Doch wer sich da seinen heiligen Zorn über die modernen Umweltapostel von der Seele schreibt, ist kein geringerer als der Gottvater der Ringier-Medien, Frank A. Meyer himself. Und seine geharnischte Sonntagspredigt will kein Ende nehmen: «Wer aber sind die Pfaffen der grünlinken Erweckungsbewegung? Sind es gelernte Schreiner, Metzger, Mechaniker, Pflegerinnen, Putzkräfte, Kellnerinnen, Coiffeusen – also Werktätige, Lohnarbeiterinnen? Es sind Politolog*innen, Soziolog*innen Genderforscher*innen, Akademiker*innen, beschäftigt mit der kulturellen Machtübernahme an den Universitäten, in den Verwaltungen, in Expertengruppen, in den NGOs, in den Kirchen – subventioniert durch öffentliche Zuwendungen, finanziert durch Steuergelder.»
«Calvin City» nennt Frank A. Meyer seine Kolumne im «SonntagsBlick» und legt damit zielgenau die Spur zum Ursprung dieser rigorosen Verbotspolitik. In der Tat hatte Jean Calvin die gesamte damalige Bevölkerung einem äusserst rigorosen Moral-Regime unterworfen, dem sich ausnahmslos alle Schichten der Bevölkerung zu fügen hatten – Calvins Verständnis der Demokratie. Der Historiker Volker Reinhardt hat ein Buch geschrieben mit dem Titel «Die Tyrannei der Tugend – Calvin und die Reformation in Genf». Darin schildert und dokumentiert er überaus anschaulich die drakonischen Strafen für Bankette, Fluchen und Kartenspiel, die mittels eines ausgeklügelten Spitzelsystems durchgesetzt wurden.
Vererbungsspuren dieses rigorosen Kirchensystems lassen sich unschwer in der Art und Weise erkennen, wie gerade die Stadtregierungen von Genf und Zürich ihre Klimapolitik durchboxen und Umweltsünder zur Kasse bitten. Dass Autos und damit auch Mobilitätsauswüchse ein existentielles Problem moderner, immer mehr verstädtender Gesellschaften darstellen, lässt sich ernsthaft nicht bestreiten. Aber eben: Der quasi-religiöse Eifer, mit welchem dieses ökologische Sendungsbewusstsein dem Volk aufs Auge und Portemonnaie gedrückt wird, geht so manchen Bürgerinnen und Bürgern gewaltig auf den Keks.
Und schliesslich noch dies: Mit meinem GA bin ich vorzugsweise per Bahn, Tram und zu Fuss unterwegs. Was Letzteres betrifft, mache ich zunehmend die schmerzliche Erfahrung: die rücksichtslosesten Verkehrsteilnehmer sind – nein, nicht die Auto-, sondern sehr oft die Velofahrer.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
PS. Die sog. Klimareligion ist eine Ersatzreligion. Um über diese Fragen in der Schweiz vernünftig diskutieren zu können, müsste man zum Beispiel 30 bis 40 alpine Wetterchroniken studiert haben, von denen zum Beispiel allein die von Glarus aus dem 16. Jahrhundert sensationell ergiebig sind. Auch über die Wallfahrten im Wallis und im Kanton Uri beim Fortschreiten der Gletscher muss man orientiert sein. Zu den weltliterarischen Höhepunkten der moralisierenden Betrachtung von Wetter und Klima gehört bekanntlich der Hexenhammer, der bei geduldiger Lektüre des lateinischen Originals durchaus überraschende Leseerlebnisse bereit hält. Dem gegenüber spielen reformierte Pfarrer des 18. Jahrhunderts eine sehr positive Rolle in der Geschichte der Meteorologie, beherrschten die Temperatursysteme von Fahrenheit, Newton, Réaumur, Micheli du Crest, letzterer der Erfinder des Schweizer Thermometers, dessen Biographie ich auf 480 Seiten dargestellt habe, durchaus ein Kind des wissenschaftlich orientierten Calvinismus, aus Genf, u.a. auch der Erwecker Rousseaus. Die Meteorologie gehörte bei diesen Denkern, so auch bei Paracelsus und Kepler, zu den Geheimnissen der Schöpfung.
Der freie Wille im Rahmen des Naturrechts und seiner Gesetze aber ist die eine Voraussetzung der Würde des Menschen, Grund der Menschenrechte. Die andere Voraussetung ist die Fähigkeit zu uneigennütziger Liebe, 'Agape', der Kern des
Christentums. Ohne Freien Willen keine Agape!
Das 'führe uns nicht in Verführung' im katholischen Vaterunser ist ein Rest Manichäismus (Gott als Verführer?), den uns der alternde Augustinus mit seiner Prädestinationslehre hinterlassen hat. Ich empfehle: 'Führe uns in der Versuchung'!
Die jährlichen natürlichen Busch- und Waldbrände in der nördlichen Hemisphäre pusten mehr CO2 in die Luft als alle Industriestaaten zusammen.
Und dafür verklopft ihr gerade euren gesamten Wohlstand.