Heute verbinden wir mit der Fastenzeit vor allem den Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel. Ein solcher Verzicht aus religiösen Motiven gibt es in vielen Kulturen. Die Urgemeinde fastete, weil ihnen der Bräutigam genommen war (vgl. Mt 9,15); zunächst am Karfreitag und Karsamstag, dann während der Karwoche und später während der 40 Tage vor Ostern. Die Sonntage werden nicht mitgezählt, da wir an ihnen immer Ostern feiern.
Doch die Österliche Busszeit ist mehr als körperliches Fasten.
«Bedenke Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst» (vgl. Gen 3,19). Mit diesen Worten[1] streut der Priester am Aschermittwoch den Gläubigen Asche aufs Haupt; mit diesem Gestus werden die Gläubigen an ihre Vergänglichkeit erinnert und zur Umkehr aufgerufen.
Im antiken Rom gab es folgendes Ritual: Während eines Triumphzuges eines siegreichen Feldherrn stand oder ging hinter ihm ein Sklave. Dieser hielt einen Gold- oder Lorbeerkranz über den Kopf des Feldherrn und mahnte ununterbrochen: «Memento mori» (Bedenke, dass du sterben wirst). Was nützt dem sterblichen Menschen im Letzten sein Ruhm, sein Reichtum?
Der Gedanke des «Memento mori» prägte auch das mittelalterliche Christentum und war wesentlicher Bestandteil der cluniazensischen Reformbewegung. Alles Weltliche ist vergänglich, ist eitel. Das wahre Leben, die wahre Freude liegt im ewigen Leben. Es gilt deshalb, den Blick immer fest «nach oben» zu richten. «Bei all deinen Werken denke an dein Ende und du wirst in Ewigkeit nicht sündigen» (Sir 7,36).
Auf in den Kampf!
In der österlichen Busszeit bereiten sich die Gläubigen auf das Osterfest vor. Sie sind auf diesem Weg eingeladen, in der Nachfolge Jesu in den geistlichen Kampf zu ziehen. Die Geschichte der Versuchung Jesu in der Wüste (Mt 4,1–11, Lk 4,1–13) zeigt, welche Werte im Letzten zählen: das Vertrauen in das Wort Gottes und ihn seine Hilfe sowie die Anerkennung der Allmacht Gottes. Indem Jesus Gott treu bleibt, besiegt er den Versucher und nimmt so den Sieg der Passion vorweg.
Als Vorbereitung auf den Kampf mit dem Teufel hatte Jesus 40 Tage lang gefastet und gebetet, um seine Gottesbeziehung zu stärken und IHM mehr Raum zu geben. Aus dieser Kraft konnte er den Versucher besiegen. Auch später ging Jesus, wenn es ihm «zu bunt wurde», in die Stille. Er zog sich in die Einsamkeit zum Beten zurück, um sich der ihm von seinem Vater aufgetragenen Sendung zu vergewissern.
Auch wir können in der Stille, im Gebet zu Gott und somit wieder zu uns finden und im Glauben gestärkt weitergehen.
In der Fastenzeit ziehen wir symbolisch in die Wüste, um uns dem Versucher zu stellen. Doch wie erkennen wir ihn? Indem wir uns Zeit nehmen, unseren Alltag, unseren Lebensstil bewusst wahrzunehmen: Ist er durch Christus und seine Botschaft geprägt? Oder ist er unter den vielfältigsten Vorwänden auf das Weltliche ausgerichtet? Wenn wir in der Fastenzeit Verzicht üben, wird uns bewusst, wie stark unsere Abhängigkeit von bestimmten Dingen wie z. B. von Internet, Fernsehen, Smartphones, aber auch von Terminen, Forderungen usw. ist. Diese Erkenntnis kann uns helfen, uns definitiv von dem zu befreien, was uns schlussendlich nur belastet und von Gott entfernt.
Ziel des Fastens ist jedoch nicht nur der Verzicht und das Abwerfen von Lasten, sondern auch das Teilen: Was wir gespart haben, sollen wir denen geben, die täglich unfreiwillig auf vieles verzichten müssen.
Zeichen der Barmherzigkeit Gottes
Die Fastenzeit wird nur dann eine echte Umkehr sein, wenn wir die Vergebung des Herrn im Sakrament der Versöhnung annehmen. Dieses persönlich empfangene Sakrament bezeugt allen Menschen, die von Versagen und Sünde gezeichnet sind, dass der Gott Jesu Christi jedem Menschen guten Willens seine Vergebung anbietet, dass es kein endgültiges Versagen gibt und dass Gott grösser ist als unser Herz.
Mit dem Besuch des Gottesdienstes am Aschermittwoch sind wir eingeladen, den langen Weg der Fastenzeit entschlossen und im Glauben zu beginnen. Wir werden auf diesem Weg Jesus am Palmsonntag bei seinem Einzug in Jerusalem begleiten, am Gründonnerstag am Abendmahl teilnehmen und am Karfreitag mit ihm nach Golgatha hinaufsteigen, um dann in der Osternacht den Sieg Jesu Christi über den Tod und das Böse zu feiern und unser Taufgelübde zu erneuern. Je mehr Ballast wir unterwegs abwerfen können, desto besser können wir mit Jesus Schritt halten.
«Neues Wort zum Sonntag» Link
Als Busstage gelten für die ganze Kirche alle Freitage des ganzen Jahres und die österliche Busszeit.
Als Abstinenztage (kein Fleisch) gelten Aschermittwoch und Karfreitag sowie alle Freitage nach Vorgabe der Bischofskonferenz.
Das Fastengebot (eine sättigende Mahlzeit am Tag) verpflichtet alle 18- bis 60-Jährigen. Das Abstinenzgebot gilt ab dem 14. Lebensjahr. (can. 1250–1252).
Von Fasten und Abstinenz ausgenommen sind die Personen, die durch Krankheit oder schwere körperliche Arbeit verhindert sind, sich auf Reisen befinden oder an einem fremden Ort zu Gast sind.
Die Schweizer Bischofskonferenz gibt in den Partikularnormen zum neuen Kirchenrecht folgende Weisungen zu Abstinenz und Fasten (vgl. SKZ 157/6 1989):
1. An allen Freitagen des Jahres erneuern die Gläubigen in Erinnerung an das Leiden Christi ihre Bussgesinnung
- durch Abstinenz oder durch eine Ersatzform (Werke der Nächstenliebe, z. B. Almosen, Krankenbesuche usw., treue Pflichterfüllung)
- und durch die ganz besondere Pflege des persönlichen Gebetes, der Schriftlesung und des Teilens.
2. Während der österlichen Fasten- und Busszeit
- enthalten sich die Gläubigen am Aschermittwoch und am Karfreitag von Fleisch und beachten zugleich das Fastengebot (Einschränkung des Essens auf nur eine Sättigung am Tag). Nach Möglichkeit reservieren sie an diesen Tagen zudem eine bestimmte Zeit für das persönliche Gebet oder den Besuch des Gottesdienstes;
- empfiehlt sich an jedem Freitag ein freiwilliges Fasten im Sinne des besonderen Teilens mit anderen.
[1] Oder «Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium» (Mk 1, 15).
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