Nicht weit ist der Weg von hier nach Udine. Auch diese Stadt, obschon deutlich grösser, ist immer im touristischen Windschatten, noch nicht richtig im Süden, auch nicht am Meer – Rilinger beschreibt uns, warum wir trotzdem anhalten sollten, warum dies eine wichtige Station ist, wenn man Rom wissend erreichen möchte.
Konzentration auf Wesentliches – so liesse sich das durchaus breit angelegte Kapitel über Venedig charakterisieren. Indessen beschränkt sich der Autor auf zwei ganz genau gewählte Orte, von denen aus er dann aber in die Geistes- und Kirchengeschichte hineinleuchtet. Den Markusplatz kennt jeder, den Dogenpalast auch. Dagegen beginnt Rilinger mit der Kirche «Santa Giorgio Maggiore», und wie im Friaul lässt er seine Gedanken einen weiten Kreis beschreiben. Die Lektüre wird immer lohnender – zitiert sei hier beispielhaft seine Überzeugung, nach der hier in Venedig, «wahre Grösse, die nur in der Verherrlichung Gottes erreicht werden kann», zu finden sei. In der Kirche «San Salvatore» begegnet dem Autor dann das Genie Tizians, und er weiss es zu würdigen. Lohnende Gedanken über das Verhältnis von Staat und Kirche schliessen dieses Kapitel ab.
Das Kapitel über Florenz ist wie eine Kuppel geschichtet – vom Äusserlichen nach innen, nach oben und wieder zurück. Pars pro toto, denn als Gesamtkunstwerk beschreibt Rilinger diese Stadt. Der Leser spürt, dass hier jemand schreibt, der ergriffen wurde und begriffen hat. Florenz, die Rast auf dem Weg zum Licht, Kultur um Gottes willen. «Santa Croce», Giotto, Dante – das sind gewaltige Stichworte. Die daran geknüpften Themen handeln von der Abkehr, Umkehr und Rückkehr im biblischen Sinne, extrapoliert wird dies vor allem in Bezug auf das Papsttum. So lenkt der Autor den Blick des Lesers auch hier nach Rom. Doch mittig im Kapitel, auf dessen Höhe sozusagen, wird die Kuppel des Domes «Santa Maria del Fiore» beschrieben, dieses unerreichte Meisterwerk Brunelleschis. So wird dieses Kapitel gleichsam selbst zum Kunstwerk.
Durch die Toskana und Umbrien führt der Weg, auf den Rilinger seine Leser nun mitnimmt. Die Lektüre lohnt, wie die bisher gemachten Anmerkungen wohl ermessen lassen. Und dann, vor den Toren der Ewigen Stadt, folgt der gesammelte Bildteil, höchst aussagekräftig, wirklich gut zusammengestellt. Etwas spät kommt er, aber er bildet quasi den Fanfarenstoss vor dem Eintritt des Pilgers in die Ewige Stadt. Das stört indessen nicht, denn ein Buch ist schliesslich dazu da, darin zu blättern.
Rom also – Caput Mundi. Hier ist der Pilger, denn als solcher versteht sich der Leser inzwischen längst, am Ziel angekommen. Hier, gleichermassen im Licht stehend, breitet nun der Autor einige ausgewählte kirchliche Themen aus. Der Malteserorden und seine Werke gehören dazu, Papst Pius XII., dessen Heiligsprechung mancherorts erhofft wird, ebenfalls. Ein gewichtiges Kapitel ist Benedikt XVI. gewidmet, dem zukünftigen Kirchenlehrer. Von Rom lenkt Rilinger den Blick nach Lourdes und Bethlehem – freilich, ohne die Stadt geistig zu verlassen. Er nimmt den Leser an die Hand und zeigt ihm sein Glaubenspanoptikum, auf dass sich ihm Stadt und Erdkreis öffnen. Nur der, dem Roma aeterna ihre Geheimnisse preisgab, der versteht Europa. Das ist mehr als lohnend, es ist sozusagen die unverrückbare Festung europäischer Glaubenskultur zwischen broschierten Buchdeckeln!
Lothar C. Rilinger, Auf der Suche nach dem Licht. Zeichen des Glaubens auf dem Weg von Aquileia nach Rom. Lepanto-Verlag 2024. 310 Seiten, ISBN 978-3-942605-33-5. Link
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