(Symbolbild: Pexels/Pixabay)

Neuevangelisierung

Aller­see­len – Lie­bende Unter­stüt­zung der Verstorbenen

Am 2. Novem­ber begeht die Kir­che Aller­see­len, das Gedächt­nis aller ver­stor­be­nen Gläu­bi­gen (Com­me­mo­ra­tio omnium fide­lium defunc­torum). Oft steht die­ser Tag im Schat­ten von Aller­hei­li­gen, doch die­ses Jahr fällt der 2. Novem­ber auf einen Sonn­tag und kann dadurch sei­nem eige­nen Cha­rak­ter gemäss gefei­ert werden.

Da Allerheiligen in vielen Gegenden ein freier Tag ist, wird das Gedenken an die Verstorbenen auf diesen Tag vorgezogen: Die Menschen besuchen ihre Verstorbenen auf den Friedhöfen, an manchen Orten werden Gräber bereits am 1. November gesegnet. Doch die beiden Tage haben einen unterschiedlichen Charakter:

Das Hochfest Allerheiligen gilt der «triumphierenden Kirche» im Himmel: An ihm gedenken wir den (kanonisierten) Heiligen und allen Verstorbenen, die sich bereits im Himmel befinden. Allerheiligen ist deshalb ein Tag der Freude und der Hoffnung.

«Denn heute schauen wir deine heilige Stadt, unsere Heimat, das himmlische Jerusalem. Dort loben dich auf ewig die verherrlichten Glieder der Kirche, unsere Brüder und Schwestern, die schon zur Vollendung gelangt sind» (Aus der Präfation von Allerheiligen).

An Allerseelen gedenken wir all unserer Verstorbenen, die sich noch im Fegefeuer befinden und auf ihre Erlösung warten.

Die Verbundenheit mit den Verstorbenen gehört zum christlichen Glauben und ist Ausdruck unserer Hoffnung auf die Auferstehung. Im Menschen bilden Geist und Materie (Seele und Körper) eine Einheit. Die Seele ist unsterblich: «Sie geht nicht zugrunde, wenn sie sich im Tod vom Leibe trennt, und sie wird sich bei der Auferstehung von neuem mit dem Leib vereinen» (KKK 366).

Die Lehre der Kirche besagt, dass Seelen, die beim Verlassen des Körpers nicht vollständig von lässlichen Sünden gereinigt sind oder für vergangene Verfehlungen nicht vollständig gebüsst haben, noch nicht die volle Gemeinschaft mit Gott erreicht haben. Sie befinden sich im Purgatorium (Fegefeuer, Reinigungsort).

«Wer in der Gnade und Freundschaft Gottes stirbt, aber noch nicht vollkommen geläutert ist, ist zwar seines ewigen Heiles sicher, macht aber nach dem Tod eine Läuterung durch, um die Heiligkeit zu erlangen, die notwendig ist, in die Freude des Himmels eingehen zu können» (KKK 1030).

Nächstenliebe – auch für die Seelen im Fegefeuer
Die Katholische Kirche lehrt, dass die Läuterung der Seelen im Fegefeuer durch die Taten der Gläubigen auf Erden unterstützt werden kann. Diese Lehre basiert auf 2 Makk 12,42–46:

«Anschliessend hielten sie einen Bittgottesdienst ab und beteten, dass die begangene Sünde wieder völlig ausgelöscht werde. […] Der edle Judas veranstaltete eine Sammlung, an der sich alle beteiligten, und schickte etwa zweitausend Silberdrachmen nach Jerusalem, damit man dort ein Sündopfer darbringe. Damit handelte er sehr schön und edel; denn er dachte an die Auferstehung. Denn hätte er nicht erwartet, dass die Gefallenen auferstehen werden, wäre es überflüssig und sinnlos gewesen, für die Toten zu beten. […] Darum liess er die Toten entsühnen, damit sie von der Sünde befreit werden.»

Schon in der frühesten Zeit der Kirche wurde deshalb für die Verstorbenen gebetet, gefastet oder andere Busswerke vollbracht und das eucharistische Opfer gefeiert. Doch die guten Werke sollten auch den Lebenden zugutekommen, vor allem den Armen und Bedürftigen, zu denen in bestimmten Zeiten neben den Bettlern auch Schüler, Ordensleute, Eremiten oder Spitalbewohner gehörten.

Im 15. Jahrhundert führten die spanischen Dominikaner den Brauch ein, dass jeder Priester am Allerseelentag drei Messen zelebrieren durfte. Während des Ersten Weltkrieges gewährte Papst Benedikt XV. angesichts der vielen Kriegstoten und der vielen zerstörten Kirchen, in denen keine Messen mehr abgehalten werden konnten, 1915 allen Priestern das Privileg, am Allerseelentag drei Messen zu zelebrieren. Das Messbuch enthält deshalb drei Messformulare.

An Allerseelen ist es für viele Menschen Brauch, die Gräber ihrer Verstorbenen zu besuchen. Sie besprengen das Grab mit Weihwasser, schmücken es vielleicht noch mit Blumen oder einem Gesteck und zünden ein Grablicht an. Damit kommt unser Glaube an die Auferstehung der Toten zum Ausdruck: In der Taufe – an die uns das Weihwasser erinnert – wurden wir auf Jesus Christus getauft, «auf seinen Tod getauft» (Röm 6,3) und haben dadurch das ewige Leben erlangt. Das Licht erinnert an den auferstandenen Christus. Auch an Allerseelen gedenken wir der Auferstehung Jesu Christi, es ist aber nicht die Freude der «triumphierenden Kirche», sondern die vertrauensvolle Hoffnung der pilgernden Kirche auf ihrem Weg zur Vollendung.

Geschichte
Im westlichen Christentum gibt es seit alters her zahlreiche Belege für den Brauch, für die Verstorbenen zu beten, beispielsweise die Inschriften in den Katakomben. Auch Tertullian, Cyprian und andere frühe westliche Kirchenväter bezeugen das regelmässige Gebet für die Verstorbenen.

Bereits im sechsten Jahrhundert war es in benediktinischen Klöstern üblich, jeweils an Pfingsten der verstorbenen Mitbrüder zu gedenken. Die Regel des Isidor von Sevilla sieht den Pfingstmontag vor. In der Benediktinerabtei von Cluny wurde ein Allerseelentag am Montag nach dem Dreifaltigkeitssonntag begangen, bis der heilige Odilo von Cluny im 10. Jahrhundert das Gedenken auf den Tag nach Allerheiligen (2. November) festlegte; nicht nur in der Abtei selbst, sondern auch in allen Töchterklöstern von Cluny . Bald wurde der Allerseelentag auch ausserhalb der Klöster gefeiert. Die Diözese Lüttich war die erste Diözese, die diese Praxis unter Bischof Notger (gest. 1008) übernahm.

Allerseelen-Ablass
Vom 1. bis 8. November kann täglich einmal ein vollkommener Ablass für die Seelen im Fegefeuer gewonnen werden. Neben den üblichen Voraussetzungen (Empfang des Busssakramentes und der hl. Kommunion, Gebet in der Meinung des Papstes, entschlossene Abkehr von jeder Sünde) sind erforderlich:

  • am Allerseelentag (einschliesslich 1. November ab 12 Uhr): Besuch einer Kirche oder öffentlichen Kapelle, Vaterunser und Glaubensbekenntnis;
  • vom 1. bis zum 8. November: Friedhofsbesuch und Gebet für die Verstorbenen.

An den übrigen Tagen des Jahres kann ein Teilablass durch Friedhofsbesuch wiederholt gewonnen werden.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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Bemerkungen :

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    Claudio Tessari 03.11.2025 um 13:56
    Es gibt aber auch andere Beispiele. In einer Predigt im Züricher Oberland hat der Priester in einer vollen Kirche mit vielen Kindern folgendes über die armen Seelen gesagt: Stellt euch vor, ihr trefft einen wichtige Person, und habt euch schön angezogen und jetzt leert ihr euren Kaffee über das Kleid aus. Würdet ihr so die wichtige Person treffen wollen? Nein man würde sich sofort umziehen. Genau so geht es den armen Seelen, welche noch der Reinigung bedürfen. Und durch unsere Gebete, Opfer und Ablässe können wir ihnen helfen. Und die Heiligen sagen uns, diese Seelen werden dann auch uns helfen. Ein wunderbare Predigt in eine kleinen Gemeinde mit einem heiligmässigen Priester.
  • user
    Stefan Fleischer 02.11.2025 um 16:45
    Im Gottesdienst von heute wurden die armen Seelen im Fegfeuer mit keinem Wort erwähnt. Dabei ist der zelebrierende Priester bei weitem kein Modernist. Nun bin ich auf einen Artikel in kath.net gestossen, welcher die Predigt von Papst Leo zu diesem Festtag wiedergibt. Auch hier kommen die armen Seelen und der Ort der Reinigung nicht vor. Der Glaube meiner Jugend aber lehrt mich die Lehre der Kirche so, wie sie im Artikel hier erläutert ist. Nun weiss ich nicht mehr, wem ich glauben soll, oder wie diese beiden Beschreibungen des Festgedanken unter einen Hut zu bringen sind.
    • user
      Joseph Laurentin 03.11.2025 um 06:28

      Wenn Allerseelen (2. November) auf einen Sonntag fällt, hat der Sonntag als höherer liturgischer Rang Vorrang. In diesem Fall wird Allerseelen am folgenden Montag, dem 3. November, gefeiert – also am nächsten Tag nachgeholt. Allerseelen mit den entsprechenden Requiem-Messen und Gebeten für die Verstorbenen erfolgt in diesem Jahr korrekterweise am 3. November.


      Anmerkung der Redaktion
      Das ist nicht korrekt. Nach dem Direktorium des Liturgischen Institutes verdrängt dieses Jahr Allerseelen den 31. Sonntag im Jahreskreis. Im Messbuch heisst es: "Auch wenn der 2. November auf einen Sonntag fällt, wird das Gedächtnis Allerseelen an diesem Tag begangen" (am Sonntag ohne Gloria, mit Credo).



      • user
        T.L.D 05.11.2025 um 08:22
        Dies ist im alten Kalender so. Im neuen Kalender verdrängt Allerseelen den Sonntag.
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    Stefan Fleischer 02.11.2025 um 10:33
    Ganz herzlichen Dank für diese so wichtige Klarstellung. Ich komme soeben von einem Festtagsgottesdienst mit einem Priester, der sonst eigentlich noch sehr auf der Linie der Kirche ist. Darin wurden die armen Seelen im Fegfeuer mit keinem Wort erwähnt. Und dann wundert man sich, dass die Kirche immer weniger glaubwürdig wird, wenn sie die Hälfte ihrer Lehre nicht mehr zu verkünden wagt, obwohl sie sich immer noch katholisch, allumfassend nennt und immer noch Messtipendien für die Verstorbenen entgegen nimmt. Im Übrigen frage ich mich schon, ob nicht manches Unheil in dieser Welt abgewendet werden könnte, wenn man wieder mehr für diese armen Seelen beten würden. Diese würden sich sicher dankbar zeigen und für uns bei Gott eintreten.
    • user
      Martin Meier-Schnüriger 04.11.2025 um 13:27
      Leider musste ich die gleiche Erfahrung machen: Die Predigt erklärte den Gedenktag Allerseelen bloss als Erinnerung an die Verstorbenen, die selbstverständlich alle schon im Himmel sind. Dabei geht es doch darum, an diesem Tag und den ganzen Monat November hindurch etwas für die Armen Seelen im Fegfeuer zu tun, für sie zu beten, das hl. Messopfer zu feiern und Ablässe zu gewinnen. Doch davon wird kaum noch gesprochen. Priester, die es noch tun, müssen sich u.U. auf harsche Reaktionen gefasst machen und können dabei nicht einmal mit der Unterstützung ihres Bischofs rechnen. Traurig, aber wahr!