Bianca Jagger an einer Solidaritätsveranstaltung in Wien. (Bild: Wolfgang H. Wögerer, Vienna, Austria, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Hintergrundbericht

Bri­ti­sche Pro­mi­nente rufen Vati­kan auf, «Schatz» der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie zu bewahren

Eine Reihe ange­se­he­ner bri­ti­scher Per­sön­lich­kei­ten des öffent­li­chen Lebens hat den Vati­kan auf­ge­for­dert, das zu bewah­ren, was sie als das «gross­ar­tige» kul­tu­relle Arte­fakt der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie der Katho­li­schen Kir­che bezeichnen.

Im Jahr 2021 hat Papst Franziskus weitreichende Beschränkungen für die Feier der Messe unter Verwendung des römischen Messbuchs von 1962 erlassen, was auch als ausserordentliche Form des römischen Ritus und als tridentinische Messe bekannt ist. In den letzten Monaten kursierten Gerüchte, dass der Vatikan sich darauf vorbereitet, die Feier dieser überlieferten Liturgie weiter einzuschränken.

Trotz dieser Gerüchte wurden bisher keine neuen Richtlinien zur sogenannten lateinischen Messe verkündet. In einem Brief an die Londoner Zeitung «The Times» vom Dienstag beschwor ein breiter Querschnitt englischer Kulturschaffender den Vatikan offen, den Ritus nicht weiter einzuschränken.

«Kürzlich gab es beunruhigende Berichte aus Rom, dass die lateinische Messe aus fast allen katholischen Kirchen verbannt werden soll», heisst es in dem Brief. «Dies ist eine schmerzhafte und verwirrende Aussicht, besonders für die wachsende Zahl junger Katholiken, deren Glaube durch diesen Ritus genährt wurde.»

Die Unterzeichner, zu denen die Schauspielerin und Menschenrechtsverfechterin Bianca Jagger (die Ex-Frau von Mick Jagger von den Rolling Stones), der Autor Tom Holland, die Musikgrössen Andrew Lloyd Webber und Julian Lloyd Webber sowie der Medienmanager Sir Nicholas Coleridge gehören, beschrieben die lateinische Messe als eine «Kathedrale» aus «Text und Geste», die sich über viele Jahrhunderte hinweg entwickelt habe.

«Nicht jeder weiss ihren Wert zu schätzen, und das ist auch in Ordnung», sagten die Autoren, «aber sie zu zerstören scheint ein unnötiger und unsensibler Akt in einer Welt, in der die Geschichte nur allzu leicht in Vergessenheit geraten kann».

«Die Fähigkeit des alten Ritus, Stille und Kontemplation zu fördern, ist ein Schatz, der nicht leicht zu kopieren ist und, wenn er verschwunden ist, nicht wiederhergestellt werden kann», so die Autoren.

Die Verfasser verwiesen in ihrem Brief auf eine Petition aus dem Jahr 1971, in der ein ähnlicher Querschnitt prominenter Briten den Vatikan ebenfalls um den Erhalt der überlieferten Liturgie in England gebeten hatte.

Diese Petition führte zum sogenannten «Agatha-Christie-Indult», mit dem die klassische römische Liturgie in England beibehalten werden konnte. Der Indult wurde nach der berühmten Autorin benannt, die zu den Unterzeichnern gehörte.

In ihrem Schreiben von dieser Woche erklärten die britischen Prominenten, dass ihre Petition wie die von 1971 «völlig ökumenisch und unpolitisch» sei.

«Zu den Unterzeichnern gehören Katholiken und Nichtkatholiken, Gläubige und Ungläubige», schrieben sie. «Wir bitten den Heiligen Stuhl inständig, jede weitere Einschränkung des Zugangs zu diesem grossartigen geistigen und kulturellen Erbe zu überdenken.»

Bei der Herausgabe der Richtlinien für 2021 hatte der Papst gesagt, er sei traurig darüber, dass die Feier der überlieferten Liturgie durch eine Ablehnung des Zweiten Vatikanischen Konzils und seiner liturgischen Reformen gekennzeichnet sei.

Das Konzil anzuzweifeln, so sagte er damals, «bedeutet, am Heiligen Geist selbst zu zweifeln, der die Kirche leitet».
 

Originalbeitrag auf «CNA Deutsch»


CNA Deutsch


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    Martin Meier-Schnüriger 10.07.2024 um 13:31
    Immer wieder liest man im Zusammenhang mit der a.o. Form des römischen Ritus von der "lateinischen Messe". Diese Bezeichnung ist irreführend, da auch die "neue" Messe in lateinischer Sprache gefeiert werden kann. Ebenso sind die Zelebrationsrichtung "versus Dominum" und die Mundkommunion keine dem a.o. Ritus vorbehaltenen Besonderheiten. Vielleicht würde mancher Anhänger des a.o. Ritus den Zugang zur "neuen Messe" besser finden, wenn diese wenigstens hin und wieder in Latein, "versus Dominum" und mit Mundkommunion gefeiert würde. Der Tradition verpflichtete Organisationen, wie die Priesterbruderschaft St. Petrus, müssten sich überlegen, ob sie unter den geschilderten Voraussetzungen nicht doch bereit sein sollten, beide Formen des römischen Ritus zu pflegen. Mal ehrlich: Wenn wir von der liturgischen Sprache, der Zelebrationsrichtung und der Art des Kommunionempfangs absehen, wo bleibt dann der stets behauptete "Mehrwert" - um es etwas salopp auszudrücken - der a.o. Form?
  • user
    Heinz Meier 06.07.2024 um 13:50
    Ob Papst Franziskus sensibel ist für Kultur? Mitunter kommen einem Zweifel!
    • user
      Meier Pirmin 07.07.2024 um 11:07
      Ein Ritus ist zwar in Form und Gehalt auch Kultur, aber primär und vom seinem Stiftungszweck her ist er Glaube. Dass er aber nicht mehr verstanden wird, jedenfalls nirgends mehr gelehrt, kaum von jemandem kompetent vermittelt, ist die Basis einer Papierkirche. Man lasse sich mal von einem beliebigen Maturanden oder Maturandin, die noch getauft sind, heute die Messe erklären, zum Beispiel das Dogma von der Transsubstantiation, über allfällige Spicken bei Wikipedia hinaus, oder die Unterschiede zwischen neuem und altem Ritus.
      • user
        Meier Pirmin 07.07.2024 um 12:37
        Ergänzung: Ein didaktisches Meisterwerk zum Verständnis des alten Ritus ist das Mysterienspiel von Calderon "Die Geheimnisse der heiligen Messe", für mich 1962 schon als Fünzehnjähriger als perfekte Aufführung einer Schauspieltruppe in unserer Pfarrkirche eine Offenbarung. Als heilige Handlung ist die Messe durchaus eine Art Drama. Das Stück wurde früher auch in Einsiedeln gespielt, heute nicht mehr, weil es auch Stellen enthält, so bei der Schilderung des Todes Jesu, die heute als Antisemitismus empfunden werden, was zwar eine Frage der Regie und der Aufführung wäre, heute wird ja auch nicht mehr "pro perfidis Judaeis" gebetet am Karfreitag usw. Allenfalls müsste das Stück neu bearbeitet werden, gewiss nicht von Baerfuss, dessen Welttheaterbearbeitung schlechter hätte ausfallen können, wiewohl das Anliegen der Veranstalter, das Welttheater zu entkatholisieren ungefähr so sinnvoll ist wie es die "Entschweizerung" von "Wilhelm Tell" wäre.

        Oben noch zu korrigieren: v o n seinem Stiftungszweck her ist der Ritus Glaube. Und Transsubstantiation kann man wie alles existentielle religiöse und ethische Wissen natürlich nicht via Wikipedia schnell nachschauen, will man es verstehen.
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    Stefan Fleischer 05.07.2024 um 17:04
    «dass die Feier der überlieferten Liturgie durch eine Ablehnung des Zweiten Vatikanischen Konzils und seiner liturgischen Reformen gekennzeichnet sei.»

    Diese Aussage unseres Heiligen Vaters (schon 2021) sollte uns eigentlich helfen, seine Haltung und Massnahmen gegenüber der ausserordentlichen Form des latinischen Ritus besser zu verstehen und zu akzeptieren. Es geht nicht um eine Wertung der beiden Formen. Es geht um die Haltung hinter dieser Anlehnung sowohl der einen wie der Anderen Form. Es geht ganz klar um eine Frage des Gehorsams. Wir alle müssen wieder lernen den Gehorsam zu pflegen im Vertrauen auf die Allmacht Gottes, auf seinen Heiligen Willen.
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      Meier Pirmin 07.07.2024 um 11:09
      Auf dem Gehorsam von religiösen Analphabeten lässt sich keine Kirche bauen.