Lenna Hovanessian und Kevork Hagopjian überreichten John Eibner (Mitte) den Menschenrechts-Award. (Bild: ANCA-WR)

Interview

CSI erhält den «Human Rights Cham­pion Award»

Das Arme­nian Natio­nal Com­mit­tee of Ame­rica – Wes­tern Region (ANCA-​WR) ver­lieh CSI (Chris­tian Soli­da­rity Inter­na­tio­nal) den «Human Rights Cham­pion Award» für sein muti­ges Enga­ge­ment für das arme­ni­sche Volk von Berg­ka­ra­bach. John Eib­ner, in der Schweiz leben­der US-​Amerikaner und inter­na­tio­na­ler Prä­si­dent von CSI, nahm den Menschenrechts-​Award am 26. Okto­ber 2025 in Los Ange­les in Empfang.

Im Rahmen der «ANCA-WR-Gala» vom 26. Oktober 2025 in Los Angeles verlieh das Armenian National Committee of America – Western Region (ANCA-WR) den «Human Rights Champion Award» an «Christian Solidarity International» (CSI). Der Award würdige das unermüdliche, mutige Engagement von CSI für das armenische Volk in Bergkarabach, so die Begründung.

«CSI blieb standfest»
«Christian Solidarity International blieb standfest, als viele wegschauten», so Oshin Harootoonian, der Vorsitzende von ANCA-WR. Das Engagement von CSI für Menschenrechte und Religionsfreiheit habe den leidenden Armeniern in Bergkarabach eine Stimme gegeben und die weltweite Forderung nach Gerechtigkeit gestärkt. CSI sei inzwischen eine der konsequentesten internationalen Stimmen für die Rechte der Armenier in Bergkarabach. Bei der Preisverleihung wurden namentlich die Kampagne «Stoppt den neuen Völkermord an den Armeniern», sowie die mehrfachen Appelle von CSI an die UNO und die politischen Entscheidungsträger in den USA und Europa genannt.

Lobend erwähnt wurde auch eine Veranstaltung in Washington, DC, im Juli 2025. Dort hatte John Eibner, Internationaler Präsident von CSI, die «Schweizer Friedensinitiative für Bergkarabach» vorgestellt. Diese will ein von der Schweiz organisiertes internationales Forum, wo über die kollektive und sichere Rückkehr der aus Bergkarabach vertriebenen Bevölkerung gesprochen wird. Die Unterstützung dieser Initiative durch CSI widerspiegele das umfassende Engagement dieser Organisation. CSI setze sich für dauerhafte und gerechte Lösungen ein, basierend auf Menschenrechten und internationalem Recht, hiess es in der Würdigung von ANCA-WR.

Im Interview mit «swiss-cath.ch» schildert John Eibner das CSI-Engagement für die Bergkarabach-Armenier und die politischen Implikationen dieses Konflikts.

Swiss-Cath - Interview mit John Eibner

redaktion@swiss-cath.ch | 30. Oktober 2025

Sie durften den «Human Rights Champion Award» des «Armenian National Committee of America – Western Region» entgegennehmen. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Es war mir eine grosse Ehre, diese Auszeichnung für Christian Solidarity International entgegenzunehmen, deren Vorsitzender ich bin. Die ANCA ist eine einzigartige armenisch-amerikanische Institution, deren Arbeit wir sehr schätzen. Wir hoffen, dass weitere christliche Leiter und Organisationen motiviert werden, Solidarität mit unseren armenischen Brüdern und Schwestern zu zeigen, da ihre christliche Nation weiterhin der existentiellen Bedrohung durch die Türkei und Aserbaidschan ausgesetzt ist.

Der Award würdigt «das unermüdliche, mutige Engagement von CSI für das armenische Volk in Bergkarabach». Wie genau sah und sieht die Unterstützung von CSI für Bergkarabach aus?

Während des ersten Karabach-Krieges Anfang der 1990er Jahre durchbrach CSI die militärische Blockade Aserbaidschans gegen Bergkarabach. Die Armenier waren völlig auf sich allein gestellt. Weder das Rote Kreuz, noch die Uno-Organisationen, noch das DEZA oder andere humanitäre Organisationen waren vor Ort. Sie waren aus politischen Gründen nicht dort. Allein die Präsenz von CSI und die grossen Risiken, die wir dabei auf uns nahmen, wurden von der lokalen Bevölkerung sehr geschätzt. Anschliessend kehrten wir immer wieder dorthin zurück. Jedes Mal nahmen wir Journalisten und Parlamentarier mit. Wir brachten auch Presseartikel, Fernsehvideos und Parlamentsprotokolle mit, die von früheren Besuchern erstellt worden waren, um zu zeigen, dass ihre Stimme in der Aussenwelt gehört wird.

Als wir die katastrophale humanitäre Lage sahen, lieferten wir als Erstes Morphium an das Krankenhaus in Stepankert. Das weitgehend zerstörte Krankenhaus verfügte nicht einmal über Aspirin. Der Chefarzt musste Kriegsverletzten die Gliedmassen amputieren und ihnen dabei Brandy geben, um die Schmerzen zu lindern.

Unsere regelmässigen Besuche stärkten die Moral einer Bevölkerung, die unter grossem Druck stand, sich der Gewalt ethnisch-religiöser Säuberungen zu beugen. Auch bei allen weiteren Bedrohungen, denen die armenisch-christliche Bevölkerung ausgesetzt war, sprang CSI mit seiner Solidarität ein. Die letzte Welle ethnisch-religiöser Säuberungen kam 2023, als Aserbaidschan nach einer neunmonatigen Blockade 150.000 armenische Christen gewaltsam aus Bergkarabach vertrieb.

 

Welches sind die aktuell drängendsten Probleme im Zusammenhang mit dem Konflikt um Bergkarabach?

Die dringendsten Probleme sind erstens die Freilassung der 23 armenischen Geiseln durch Baku, zweitens der Schutz der unschätzbar wertvollen christlichen Kulturgüter in Bergkarabach und drittens die Suche nach einem Weg, damit die 150 000 vertriebenen Armenier aus Bergkarabach sicher und frei in ihre Heimat zurückkehren können.

Diese Probleme wurden im sogenannten «Friedensprozess» zwischen Armenien und Aserbaidschan, den die USA derzeit leiten, völlig ausser Acht gelassen. Wenn die USA keinen grösseren Druck auf Aserbaidschan ausüben, wird dieser Friedensprozess wahrscheinlich zu einem Kapitulationsvertrag führen, der Armenien in einen Vasallenstatus gegenüber Aserbaidschan und der Türkei versetzt – und das macht es anfällig für künftige Angriffe und möglicherweise sogar eine Kolonialisierung. Wir dürfen nicht vergessen, dass der aserbaidschanische Diktator Ilham Aliyev Anspruch auf ganz Armenien erhoben und es «Westaserbaidschan» genannt hat.

Deshalb geht es um mehr als Bergkarabach. Das Überleben der Republik Armenien steht auf dem Spiel. Der 1915 begonnene Völkermord an den Armeniern ist nie beendet worden. Eine besonders finstere Manifestation der anhaltenden Bedrohung Armeniens ist die Verfolgung der armenischen Nationalkirche durch die armenische Regierung, die aller Wahrscheinlichkeit nach durchgeführt wird, um Aserbaidschan zu beschwichtigen.

Aserbaidschan ist dank seiner Erdölvorkommen finanziell stark und erfährt politische Unterstützung durch den Iran, die Türkei und Russland. Ein Kampf von David gegen Goliath?

Ja, es ist ein Kampf wie David gegen Goliath. Wir müssen sehen, dass der Iran ein Rivale Aserbaidschans ist und dass die Unterstützung Russlands für Aserbaidschan begrenzt ist. Aserbaidschan erhält jedoch viel politische und materielle Unterstützung von der Türkei. Der autoritäre starke Mann der Türkei, Erdogan, und Aserbaidschans Aliyev vertreten beide die Ideologie des Pantürkismus. Sie betrachten ihre jeweiligen Staaten als Teil einer einzigen türkisch-islamischen Nation. Viel Unterstützung für die Türkei und Aserbaidschan kommt heutzutage auch von der EU und den Vereinigten Staaten.

Die geopolitische Lage Armeniens ist äusserst schlecht. Das Land ist klein und schwach. Menschlich gesehen ist es schwer vorstellbar, wie es den vielen Bedrohungen entgegentreten kann. Wir handeln jedoch im Glauben und vertrauen auf die Vorsehung des Herrn.

Welche Rolle spielt speziell Russland als sogenannte «Schutzmacht Armeniens» in diesem Konflikt?

Seit dem 19. Jahrhundert spielte Russland die Rolle des Beschützers der Armenier vor Angriffen verschiedener muslimischer Nationen und Reiche. In den letzten Jahren hat Russland weitgehend tatenlos zugesehen, wie Aserbaidschan seine ethnischen Säuberungen durchführte. Dies liegt zum einen daran, dass Russland durch seinen eigenen Krieg in der Ukraine abgelenkt ist, zum anderen aber auch daran, dass sich die 2018 an die Macht gekommene armenische Regierung zunehmend von Russland entfernt und einer Allianz mit dem Westen zuwendet. Solange der Westen und Russland miteinander um die Kontrolle in der Region konkurrieren, müssen beide Seiten Aserbaidschan bei Laune halten. Wenn sich die USA, die EU und Russland auf ihr gemeinsames Interesse an der Gewährleistung der Sicherheit in der Region einigen würden, könnte Russland erneut eine wichtige Rolle bei der Verhinderung eines weiteren Völkermords an den Armeniern spielen.

Kürzlich wurde die «Schweizer Friedensinitiative für Bergkarabach» gegründet. Wie ist der aktuelle Stand ihrer Bemühungen?

Das Schweizer Parlament hat den Bundesrat beauftragt, bis März 2026 ein Friedensforum für Bergkarabach zu organisieren, auf dem Vertreter der vertriebenen Armenier aus Bergkarabach direkt mit Aserbaidschan über die Umsetzung ihres Rückkehrrechts verhandeln können. Ein Ausschuss aus 19 Mitgliedern des Nationalrats wurde gebildet, um diese Initiative in der Schweiz und auch in ausländischen Hauptstädten wie London, Berlin und Washington DC zu fördern.

Derzeit sieht es so aus, dass der Bundesrat nicht beabsichtigt, dieses Mandat zu erfüllen. Die Schweizer Regierung folgt dem Beispiel der USA, und die USA wollen lediglich einen bilateralen Friedensvertrag zwischen Armenien und Aserbaidschan, der es ihnen ihrer Meinung nach ermöglichen wird, in die Region vorzudringen und die Russen fernzuhalten. Sie wollen die Dinge nicht komplizieren, indem sie die vertriebenen Karabach-Armenier in den Prozess einbeziehen.

Wenn jedoch die Christen in der Schweiz von ihren Politikern Massnahmen fordern würden oder wenn andere Länder ihre Unterstützung für die Schweizer Friedensinitiative bekunden würden, könnte der Bundesrat zum Handeln befugt werden und würde dies wahrscheinlich auch tun. Es ist zu erwarten, dass die Schweiz diplomatisch das tut, was ihre westlichen Partner von ihr erwarten.

Sie stammen aus den USA. Könnten die USA eine konstruktive Rolle in diesem Konflikt übernehmen?

Die Vereinigten Staaten spielen eine entscheidende Rolle, aber keine konstruktive. Schon eine einzige öffentliche Erklärung der USA zugunsten der Schweizer Friedensinitiative für Bergkarabach könnte einen grossen Unterschied machen.

Es scheint jedoch klar zu sein, dass die US-Regierung die Verantwortung für den Kaukasus und den Nahen Osten an ihren NATO-Verbündeten Türkei auslagert. Diese strategische Entscheidung wird katastrophale Folgen für die Christen in der Region haben, in Armenien, aber auch in Syrien, im Irak, im Libanon und darüber hinaus.

Kürzlich sandte eine Gruppe von 87 US-Kongressabgeordneten einen Brief an Aussenminister Marco Rubio, in dem sie ihn aufforderten, die Schweizer Friedensinitiative zu unterstützen. Wir waren ermutigt, als die Trump-Regierung erklärte, sie setze sich dafür ein, «sowohl Armenien als auch Aserbaidschan zu ermutigen, im Rahmen eines nachhaltigen Friedens die Rückkehr der ethnischen Armenier nach Bergkarabach zu ermöglichen». Um die Rückkehr zu verwirklichen, muss die Trump-Regierung jedoch mehr tun als nur ermutigen – sie muss dies zu einer Priorität im Friedensprozess machen und Aserbaidschan dazu drängen, einen Dialog mit den Vertretern der vertriebenen armenisch-christlichen Bevölkerung aufzunehmen, wie es die Schweizer Friedensinitiative fordert.

«Christian Solidarity International» engagiert sich in vielen Regionen der Welt. Die Situation der Christen hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Woher nehmen Sie die Kraft und die Überzeugung für Ihr Engagement?

Ich schöpfe die Kraft und Überzeugung aus der Berufung von CSI, dafür zu sorgen, dass kein Teil des Leibes Christi allein leiden soll (1 Korither 12), und aus der Verheissung des Herrn, seinem Volk treu zu bleiben, komme was wolle. Ich schöpfe auch Kraft aus unseren Freunden in Armenien und in Ländern wie dem Irak, Syrien, dem Südsudan und Nigeria, die weiterhin gegen enorme Widrigkeiten um das Überleben ihres Volkes kämpfen. Wenn sie nicht aufgegeben haben, warum sollten wir es dann tun?


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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