Das Interview erschien zuerst auf CNA Deutsch. Das Interview führte Maria Lozano.
Als französischer katholischer Priester und Ordensmann lebte Charles de Foucauld unter den Sahara-Tuareg in Algerien. Er wurde 1916 getötet und gilt als Märtyrer.
Für viele Katholiken ist die Westsahara terra incognita. Wer gehört zur Apostolischen Präfektur Westsahara, der Sie seit Juni 2013 vorstehen?
Die meisten Christen in der Westsahara sind Migranten, die Afrika durchqueren, um auf die Kanarischen Inseln oder die Iberische Halbinsel zu gelangen, oder aber Studenten, die hier drei Jahre lang ein Hochschulstudium absolvieren und dann wieder nach Hause zurückkehren. Einige Christen stammen aus Asien und Europa, aber vorwiegend kommen sie aus der Kirche südlich der Sahara: aus der Elfenbeinküste, dem Senegal, Kamerun, Guinea Conakry, Kenia, Sierra Leone, Liberia und anderen Ländern.
Wir sind eine sehr kleine Kirche; allerdings bedeutet klein nicht tot oder unbedeutend. Klein sind wir aber schon. Im Grunde haben wir lediglich zwei Pfarreien in der Westsahara.
Die Apostolische Präfektur Westsahara ist gerade deshalb eine Apostolische Präfektur, weil sie nicht die Voraussetzungen für die Errichtung einer Diözese erfüllt. Deshalb haben wir auch keinen Bischof. Ich bin eben ein Präfekt. Wir sind schon im Wachstum begriffen, auch wenn es ein sehr langsames Wachstum ist. Für die Präfektur ist die Gemeinschaft der Missionsoblaten der Unbefleckten Jungfrau Maria zuständig. Wir haben zwei Pfarreien. Die eine befindet sich in El Aaiún im Norden, die andere in Dakhla, eher in Mitte-Süd.
Wenn Sie von einer sehr kleinen Kirche sprechen, über welche Zahlen reden wir?
In Dakhla liegt die Zahl der Christen zwischen 40 und 60, aber die Zahl schwankt stark. Es sind hauptsächlich Migranten, die in die Sahara kommen, um auf die Kanarischen Inseln in Spanien zu gelangen, manchmal mit einem kleinen Boot. Dennoch gibt es einen Kern von denen, die hier bleiben, manchmal sogar Jahre lang, denn in Dakhla können sie in der Fischindustrie und in den Kühlhäusern Geld verdienen. So bilden sie eine Gemeinschaft, und wir als Kirche wollen ein Zuhause, eine Familie schaffen, denn alle Migranten leben weit weg von ihren Familien, von ihren Bezugskirchen. Wir möchten, dass sie in unserer Kirche ein Zuhause finden. Wir haben ein Aufnahmezentrum für Migranten, das von der Pfarr-Caritas betrieben und von der Caritas Rabat sowie von unserer Kongregation unterstützt wird. Es ist eben eine kleine Kirche, aber sehr lebendig, sehr lebendig. Die Wahrheit ist, dass es eine Freude ist, hier die Eucharistie und den Glauben zu feiern.
In der nördlichen Gemeinde, in El Aaiún, der Hauptstadt einer Region mit etwa 400 000 Einwohnern, haben wir ebenfalls eine kleine Gruppe von Migranten, aber El Aaiún ist eine Ausreisezone und hat kaum Industrie oder Arbeitsplätze, wo Geld verdient werden kann. Deshalb ist es schwieriger, hier zu bleiben. Hier haben wir Studenten aus Ländern südlich der Sahara, die eine höhere Berufsausbildung absolvieren wollen. Ausserdem gibt es eine kleine Gruppe der Vereinten Nationen, die seit 1991 hier eine Mission hat. An den Sonntagsgottesdiensten nehmen etwa 40 oder 50 Personen teil – eine Minderheit innerhalb der grossen muslimischen Gesellschaft. Die Herausforderung besteht einmal mehr darin, Familie und Gemeinschaft zu schaffen.
Was bedeutet es für diese Katholiken, für die Christen der Westsahara, dass Foucauld zur Ehre der Altäre erhoben worden ist?
Die meisten Christen, die aus Kirchen südlich der Sahara stammen, kennen Foucauld nicht. Unsere Aufgabe ist es, ihnen seine Botschaft nahe zu bringen: dass sie verstehen, was es bedeutet, in diesem Land Christ zu sein, in dem die Bevölkerung fast ausschliesslich muslimisch ist und die Christen Fremde sind.
Ich glaube, dass Foucauld uns viel zu sagen hat. Er ist ein Werkzeug des Geistes, damit wir lernen, in diesem Land Christ zu sein. Denn die Versuchung für uns alle, auch für unsere Brüder und Schwestern aus den Ländern südlich der Sahara, besteht darin, die Kirchen, die Modelle der Kirche in ihren Ländern und Gemeinschaften einfach zu kopieren. Für uns ist Foucauld eindeutig ein Heiliger, eine Inspiration. Er ist ein Vorbild, ein Beispiel für christliches Leben, für Charisma, für eine Art zu sein und zu leben, für Mission und Evangelisierung in diesem Land.
Es ist auch ein Vorbild für uns Oblaten, denn natürlich ist Foucauld immer im Hintergrund präsent. Für uns ist er eine Bestätigung, er geht Hand in Hand mit dem Aufruf, der Einladung des Papstes, hinauszugehen, uns zu öffnen, zu spüren, dass wir Brüder für alle sind.
Eines der Projekte, das Sie mit Unterstützung von ACN durchführen, ist die Ausschmückung der Kapellen von El Marsa (Hafen von Laayoune) im Norden und Dakhla im Süden. Was ist der Zweck dieses Projekts?
Wir möchten die Ausschmückung der Kapellen als Inspiration und Katechese für unsere Christen nutzen, damit wir die Spiritualität, die den Christen im Land des Islam, in der Sahara, eigen ist, vertiefen und verinnerlichen können. Foucauld wollte, dass die Eucharistie inmitten der Muslime ist. Das sind wir, Gegenwart, Leib Christi inmitten dieser muslimischen Welt.
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