Die katholische Kirche in Röschenz. (Bild: Roland Zumbuehl, CC BY 3.0 via Wikimedia Commons)

Hintergrundbericht

Bischof Kurt Koch ent­zog pädo­phi­lem Pries­ter die «mis­sio cano­nica» – staat­li­ches Gericht hob den Ent­zug auf

Im «Sonn­tags­Blick» von heute, 17. Sep­tem­ber 2023, machte «Wirt­schafts­re­dak­tor» Raphael Rauch publik, dass Franz Sabo einen damals Min­der­jäh­ri­gen sexu­ell miss­braucht hatte. Gemäss dem Opfer Tho­mas Pfeif­roth soll sich der Über­griff anfangs der Achtziger-​Jahre ereig­net haben.

Franz Sabo ist nicht irgendwer. Den aus dem Bistum Bamberg stammenden Priester zog es aus welchen Gründen auch immer in die Schweiz, genauerhin nach Basel. Per 1. Januar 1999 übernahm Franz Sabo die Funktion des Pfarradministrators in der Kirchgemeinde Röschenz.

«Wirtschaftsredaktor» Rauch schildert Franz Sabo als einen Helden, einen gefeierten Rebellen, der sich öffentlich gegen Bischof Kurt Koch und den Vatikan auflehnte, einen, dem sogar das Schweizer Fernsehen einen eigenen Dok-Film widmete.

Was «Wirtschaftsredaktor» Rauch seiner Leserschaft verschweigt: Wie schaffte es der Röschenzer Pfarrer zu seinem Heldenstatus? Schon recht bald nach seinem Amtsantritt kam es zu einer fortschreitenden Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und seinen Vorgesetzten. Der Kirchgemeinderat wurde von den kirchlichen Vorgesetzten aufgefordert, den Arbeitsvertrag mit Franz Sabo zu kündigen. Der damalige Bischof Kurt Koch akzeptierte den Vorschlag einer Auszeit von Franz Sabo. Da dieser die Abmachungen aber nicht einhielt, entzog ihm Bischof Koch im Jahre 2005 die «missio canonica», welche die Voraussetzung für eine Anstellung durch den Kirchgemeinderat bildet. Letzterer weigerte sich jedoch, die Kündigung auszusprechen, und solidarisierte sich vielmehr mit Franz Sabo. Als der Bischof auf dem Entzug der «missio canonica» beharrte, entfachten die Mainstreammedien, allen voran die «Basler Zeitung» und der «Tages-Anzeiger», eine beispiellose Hetzkampagne gegen den Bischof. Franz Sabo goss seinerseits nach Kräften Öl ins Feuer und inszenierte sich medienwirksam als Opfer einer unbarmherzigen kirchlichen Obrigkeit. Die vom «SoBli» zitierte Aussage von Sabo «Ich lebe meine Sexualität» liest sich nun in einem ganz anderen Licht.

Die Exekutive der Römisch-katholischen Landeskirche Baselland schlug sich auf die Seite des Bischofs und forderte ihrerseits die Kirchgemeinde Röschenz auf, die fällige Kündigung auszusprechen. Da sich diese weiterhin weigerte, landete der Fall schliesslich beim Kantonsgericht Baselland. Letzteres hob den Entzug der «missio canonica» auf mit dem Argument, der Entzug sei nicht mit der «notwendigen Dichte» begründet worden (Urteil vom 5. September 2007). Altmeister Walter Gut[1] hat diesen Entscheid scharf kritisiert. Es ist davon auszugehen, dass das Kantonsgericht Baselland bei der Ausfällung seines Urteils keine Kenntnis hatte von den nun vom «SoBli» publik gemachten Verfehlungen des Franz Sabo. So oder so erweist es sich aber im Nachhinein als ein eklatantes Fehlurteil.

 


[1] Walter Gut war ehemaliger Staatsanwalt und Regierungsrat des Kantons Luzern, Sonderbeauftragter des Bundes in der Fichenaffäre (Staatsschutzakten) und Spezialist im Staatskirchenrecht.

 


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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Bemerkungen :

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    Meier Pirmin 22.09.2023 um 11:23
    Danke auch Herrn Häring für seinen Einwand, wiewohl dieser nicht gerne vernommen wird und natürlich "nicht alles" zu sagen vermag. Immer offenkundiger wird aber, dass es sich bei genauerem Hinsehen um einen innerkirchlichen Kulturkampf handelt, auch auf dem Weg zur Entmachtung und Delegitimierung der geweihten Priesterkaste. Deren Ruf muss auf Null gebracht werden, will man endlich eine säkulare "synodale" Kirche aufbauen. Naheliegend scheint seit Jahren, dass seit den Tagen der Vorreformation die sog. Kirche Schweiz nie mehr so "am Boden" war wie in den letzten Jahren, wobei das Zölibatsproblem und die Missbrauchfrage wie damals nur ein überschätzter Teilaspekt einer noch tiefer liegenden Krise waren, die in den Zusammenhang des jeweiligen Zeitgeistes gehört. Dies ändert nichts daran, dass man auf der Suche nach Schwarzen Schafen auf allzu reichhaltige Weise, siehe meine eigene Arbeit, fündig wird, wiewohl meistenteils anders als in den Medien dargestellt. Der Fall Sabo gehört da wohl mit zur Spitze des Eisbergs. Am meisten würde interessieren, dass in diesem Fall jenseits von der Frage des Schutzalters, bekanntlich ist "ab 16 Jahren alles erlaubt", tatsächlich, wie in einem Artikel in der Weltwoche zu lesen verstand, der Missbrauch des Beichtgeheimnisses mit involviert wäre. Wenn ja, wäre dies Sakramentenschändung, was freilich die Zeitgeistszene kaum interessiert. Das wahre Problem liegt tatsächlich tiefer als es sich selbst auch die Polizei vorstellen könnte.
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    Erich Häring 18.09.2023 um 15:28
    Sehr geehrter Herr Herzog, wenn ich richtig informiert bin, hat das Kantonsgericht BL das Urteil gefällt, weil die Bistumsleitung beim Entzug der Missio von Herrn Pfarrer Sabo einen Formfehler bezüglich des rechtlichen Gehörs, gemacht hat. Wenn ich richtig informiert bin, hat Bischof Kurt Koch sich von einem best ausgewiesenem Juristen und katholischen Anwalt im Prozess vertreten lassen. Wenn ich richtig informiert bin, hat Bischof Koch sich mit Pfarrer Sabo in einem Gespräch unter vier Augen zusammengesetzt und einen Kompromiss gefunden, so dass Herr Pfarrer Sabo noch heute mit einer Missio als Pfarrer von Röschenz seine Aufgabe wahrnehmen kann.
  • user
    Max Imfeld 18.09.2023 um 13:53
    Das vermeintliche Opfer (Sabo) erweist sich nun als Täter; und wurde von der Kirchgemeinde gegen den Bischof geschützt. Offenbar war ja damals schon die gelebte Homosexualität Thema. Pfeifroth aber war damals (1982) zwar minderjährig, aber nicht mehr im Schutzalter, strafrechtlich also liegt gerade kein Missbrauchsfall vor, und ein Machtgefälle ist kaum ersichtlich - Sabo war ganz neu Vikar, als P. bei ihm zu Hause (!) eine Beichte ablegen wollte. Der "Skandal", den Wirtschaftsredaktor Rauch hier sehen will, ist also etwas komplizierter. Und mit Bischof Felix Gmür hat das Ganze kaum etwas zu tun.
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    Martin Meier-Schnüriger 18.09.2023 um 12:15
    Dass nun auch "Mainstreamhelden" als Täter entlarvt werden, macht den Missbrauchskandal zwar nicht besser, zeigt aber, dass die Theorie, nach der der Missbrauch in der katholischen Kirche eng mit deren hierarchischem Aufbau und dem Priesterzölibat verknüpft ist, pures Wunschdenken jener ist, die lieber heute als morgen aus der Kirche einen dem Relativismus verpflichteten Weltverbesserungsverein machen möchten.
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    Claudio Tessari 18.09.2023 um 11:11
    Leider ist das Duale System nicht das Gelbe vom Ei. Die Bischöfe haben in der Schweiz leider gar nichts zusagen. Das liebe Geld regiert, und wer bezahlt befiehlt. Diese Dogma herrscht leider in der Schweiz
  • user
    Ferdi23 17.09.2023 um 22:29
    es kommt alles an die Sonnen - aber wer hat hier vertuscht?