Prostratio von Isabella Rütti-Buonfrate bei ihrer Witwenweihe. (Bild: zVg)

Kirche Schweiz

Als geweihte Witwe in der Nach­folge Christi

Am Frei­tag, 12. Sep­tem­ber, emp­fing Isa­bella Rütti-​Buonfrate in der Kir­che St. Marien in Basel durch Weih­bi­schof em. Mar­tin Gäch­ter die Wit­wen­weihe. Sie ist erst die zweite Frau in der Schweiz, die diese Weihe, die bereits in der Urkir­che bekannt war, emp­fan­gen hat.

Die Witwenweihe ist ein Segensritus, den es bereits im frühen Christentum gegeben hat und von dem bereits in den Pastoralbriefen die Rede ist. Die Witwe legt das Versprechen ab, zölibatär zu leben, eine feste, persönliche und lebendige Gottesbeziehung zu leben, wie auch das Stundengebet der Kirche zu beten und karitativ in der Welt zu wirken. Auf diesem Weg will die Witwe dem Ruf Jesu Christi folgen.

Während sich der Brauch der Witwenweihe in den Ostkirchen erhalten hat, geriet er im Westen in Vergessenheit. Die heute gültigen liturgischen Bücher sehen die Witwenweihe nicht vor. Doch 1984 approbierte der Heilige Stuhl auf Bitten des Pariser Kardinals Jean-Marie Lustiger einen «Ritus der Segnung von Witwen». Inzwischen gibt es geweihte Witwen, in Deutschland, Italien, Österreich, Polen und auch in der Schweiz.

In der Trauer von Gott getragen
Isabella Rütti-Buonfrate hatte 1999 geheiratet. Nach nur 13 Ehejahren starb ihr Ehemann an Krebs. Trotz der Trauer über seinen frühen Tod zerbrach Isabella nicht, so Weihbischof Martin Gächter in seiner Predigt, sondern fühlte sich intensiv von Gott getragen und spürte grosse innere Ruhe, Zuversicht und Frieden im Herzen. Sie ging der Frage nach, was Gott mit ihr vorhat. Sie öffnete ihr Herz für den Plan Gottes und für die Anliegen der Menschen um sie herum und hat sich so zu diesem Schritt der Lebenshingabe an Jesus entschieden.

Im Interview mit «swiss-cath.ch» erzählt Isabelle Rütti-Buonfrate von ihrem Weg, der sie zur Witwenweihe führte.

Die Witwenweihe ist in unserer Gegend wenig bekannt. Wie haben Sie von der Existenz dieser Lebensform erfahren?
Zum ersten Mal habe ich 2018 im Newsletter von VaticanNews davon gelesen. Papst Franziskus hatte geweihte Witwen zur Audienz nach Rom eingeladen. Dieser Bericht hat mich sehr angesprochen, und ich suchte dann im Internet Informationen darüber.

Sie waren verheiratet und haben dies als Ihre Berufung erkannt. Durch den frühen Tod Ihres Mannes wurde Ihr «Lebensplan» geändert. Wie ging es Ihnen damit?
Ja, ich hatte bereits früh den Wunsch, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Aufgrund meiner christlichen Erziehung war mir der Glaube vertraut. Meine Eltern halfen mir, an einen Gott als meinen liebenden, himmlischen Vater zu glauben. So habe ich meinen Herzenswunsch im Gebet an Gott gerichtet. Dabei war mir auch wichtig, mein Eheversprechen vor Gott zu geben. Mein zukünftiger Mann war damit einverstanden, und das hat mich gefreut. So durften wir eine innige, wunderbare und von Gott gesegnete Ehe leben. Ganz im Vertrauen, dass Gott weiss, was er tut.

Als mein Mann krank wurde, vertraute ich darauf, dass Gott weiterhin da ist, und ich kann heute sagen, dass ich SEIN Dasein und SEIN Mitgehen in dieser schweren Situation ganz besonders tief erfahren habe.

Wie oft habe ich im Vaterunser «DEIN Wille geschehe» gebetet? Auch unter Tränen – und so habe ich die Kraft bekommen, in diesem Moment ganz bewusst zu unserem Schicksal Ja zu sagen und den Willen Gottes anzunehmen, verbunden mit der Bitte, dass ER mir weiterhin Kraft schenken möge. Und ich durfte viele Momente der Gnaden erleben. In meinem Leid habe ich auf Gott gebaut und wurde von IHM mit Trost, Zuversicht und innerem Frieden beschenkt.
 


Viele Witwen lassen nach dem Tod des Ehepartners «das Leben auf sie zukommen». Für manche Frauen ergibt sich eine neue Beziehung, andere bleiben alleinstehend. Haben Sie sich bewusst dafür entschieden, allein zu bleiben, oder hat sich dies mit der Zeit und im Gebet ergeben?
Im Herzen war eine Gewissheit, dass Gottes Geist mich weiterhin führt und ER einen Plan für mich bereithält. Meine Gottesbeziehung wurde enger, persönlicher. Ebenso der häufige Besuch der Heiligen Messe und der Eucharistieempfang. Mir wurde es wichtig, dass ich keinen Entscheid ohne IHN treffen möchte, und betend bat ich IHN, mir zu helfen, auf SEINE Stimme zu hören. Ich erkannte, dass Gott mich in eine engere Nachfolge ruft und habe dies mit Hilfe meines geistlichen Begleiters zusätzlich geprüft. Als ersten Schritt habe ich dann einen Brief mit meinem Anliegen an Bischof Felix geschrieben.

Gibt es eine offizielle Vorbereitung auf die Witwenweihe oder ist diese je nach Frau und Lebenssituation unterschiedlich? Wie sah Ihre Vorbereitung aus? Und welche Voraussetzungen gibt es?
In der Schweiz bin ich die zweite geweihte Witwe, daher gibt es bis jetzt keine einheitliche Vorbereitung.

Grundsätzlich gelten folgende Voraussetzungen: Die Kandidatin muss katholisch sein, also getauft sein und die Firmung empfangen haben. Zudem muss sie eine katholisch gültige Ehe geschlossen haben, wie auch aus einer persönlichen Gottesbeziehung und aus den Sakramenten leben.

Ebenfalls sollte eine angemessene Zeit der persönlichen Vorbereitung sowie der Prüfung erfolgt sein. Ich habe die Fragen meiner möglichen Berufung dann ja auch meinem geistlichen Begleiter dargelegt.
Zudem sollte seit dem Tod des Ehemannes eine angemessene Anzahl von Jahren vergangen sein.
Was das Mindestalter betrifft, gibt es nationale Unterschiede. Die Bereitschaft, den Menschen und der Kirche zu dienen, ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt.

Ich selbst hatte mehrere persönliche Treffen mit Weihbischof em. Martin Gächter.

Sie haben am 12. September die Witwenweihe empfangen. Können Sie uns etwas über die Weihe erzählen?
Die Witwenweihe erfolgt in einer Eucharistiefeier und der eigentliche Segensritus beginnt mit der Befragung zur Bereitschaft der Kandidatin. Dann erfolgt die Allerheiligenlitanei mit dem abschliessenden Gebet. Gefolgt vom Versprechen des zölibatären Lebens, also der Ehelosigkeit, des Gebets und der gelebten und konkreten Nächstenliebe. Die Witwenweihe schliesst mit dem Weihegebet durch den Bischof.

Als Zeichen wurden mir von Martin Gächter das Stundengebet und mein Ehering überreicht, in den ich zuvor den Namen Jesus eingravieren liess.

Gab es einen Moment während der Weihe, der Sie besonders berührte?
Die ganze Eucharistiefeier war für mich freudvoll und eindrücklich. Doch die Prostratio (sich auf dem Boden hinlegend als Zeichen der Demut, der Bitte und der Ganzhingabe) während der Herabrufung der Heiligen, das war für mich ein sehr inniger, einmaliger Moment.

Ungewohntem begegnen Menschen oft mit Skepsis. Wie hat Ihre Familie, Ihr Umfeld auf Ihren Entscheid reagiert?
Da die Witwenweihe in der Schweiz eher unbekannt ist, waren viele darüber erstaunt, da sie noch nie davon gehört hatten. Doch ihre Reaktionen waren durchwegs positiv.

Inwieweit hat sich Ihr Alltag durch die Witwenweihe verändert?
Mein Alltag hat sich bis jetzt nicht gross verändert, das Stundengebet betete ich bereits früher. Zudem engagiere ich mich vielfältig in der Pfarrei und bei meiner Arbeit begleite und unterstütze ich Menschen in ihren schwierigen und herausfordernden Lebenssituationen.

Neu geht es darum, im Glauben und im Vertrauen zu Gott weiter zu wachsen und das geistliche Leben zu vertiefen, also mir täglich Zeit für das Gebet und für das Lesen geistlicher Literatur zu nehmen, wie auch Zeugnis von Gottes Liebe und Wirken in der Welt zu geben und andere Menschen im Glauben zu ermutigen. Gleichzeitig ist mir die Verantwortung dieser Weihe bewusst, und der Name Jesus in meinem Ehering erinnert mich stets daran, ein Leben zu führen, das Gott gefällt.
 

Versprechen der Witwenweihe
Ich, Isabella Rütti-Buonfrate, gelobe vor Gottes Angesicht für mein weiteres Leben als Witwe ehelos zu leben, mein Leben ganz auf Jesus auszurichten und so dem Anruf Jesu Christi zu folgen. Nach dem Beispiel der heiligen Witwen möchte ich in besonderer Nähe zu Jesus Christus leben und Ihm gemäss dem Evangelium nachfolgen. Der Einsatz all meiner Talente und Fähigkeiten für die Kirche und für die Menschen möge Gott zur Ehre gereichen und Zeugnis der Liebe Gottes und meiner Liebe zu Gott und den Nächsten sein.
Im Besonderen möchte ich meine Sendung leben, im Gebet für die Priester, für die Ordensleute und die Verstorbenen wie auch im Dienst an den Mitmenschen
Ich möchte mein Leben lang am Glauben der katholischen Kirche festhalten, im konkreten Handeln meinen Glauben bezeugen und der Kirche als Witwe dienen.
Dazu helfe mir der barmherzige Gott und unsere himmlische Mutter Maria. Amen.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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