Ana de Jesús. (Bild: Urheber unbekannt, Wikimedia Commons)

Weltkirche

Ana de Jesús – Weg­ge­fähr­tin der hei­li­gen Teresa von Ávila

Papst Fran­zis­kus ist vom 26. bis 29. Sep­tem­ber auf sei­ner Apos­to­li­schen Reise durch Luxem­burg und Bel­gien. In der hei­li­gen Messe am 29. Sep­tem­ber wird er Ana de Jesús, eine enge Weg­ge­fähr­tin der hei­li­gen Teresa von Ávila, seligsprechen.

Ana de Jesús (Ana de Lobera Torres) wird am 25. November 1545 in Medina del Campo, Valladolid, geboren. Ihr Leben steht zunächst unter keinem guten Stern, denn ihr Vater stirbt nur wenige Monate nach ihrer Geburt. Ana ist zudem in den ersten sieben Jahren ihres Lebens stumm und taub, bis sie eines Tages «wie durch ein Wunder» zu sprechen beginnt. Zwei Jahre später stirbt auch die Mutter und Ana kommt zusammen mit ihrem älteren Bruder Cristobal in die Obhut ihrer Grossmutter mütterlicherseits. Deren Bemühungen, eine Vernunftehe für ihre Enkelin zu finden, stossen auf den starken Widerstand des Mädchens, das sich schon sehr früh mit geistlichen Fragen beschäftigt. Bereits im Alter von zehn Jahren äussert Ana den Wunsch, in ein Kloster einzutreten und ein Keuschheitsgelübde abzulegen. Als die Heiratspläne der Grossmutter konkreter werden, zieht Ana im Alter von 15 Jahren mit ihrem Bruder zu ihren Grosseltern väterlicherseits. Aber auch ihre andere Grossmutter will sie verheiraten. Um diesem Ansinnen ein für alle Mal ein Ende zu setzen, erscheint sie bei einem Familienfest in ein schwarzes Tuch gehüllt und mit zerschnittenen Haaren.

Ana sieht sich zu einem Leben im Kloster berufen und sucht nach der «vollkommensten» religiösen Gemeinschaft. In der Zwischenzeit führt sie ein sehr strenges Leben, betet und fastet oft. Bereits in dieser Zeit empfängt sie mystische Gnaden.

Begegnung zweier Seelenverwandten
Im Jahr 1570 reist Teresa von Ávila nach Toledo, um einen neuen Karmel zu gründen. Hier trifft sie auf den Beichtvater von Ana. Dieser ist begeistert von Sr. Teresa und schreibt seinem Schützling: «Ich habe hier eine heilige Frau gefunden, die Klöster jenes Ordens gründet, den Sie suchen. Sie ist eine gebürtige Ávila und heisst Teresa de Ahumada. Bittet Gott, er möge euch das Licht geben, um zu wissen, ob er euch dorthin ruft. Was mich betrifft, so scheint es mir so.» Ana ist interessiert und fragt wegen eines Klostereintritts nach. Die heilige Teresa selbst schreibt ihr zurück und erklärt, dass sie in den Karmel aufgenommen werde. Zu diesem Zeitpunkt sind beide Grossmütter verstorben, sodass es von der Familie her keine Einwände mehr gibt. Ana wird am 1. August 1570 eingekleidet und erhält als Ordensnamen «Ana de Jesús.

Erst Ende August lernt Ana die heilige Teresa persönlich kennen; Teresa von Ávila erkennt die Charismen von Ana und es beginnt eine tiefe spirituelle Freundschaft. Ana de Jesús gehört zu den wenigen Nonnen, die die Möglichkeit haben, mehrere Jahre lang den Alltag mit Teresa von Ávila zu teilen und somit «in ihrer Schule» ausgebildet zu werden. Sie führen einen intensiven Briefwechsel. Wie sehr die heilige Teresa ihrer Mitschwester vertraut, zeigt sich in der Tatsache, dass sie ihr alle geistlichen und mystischen Gnaden mitteilt, die sie empfängt.

Die heilige Teresa nimmt Ana de Jesús in die Neugründung nach Salamanca mit. Dort überträgt sie ihr das Amt der Novizenmeisterin – obwohl Ana selbst noch Novizin ist! Am 22. Oktober 1571 legt Ana die ewige Profess ab.

Bereichernde Freundschaft mit Johannes vom Kreuz
Ana de Jesúa bleibt noch vier Jahre in Salamanca, bis sie 1575 als Priorin die Neugründung in Beas de Seguar übernimmt. Im Oktober 1578 trifft sie den heiligen Johannes vom Kreuz, der wenige Tage zuvor aus seinem Gefängnis im Karmel in Toledo geflohen ist. Er bleibt während zwei Jahren in Béas und übernimmt die geistliche Begleitung der Schwestern; Ana wird stark von seiner Spiritualität geprägt. Zwischen den beiden entwickelte sich eine tiefe Beziehung der Freundschaft und Bewunderung.

Im Januar 1582 bricht Ana de Jesúa auf Teresas Bitte hin nach Granada auf, um dort eine Neugründung vorzunehmen. Zwei Monate später wird der heilige Johannes vom Kreuz zum Prior der Brüder in Granada gewählt. Die beiden Klöster arbeiten eng zusammen. Ana ermutigt Johannes von Kreuz, den «Geistlichen Gesang» zu vollenden, den er 1584 fertigstellt. Sie wird das Werk später nach Frankreich mitnehmen und es 1622 in Paris erstmals veröffentlichen. Die erste Ausgabe in spanischer Sprache wird erst 1627 in Brüssel veröffentlicht; die Intervention von Ana de Jesús ist ausdrücklich auf dem Titelblatt erwähnt.

Johannes vom Kreuz lobt Ana de Jesús mit den Worten: «Sie glich in allem der [heiligen] Teresa, derselbe Geist des Betens, dieselbe Art zu handeln, dieselben Fähigkeiten, dieselbe Art der Leitung.» Er geht sogar so weit zu erklären, «dass sie der heiligen Teresa in den geistlichen Gaben ebenbürtig war und sie in den natürlichen Gaben übertraf».

Interne Auseinandersetzungen
1586 gründet Ana de Jesús ein Kloster in Madrid. Diese Gründung hatte die heilige Teresa sich sehr gewünscht, konnte sie aber nicht mehr selbst durchführen. (Sie war im November 1582 verstorben.) Ana de Jesús leitet die Neugründung mit viel Talent und zeigt auch im Umgang mit dem spanischen Hof eine grosse Begabung. Sie freundet sich mit der Tochter des spanischen Königs Isabella Clara Eugenia von Spanien an. In dieser Zeit wird sie beauftragt, die in der Inquisition und in Privatbesitz verstreuten Bücher der heiligen Teresa zusammenzustellen und sie Bruder Luis de León zur Veröffentlichung zu übergeben.

Nach dem Tod der heiligen Teresa von Ávila war Pater Nicolas Doria zum neuen Generaloberen für den Orden gewählt worden. Dieser war gegen die Autonomie der Frauenklöster und trieb die Reform der Teresianischen Konstitutionen von 1581 voran. Um den Geist der von Teresa von Ávila angeregten karmelitanischen Reform zu bewahren, schreibt Ana de Jesús zusammen mit einigen anderen Nonnen an Papst Sixtus V. Dieser bestätigt auf ihre Bitten hin die teresianischen Konstitutionen von Alcalá durch das Breve «Salvatoris» (1590). Der Ordensgeneral reagiert postwendend und lässt Ana de Jesús im Karmeliterkloster in Madrid einkerkern. Sie darf ihre Zelle nur verlassen, um zweimal im Jahr die Messe zu besuchen. Durch eine persönliche Intervention des spanischen Königs wird die Strafe auf «eine Messe pro Monat» gemildert. Nach dem Tod Dorias 1594 wird ihrem Antrag auf Übertritt in das Kloster von Salamanca stattgegeben. Zwei Jahre später wird sie dort zur Priorin gewählt.

Unermüdliche Klostergründerin
Der französische Theologe Pierre de Bérulle will die unbeschuhten Karmelitinnen nach Frankreich holen und fragt explizit nach Ana de Jesús – dies erlaubt der Generalobere erst nach vielen Diskussionen. Am 18. Oktober 1604 wird in Paris das erste Karmelitinnenkloster gegründet. Es folgen weitere in Pontoise und Dijon. Im Kloster von Dijon erkrankt Ana de Jesús an der Pest, wird aber geheilt, als ihr der Schleier der heiligen Teresa aufgelegt wird.

Isabella Clara Eugenia von Spanien, mit der sie seit ihrer Zeit in Madrid befreundet ist, ist inzwischen Statthalterin der spanischen Niederlande[1]. Sie bittet Ana de Jesús, in dieser Provinz einen Karmel zu gründen. Diesem Wunsch entspricht sie und gründet am 25. Januar 1607 den ersten Karmel in Brüssel, wo sie nun bis zu ihrem Tod bleiben wird. Bereits am 7. November folgt eine Gründung in Löwen und am 7. Februar 1608 in Mons. Weitere Gründungen müssen warten, da sich die französischen Klöster weigern, ihr erfahrene Karmelitinnen zu schicken.

Ana de Jesús widmet sich in ihrer Zeit im heutigen Belgien der Übersetzung und Verbreitung der Schriften der heiligen Teresa sowie des Johannes vom Kreuz.

Sie selbst hinterlässt neunundachtzig Briefe und einige Erklärungen. In ihnen wird ihre leidenschaftlichen Liebe zur Reform des Karmeliterordens sichtbar und ihre unverbrüchliche Freundschaft zur heiligen Teresa. Sie zeigen eine Frau, die Aktion und Kontemplation ins Gleichgewicht bringt, und bezeugen ihre Liebe zur Menschheit Christi und ihre tiefe Verehrung des Allerheiligsten Altarsakraments.

1612 veranlasst sie eine Gründung in Krakau und 1619 eine in Antwerpen. Obwohl alt und krank, überlegt sie, einen Karmel in England zu gründen, gibt diesen Plan jedoch auf.

In den letzten sieben Jahren ihres Lebens ist sie völlig gelähmt und leidet unter grossen Schmerzen. Am 4. März 1621 stirbt sie im Alter von 75  Jahren Brüssel.

Bereits in ihrem Todesjahr beginnt der ordentliche Selig- und Heiligsprechungsprozess in Mechelen, Tournai, Cambrai, Arras und Antwerpen. Aufgrund des fehlenden Interesses der zuständigen Ordensleitung kommt der Prozess zum Stillstand. Auf dem Generalkapitel des Ordens 1991 wird die Einleitung des Seligsprechungsverfahrens beantragt und 2014 in die Tat umgesetzt. Am 14. Dezember 2023 anerkennt Papst Franziskus die Echtheit eines Wunders, das der Fürsprache von Ana de Jesús zugeschrieben wird, und ermöglicht damit ihre Seligsprechung.

 


[1] Diese umfassten das Gebiet der heutigen Niederlande, Belgien, Luxemburg sowie des französischen Départements Nord.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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