Da Allerheiligen in vielen Gegenden ein freier Tag ist, wird das Gedenken an die Verstorbenen auf diesen Tag vorgezogen: Die Menschen besuchen ihre Verstorbenen auf den Friedhöfen, an manchen Orten werden Gräber bereits am 1. November gesegnet. Doch die beiden Tage haben einen unterschiedlichen Charakter:
Das Hochfest Allerheiligen gilt der «triumphierenden Kirche» im Himmel: An ihm gedenken wir den (kanonisierten) Heiligen und allen Verstorbenen, die sich bereits im Himmel befinden. Allerheiligen ist deshalb ein Tag der Freude und der Hoffnung.
«Denn heute schauen wir deine heilige Stadt, unsere Heimat, das himmlische Jerusalem. Dort loben dich auf ewig die verherrlichten Glieder der Kirche, unsere Brüder und Schwestern, die schon zur Vollendung gelangt sind» (Aus der Präfation von Allerheiligen).
An Allerseelen gedenken wir all unserer Verstorbenen, die sich noch im Fegefeuer befinden und auf ihre Erlösung warten.
Die Verbundenheit mit den Verstorbenen gehört zum christlichen Glauben und ist Ausdruck unserer Hoffnung auf die Auferstehung. Im Menschen bilden Geist und Materie (Seele und Körper) eine Einheit. Die Seele ist unsterblich: «Sie geht nicht zugrunde, wenn sie sich im Tod vom Leibe trennt, und sie wird sich bei der Auferstehung von neuem mit dem Leib vereinen» (KKK 366).
Die Lehre der Kirche besagt, dass Seelen, die beim Verlassen des Körpers nicht vollständig von lässlichen Sünden gereinigt sind oder für vergangene Verfehlungen nicht vollständig gebüsst haben, noch nicht die volle Gemeinschaft mit Gott erreicht haben. Sie befinden sich im Purgatorium (Fegefeuer, Reinigungsort).
«Wer in der Gnade und Freundschaft Gottes stirbt, aber noch nicht vollkommen geläutert ist, ist zwar seines ewigen Heiles sicher, macht aber nach dem Tod eine Läuterung durch, um die Heiligkeit zu erlangen, die notwendig ist, in die Freude des Himmels eingehen zu können» (KKK 1030).
Nächstenliebe – auch für die Seelen im Fegefeuer
Die Katholische Kirche lehrt, dass die Läuterung der Seelen im Fegefeuer durch die Taten der Gläubigen auf Erden unterstützt werden kann. Diese Lehre basiert auf 2 Makk 12,42–46:
«Anschliessend hielten sie einen Bittgottesdienst ab und beteten, dass die begangene Sünde wieder völlig ausgelöscht werde. […] Der edle Judas veranstaltete eine Sammlung, an der sich alle beteiligten, und schickte etwa zweitausend Silberdrachmen nach Jerusalem, damit man dort ein Sündopfer darbringe. Damit handelte er sehr schön und edel; denn er dachte an die Auferstehung. Denn hätte er nicht erwartet, dass die Gefallenen auferstehen werden, wäre es überflüssig und sinnlos gewesen, für die Toten zu beten. […] Darum liess er die Toten entsühnen, damit sie von der Sünde befreit werden.»
Schon in der frühesten Zeit der Kirche wurde deshalb für die Verstorbenen gebetet, gefastet oder andere Busswerke vollbracht und das eucharistische Opfer gefeiert. Doch die guten Werke sollten auch den Lebenden zugutekommen, vor allem den Armen und Bedürftigen, zu denen in bestimmten Zeiten neben den Bettlern auch Schüler, Ordensleute, Eremiten oder Spitalbewohner gehörten.
Im 15. Jahrhundert führten die spanischen Dominikaner den Brauch ein, dass jeder Priester am Allerseelentag drei Messen zelebrieren durfte. Während des Ersten Weltkrieges gewährte Papst Benedikt XV. angesichts der vielen Kriegstoten und der vielen zerstörten Kirchen, in denen keine Messen mehr abgehalten werden konnten, 1915 allen Priestern das Privileg, am Allerseelentag drei Messen zu zelebrieren. Das Messbuch enthält deshalb drei Messformulare.
An Allerseelen ist es für viele Menschen Brauch, die Gräber ihrer Verstorbenen zu besuchen. Sie besprengen das Grab mit Weihwasser, schmücken es vielleicht noch mit Blumen oder einem Gesteck und zünden ein Grablicht an. Damit kommt unser Glaube an die Auferstehung der Toten zum Ausdruck: In der Taufe – an die uns das Weihwasser erinnert – wurden wir auf Jesus Christus getauft, «auf seinen Tod getauft» (Röm 6,3) und haben dadurch das ewige Leben erlangt. Das Licht erinnert an den auferstandenen Christus. Auch an Allerseelen gedenken wir der Auferstehung Jesu Christi, es ist aber nicht die Freude der «triumphierenden Kirche», sondern die vertrauensvolle Hoffnung der pilgernden Kirche auf ihrem Weg zur Vollendung.
Geschichte
Im westlichen Christentum gibt es seit alters her zahlreiche Belege für den Brauch, für die Verstorbenen zu beten, beispielsweise die Inschriften in den Katakomben. Auch Tertullian, Cyprian und andere frühe westliche Kirchenväter bezeugen das regelmässige Gebet für die Verstorbenen.
Bereits im sechsten Jahrhundert war es in benediktinischen Klöstern üblich, jeweils an Pfingsten der verstorbenen Mitbrüder zu gedenken. Die Regel des Isidor von Sevilla sieht den Pfingstmontag vor. In der Benediktinerabtei von Cluny wurde ein Allerseelentag am Montag nach dem Dreifaltigkeitssonntag begangen, bis der heilige Odilo von Cluny im 10. Jahrhundert das Gedenken auf den Tag nach Allerheiligen (2. November) festlegte; nicht nur in der Abtei selbst, sondern auch in allen Töchterklöstern von Cluny . Bald wurde der Allerseelentag auch ausserhalb der Klöster gefeiert. Die Diözese Lüttich war die erste Diözese, die diese Praxis unter Bischof Notger (gest. 1008) übernahm.
Allerseelen-Ablass
Vom 1. bis 8. November kann täglich einmal ein vollkommener Ablass für die Seelen im Fegefeuer gewonnen werden. Neben den üblichen Voraussetzungen (Empfang des Busssakramentes und der hl. Kommunion, Gebet in der Meinung des Papstes, entschlossene Abkehr von jeder Sünde) sind erforderlich:
- am Allerseelentag (einschliesslich 1. November ab 12 Uhr): Besuch einer Kirche oder öffentlichen Kapelle, Vaterunser und Glaubensbekenntnis;
- vom 1. bis zum 8. November: Friedhofsbesuch und Gebet für die Verstorbenen.
An den übrigen Tagen des Jahres kann ein Teilablass durch Friedhofsbesuch wiederholt gewonnen werden.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Wenn Allerseelen (2. November) auf einen Sonntag fällt, hat der Sonntag als höherer liturgischer Rang Vorrang. In diesem Fall wird Allerseelen am folgenden Montag, dem 3. November, gefeiert – also am nächsten Tag nachgeholt. Allerseelen mit den entsprechenden Requiem-Messen und Gebeten für die Verstorbenen erfolgt in diesem Jahr korrekterweise am 3. November.
Anmerkung der Redaktion
Das ist nicht korrekt. Nach dem Direktorium des Liturgischen Institutes verdrängt dieses Jahr Allerseelen den 31. Sonntag im Jahreskreis. Im Messbuch heisst es: "Auch wenn der 2. November auf einen Sonntag fällt, wird das Gedächtnis Allerseelen an diesem Tag begangen" (am Sonntag ohne Gloria, mit Credo).