Armenien ist das älteste christliche Land der Welt und pflegt noch immer uralte Riten aus dem 4. Jahrhundert. Die «Heilige, Apostolische, Orthodoxe Kirche Armeniens» ist die älteste «eigenberechtigte» Kirche der Welt. Unmittelbar nach Christi Tod wurde die Region von den beiden Aposteln Judas Thaddäus und Bartholomäus missioniert, aber erst 301 (neuere Forschungen sprechen von 314, also nach der konstantinischen Wende) konnte der heilige Gregor der Erleuchter den armenischen König zum Christentum bekehren. Seither ist das Christentum Staatsreligion. Wie die anderen altorientalischen Kirchen spaltete sich die armenische Kirche anlässlich des Konzils von Chalcedon 451 ab, dessen Dogmen zur Zweinaturenlehre Christi sie nicht anerkannte.
Für den Nachmittags-Gottesdienst bei brütender Hitze in der katholischen Peterskirche in Lugano reiste der «Locum Tenens» der Diözese Schweiz, Mons. Pater Goossan Aljanian, aus Genf an. Er brachte schwere Kleider und eine Krone mit, wie es die Tradition will. Der Gottesdienst mit seinen orientalischen Melodien wurde von einem Vorsänger und den Zelebranten wie in den Ostkirchen üblich fast durchwegs gesungen, wobei der Bischof – übrigens ein ausgebildeter Tenor – die rund dreissig Besucher aufforderte mitzusingen. Aber das Kirchenvolk war zu schüchtern.
«Das Leben der Armenier ist vermutlich wie kein anderes Volk vom Glauben durchdrungen», erklärt Teresa Mkytaryan aus Lugano, die zu den Gründern des fünfköpfigen Komitees der Armenischen Kirche im Tessin gehört. Die Investmentbankerin lebt im Tessin, arbeitet in Zürich und reist mehrmals jährlich in ihre Heimat, wo sie unzählige humanitäre Projekte lanciert hat: «Im Westen wird den Menschen vorgegaukelt, dass jeder für sein eigenes Glück verantwortlich ist, dabei ist Individualismus in Wahrheit trügerisch und macht krank. Wir Armenier hingegen sind uns bewusst, dass der Mensch Beziehungen braucht, sowohl mit Gott als auch mit den anderen. Du machst mich glücklich, und ich mache dich glücklich. Nur in der Gemeinschaft funktioniert das Leben.»
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