Pilger auf dem Jakobsweg in Galicien. (Bild: José Antonio Gil Martínez, CC BY 2.0 via Wikimedia Commons)

Weltkirche

Belieb­ter Jakobs­weg – Fast eine halbe Mil­lion Pil­ger in San­tiago de Compostela

Die Pil­ger­ströme auf dem Jakobs­weg haben 2024 aber­mals alle Rekorde gebro­chen. Wie das Pil­ger­büro in San­tiago de Com­pos­tela mel­det, sind im ver­gan­ge­nen Jahr 499.239 Diplome für Pil­ge­rin­nen und Pil­ger aus aller Welt aus­ge­stellt wor­den. Dies bedeu­tet nach 2022 (438 307) und 2023 (446 082) das dritte Rekord­jahr hin­ter­ein­an­der. Selbst am Sil­ves­ter­tag kamen noch 183 Pil­ger an.

Der Jakobsweg führt Pilger seit dem Mittelalter zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela. Die Pilgerpfade durchziehen ganz Europa und vereinigen sich dann auf den letzten Etappen in Portugal, Frankreich und Spanien. Das Grab entwickelte sich im Laufe der Geschichte neben Rom und Jerusalem zu einem der drei Hauptziele christlicher Pilgerfahrt. In den vergangenen Jahrzehnten erlebte der Weg eine Renaissance. In Deutschland sorgte der Erlebnisbericht des Entertainers Hape Kerkeling «Ich bin dann mal weg» (2006) für einen Pilgerboom.

Die meisten Pilger erreichten Santiago, das im äussersten Nordwesten von Galicien liegt, im vergangenen Jahr im Mai mit 72 645 Ankünften und im August mit 71 639 – im Schnitt waren das rund 2300 Ankünfte pro Tag. Damit schöpften viele Unterkünfte ihre Kapazitäten aus und bei Anwohnern war die Grenze der Geduld überschritten. Während des Rekordjahrs mehrten sich die Beschwerden über Lärmbelästigung und verstopfte Gassen, denn zusätzlich zu den Pilgern trafen mehrere Millionen weitere Besucher ein, darunter Busse voll mit Wallfahrern, Kulturreisenden und Landausflüglern von Kreuzfahrtschiffen.

Routen aus Portugal im Aufwind
Wer die Pilgerurkunde erhalten will, muss traditionsgemäss per Stempel im Pilgerausweis nachweisen, mindestens die letzten 100 Kilometer zu Fuss oder die finalen 200 Kilometer per Rad zurückgelegt zu haben. Der Blick in die Statistik zeigt, dass die meisten Pilger, nämlich 236 378, auf der Hauptstrecke, dem «Französischen Weg», unterwegs waren. Dieser startet im Städtchen St. Jean Pied de Port nahe der französisch-spanischen Grenze und führt in 32 Etappen über rund 780 Kilometer nach Santiago de Compostela. Doch auch die Routen aus Portugal werden immer beliebter: An zweiter Stelle rangierte der 240 Kilometer lange «Portugiesische Weg» (95 453) vor dem fast gleich langen «Portugiesischen Küstenweg» (74 758).

Trotz allem Hype findet man immer wieder stille Winkel und menschenleere Streckenabschnitte. Kritisiert wird, dass manche Pilger am Eisenkreuz, dem höchsten Punkt des «Französischen Wegs», und am Kap Finisterra, der Verlängerung des Weges ab Santiago bis zum «Ende der Welt», ausrangierte Schuhe und Shirts und durchlöcherte Socken hinterlassen.

Spanien vor den USA und Italien
Unter den Pilgerinnen und Pilger bildeten mit einem Anteil von 42 Prozent die Spanier die grösste Gruppe (208 378), gefolgt von 38 052 US-Amerikanern, 28 599 Italienern und 23 462 Deutschen. Die Schweiz war offiziell mit 1907 Pilgerinnen und Pilgern vertreten. Ganz am Ende der Statistik fanden sich Länder wie Gambia, Surinam, Laos und die Salomonen mit jeweils einem Pilger.
 


Etwa ein Drittel religiös motiviert
Jorge Martínez-Cava, der Vorsitzende des europäischen Jakobsfreunde-Verbands «Camino Europa Compostela», dem mehr als 40 000 Mitglieder in 20 Ländern angehören, sieht drei etwa gleich starke Motive für die Pilgerreisen: «Bei etwa 30 bis 35 Prozent gibt der katholische Glaube den Ausschlag. Ähnlich viele sind spirituell motiviert. Die übrigen haben sonstige Gründe. Denn der Jakobsweg ist auch ein Weg der Kunst, der Natur, der Freundschaft, der Gastronomie, des Sports.» Ebenso ist Pilgern auf dem Jakobsweg als Lifestyle-Event in Mode. Die Diskussionen darüber, ob auch jene, die einen organisierten Gepäcktransport in Anspruch nehmen oder mit E-Bikes unterwegs sind, «wahre Pilger» sind, hält Martínez-Cava für überflüssig. «Das ist ganz normal. Für uns sind alle Pilger gleich.»

Die Jakobswege durch Spanien hält Martínez-Cava nach wie vor für «sicher», empfiehlt jedoch jenen, die Bedenken haben, die vom spanischen Innenministerium erstellte App «Alertcops»: Mit SOS-Knopf-Funktion und der Möglichkeit, sich von der Polizei orten zu lassen. Bislang gibt es die App nur auf Spanisch. Gebrauchsanweisungen in anderen Sprachen seien jedoch in Arbeit.

Für die Zukunft wünscht sich Martínez-Cava eine stärkere Entzerrung bei den zulaufstärksten Monaten, damit es «nicht zu punktueller Überlastung» kommt. Auch das frühe Frühjahr und der Spätherbst eigneten sich gut für die Pilgerschaft.
 

Der Ursprung der Verehrung des Apostels Jakobus (der Ältere) in Spanien ist seit dem frühen 7. Jahrhundert bezeugt. Im 11. und 12. Jahrhundert entwickelte sich eine grosse Pilgertradition. Diese kam zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgrund der napoleonischen Kriege sowie der damit verbundenen Säkularisierungswelle fast zum Erliegen. Die Wiederentdeckung der 1589 verloren gegangen Gebeine des heiligen Jakobus im Jahre 1879 brachte einen neuen Aufschwung, nachdem Papst Leo XIII. 1884 zusätzlich die Echtheit der wieder aufgefundenen Reliquien anerkannte.


KNA/Redaktion


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