Die Schreckensherrschaft der Französischen Revolution (Juni 1793 bis Ende Juli 1794), zunächst unter Georges Danton, dann unter Maximilien de Robespierre, kostete Schätzungen zufolge rund 50 000 Menschen das Leben, unter ihnen waren 16 Ordensschwestern der Unbeschuhten Karmelitinnen von Compiègne. Sie waren am 14. September 1792 im Zuge der antiklerikalen Bewegung aus ihrem Kloster vertrieben worden, fanden aber Zuflucht in vier Privathäusern, wo sie in kleinen Gruppen ihr Gebets- und Gemeinschaftsleben aufrecht hielten. Mutter Therese von Saint-Augustin schlug den Schwestern vor, ihr Leben für die Rettung Frankreichs zu opfern. Sie rezitierten einen «Akt der Selbsthingabe», der später durch eine Intention für die durch die Guillotine Hingerichteten und die Freilassung der inhaftierten Personen ergänzt wurde. Von diesem Tag an erneuerten die Schwestern täglich ihr Gelübde.
Bei einer Hausdurchsuchung im Juni 1794 wurden die Schwestern entdeckt und verhaftet. Im Gefängnis nehmen sie das Gemeinschaftsleben wieder auf und feiern am 16. Juli das Fest «Unserer Lieben Frau vom Berg Karmel». Am nächsten Tag wurden sie vor Gericht gestellt und wegen der Ausübung eines Ordenslebens sowie «Fanatismus» verurteilt. «Eine der Karmelitinnen liess den Generalstaatsanwalt erklären, was er unter ‹Fanatismus› verstand», erzählte P. Étienne Givelet von der Pfarrei «l’Immaculée Conception», wo sich die Gedenkstätte der Märtyrerinnen befindet, in einem Interview. Der Generalstaatsanwalt antwortete: «Ich verstehe darunter Ihre Anhänglichkeit an kindische Überzeugungen, Ihre närrischen Religionspraktiken.» Dieser Satz stellte die Karmelitinnen zufrieden. «Denn sie waren nur bereit, für ihren Gott als Märtyrerinnen zu sterben, nicht aber aus politischen Gründen.»
Noch am gleichen Tag wurden die 16 Karmelitinnen in Paris guillotiniert. Auf dem Weg zum Schafott erneuerten sie ihre Ordensgelübde und sangen bis zuletzt Psalmen und das «Veni creator». Die Würde, die sie im Sterben zeigten, beeindruckte das Volk derart, dass es die Hinrichtungen im Schweigen verfolgte.
Nur gerade zehn Tage später wurde am 28. Juli 1794 Maximilien de Robespierre durch die Guillotine enthauptet.
Das Schicksal der sechzehn Märtyrinnen inspirierte verschiedene Künstler: Gertrud von Le Fort verfasste die Novelle «Die Letzte am Schafott», die als Vorlage für das Drehbuch «Les Dialogues des Carmélites» von Georges Bernanos diente.
1956 schuf Francis Poulenc für die Mailänder Scala die Oper «Dialogues des Carmélites ». Das Libretto beruht auf dem gleichnamigen Bühnenstück nach dem Drehbuch von Georges Bernanos.
1959 drehte Philippe Agostini nach der Novelle von Gertrud von Le Fort den Film «Le dialogue des Carmélites» (Deutsch: Opfergang einer Nonne).
Am Mittwoch, 18. Dezember 2024, erklärte Papst Franziskus die Märtyrerinnen heilig. Der Papst «hat beschlossen, die Verehrung der seligen Therese von Sankt Augustin [der Oberin des Klosters] und ihrer 15 Gefährtinnen des Karmeliterordens, Märtyrerinnen, die aus Hass auf die Religion am 17. Juli 1794 in Paris getötet wurden, auf die Weltkirche auszuweiten», heisst es in einer Erklärung.
Die sechzehn Karmelitinnen waren 1906 von Papst Pius X. seliggesprochen worden. Um heilig zu werden, hätte ihnen theoretisch ein Wunder zugeschrieben werden müssen, doch der Papst entschied sich für ein vereinfachtes Verfahren.
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