Man erhält nur lapidare Antworten auf Fragen zu illegalen Organentnahmen nach anhaltendem Herz-Kreislaufstillstand: Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und Swisstransplant wimmeln immer ab; ebenso erging es bisher den Parlamentarierinnen bei ihren Anfragen bzw. ihrer Motion beim Bundesrat (19.4569, 20.3784, 23.7528, Motion 23.4054).
Für die potenziellen Organspenderinnen und -spender ist es wichtig zu wissen, dass in der Schweiz zwei unterschiedliche Organentnahmearten am Lebensende praktiziert werden.
Bei 57 % der Fälle erfolgt die Organentnahme nach einer schweren Hirnschädigung (DBD). Der Kreislauf dieser Patienten wird mit intensivmedizinischen Mitteln aufrecht erhalten. Die Patienten werden als hirntot erklärt, wenn die geprüften Hirnreflexe abwesend sind und ein weiterer Test das anzeigt. Das entspricht dem klassischen Hirntodkriterium, das in Art. 9 Abs. 1 des Transplantationsgesetzes umschrieben ist: «Der Mensch ist tot, wenn die Funktionen seines Hirns einschliesslich des Hirnstamms irreversibel ausgefallen sind.» Für die anschliessende Organentnahme im Rahmen einer mehrstündigen Operation besteht in der Regel kein Zeitdruck, denn die Organe werden bis zur Operation weiterhin durchblutet.
Illegale Organentnahmen nach anhaltendem Herz-Kreislaufstillstand
Ganz anders ist das bei den 43 % der anderen Fälle (DCD). Aufgrund der aussichtslosen medizinischen Prognose wird entschieden, die lebenserhaltenden Geräte abzuschalten. Der Herzstillstand wird abgewartet. Tritt dieser ein, wird das Herz in einer fünfminütigen No-touch-Phase unter Ultraschall beobachtet. Anschliessend werden in der Schweiz Reflexe geprüft, die für das Hirntodkriterium gelten. Dann folgt unmittelbar unter grösstem Zeitdruck die mehrstündige Operation für die Entnahme der Organe. Allerdings erfolgt die sogenannte Todesfeststellung nur mit einer Pseudodiagnostik. Wenn kein Blut fliesst, sind diese Reflexe nämlich ohnehin abwesend. Diese Diagnostik wurde durch die SAMW eingeführt, um die Organentnahme nach Herz-Kreislaufstillstand auch unter Art. 9 Abs. 1 des Transplantationsgesetzes unterzubringen. In Deutschland ist diese Organentnahmeart wegen der Unsicherheit der Todesfeststellung verboten.
Nun kommt in der Schweiz in Kombination mit dem anhaltenden Herz-Kreislaufstillstand eine weitere höchst umstrittene Technik zur Anwendung. Das ist die sogenannte normothermische regionale Perfusion (NRP). Unmittelbar nach der Pseudo-Todesfeststellung wird ein externer Kreislauf hergestellt, der wieder sauerstoffhaltiges Blut im Körper des Organspenders zirkulieren lässt. Bevor dieser Kreislauf in Gang gesetzt wird, platzieren die Chirurgen einen Ballon in die Arterie (Aorta thoracica descendens), um die «Reperfusion des Gehirns mit sauerstoffhaltigem Blut zu verhindern (vgl. Modul IX des Swiss Donation Pathway S. 18). Davon sollen insbesondere die Leber und andere Organe profitieren. Manche Transplantationsmediziner führen nicht einen Ballon in die Arterie (Aorta thoracica descendens), sondern klemmen statt dessen die zum Gehirn führenden Arterien ab. Diese Techniken widerlegen selbst den irreversiblen Ausfall der Hirnfunktionen nach Herz-Kreislaufstillstand. Mit dem Platzieren des Ballons in die Arterie oder mit dem Abklemmen soll nämlich verhindert werden, dass die Durchblutung des Gehirns während der regionalen Perfusion (NRP) wiederhergestellt wird. Würde dies geschehen, könnte es zu einer sogenannten Autoreanimation kommen, das heisst, Funktionen des Gehirns wie z. B. die Schmerzempfindung könnten zurückkehren [Transpl Int 33 (2020) 76-88, hier 85]. Als Mitunterzeichner dieser Publikation figurierte übrigens Franz Immer, CEO von Swisstransplant.
Bei den Recherchen ist HLI-Schweiz auf eine Studie gestossen, welche ein Experiment mit 16 Schweinen beschreibt und die obigen gravierenden Bedenken bestätigt. Es wurde der Effekt des Abklemmens der Aorten, die zum Gehirn führen, mit anschliessender NRP getestet. Bei allen Schweinen wurde ein Herz-Kreislaufstillstand erzeugt. Nach einer Wartezeit von acht Minuten wurde nur bei der Hälfte der Tiere die Halsschlagadern abgeklemmt, bei den andern nicht. Alle Schweine wurden anschliessend wieder mit sauerstoffhaltigem Blut versorgt (NRP). Bei den acht Schweinen, bei denen die Aorten nicht abgeklemmt waren, wurden EEG Aktivitäten gemessen, d. h. Zeichen für Hirnaktivitäten. Bei sechs dieser Schweine traten zudem spontane agonale Atembewegungen in der Form von Keuchen auf. Die Autoren hielten fest, dass bei dieser Schweinegruppe ohne Abklemmen durch NRP die Hirnaktivität zurückkehrte, während das bei der Gruppe, bei denen die Aorten abgeklemmt waren, nicht der Fall war. Damit wurde der Beweis erbracht, dass acht Minuten Herz-Kreislaufstillstand für den irreversiblen Ausfall des Gehirns eindeutig nicht genügen (Transplantation 106 (2022) 1763-1769). Damit ist die Diskussion in Fachkreisen erst Recht in Gang gekommen (vgl. Am J Bioethics 24 (2024) 1-93), während die SAMW und Swisstransplant von der Problematik nichts wissen wollen. Bei den Staatsanwaltschaften der Kantone Zürich, Bern und Waadt mit den betreffenden Transplantationszentren wurden im Jahr 2023 Strafanzeigen eingereicht, doch keine davon scheint das Problem ernst zu nehmen.
Was bedeutet das Abklemmen der Arterien bzw. das Einführen des Ballons zur Verhinderung der Durchblutung des Gehirns der Organspender aus ethischer Sicht? Diese Handlung verursacht erst den Hirntod, der durch Art. 9 Abs. 1 des Transplantationsgesetzes vorausgesetzt wird. Der Hirntod wird durch diese Handlung erst sichergestellt! Um es drastisch auszudrücken: Es käme praktisch auf dasselbe hinaus, wenn man die sterbenden Organspender nach dem fünfminütigen Herz-Kreislaufstillstand strangulieren würde, um den übrigen Körper wieder mit sauerstoffhaltigem Blut versorgen zu können und um möglichst frische Organe transplantieren zu können!
Vorbereitende medizinische Massnahmen bis der Widerspruch feststeht
Der Bundesrat hält es nicht einmal für nötig, in den Erläuterungen zu erklären, was unter «vorbereitende medizinische Massnahmen» verstanden wird. Details dazu werden die medizinisch-ethischen Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW) aufführen, die bis Ende 2024 SAMW-intern einer Revision unterzogen werden. Diese Richtlinien werden dann Bestandteil der Transplantationsverordnung im Anhang 1a. Wie weit solche Massnahmen gehen, bestimmt allein die SAMW, bzw. deren Senat, der die Vorschläge einer Subkommission entgegennimmt. Darin dürften jene Experten eine Hauptrolle spielen, die in der Transplantationsmedizin und/oder in einem Organspendenetzwerk involviert sind. Das Parlament hat dazu nichts zu sagen und der Bundesrat pflegt diese Richtlinien unverändert zu übernehmen. Im erläuternden Bericht werden die vorbereitenden medizinischen Massnahmen wie folgt umschrieben: «Massnahmen, die vor der Organentnahme durchgeführt werden, haben keinen Nutzen für die spendende Person, sind jedoch unabdingbar, um die Funktionen der Organe zu erhalten» (Bericht S. 3). Im Organspendeausweis von Swisstransplant werden dazu drei Punkte genannt.
- Eine bereits begonnene künstliche Beatmung wird weitergeführt.
- Medikamente, die den Kreislauf unterstützen und den Hormonhaushalt regulieren, werden verabreicht.
- Blutproben für Laboruntersuchungen werden entnommen. Die Ergebnisse dienen dazu, die Funktionen der Organe zu überprüfen.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Sogar der Papst geht bei seinen Krankheiten ins Spital um sich helfen zu lassen.
- die Überspezialisierung
- die Überdigitalisierung
- der daraus resultierenden administrative Mehraufwand
beziehungsweise
Die Fallbehandlung nach dem Motto: "Es ist etwas geschehen, es muss etwas geschehen!" welche die einzelnen Krankheiten ins Visier nimmt, aber den Patienten als Person, als Ganzes, sträflich vernachlässigt.
Mit dieser Methode lasen sich immer neue Einkommensquellen erschliessen.