Die Verklärung Jesu, Verklärungskirche auf dem Berg Tabor. (Bild: Fallaner/Wikimedia Common)

Neuevangelisierung

Das geweihte Leben als Lob der Dreifaltigkeit

Der zweite Teil der Serie zum Nach­syn­oda­len Apos­to­li­schen Schrei­ben «Vita con­se­crata» beschäf­tigt sich mit der tri­ni­ta­ri­schen Dimen­sion des geweih­ten Lebens.

Im Evangelium gibt es viele Worte und Taten Christi, die den Sinn der besonderen Berufung des geweihten Lebens erhellen. Am besten lässt sich die trinitarische Dimension des geweihten Lebens im Geheimnis der Verklärung verstehen.1

«Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiss wie das Licht. Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus. Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Noch während er redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, bekamen sie grosse Angst und warfen sich mit dem Gesicht zu Boden. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst! Und als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus. Während sie den Berg hinab stiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist» (Mt 17,1-9).

Die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes werden von Jesus aus der Schar der Zwölf ausgewählt, um ihn auf den Berg zu begleiten. Dort dürfen sie Jesus in seiner Verklärung schauen und erhalten dadurch einen Vorausblick auf die künftige Herrlichkeit Jesu in seiner Auferstehung. Sie leben von diesem Moment an in der Spannung des «schon» und «noch nicht» des Reiches Gottes. Dies ist auch der Ort des geweihten Lebens: Die Frauen und Männer des geweihten Lebens nehmen durch ihre Lebensform bereits das Reich Gottes vorweg und weisen auf das Ziel aller Christinnen und Christen hin: den Himmel.

Vom Vater durch den Sohn im Heiligen Geist
Bei der Verklärung rief eine Stimme aus der Wolke: «Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.» Es ist der Aufruf von Gottvater an die drei Jünger, auf Christus zu hören, ihr ganzes Vertrauen in ihn zu setzen und ihn zum Mittelpunkt ihres Lebens zu machen. Jesus selbst hatte die Jünger zu Beginn seines öffentlichen Wirkens in seine Nachfolge berufen, indem er sie aus ihrem Alltagsleben herausgerissen hat. Im Wort, das von oben kommt, erhält diese Berufung eine neue Tiefe.

«Dem geweihten Leben ist die Aufgabe anvertraut, den menschgewordenen Sohn Gottes zu zeigen als das eschatologische Ziel, nach dem alles strebt, den strahlenden Glanz, dem gegenüber jedes andere Licht verblasst, die unermessliche Schönheit, die allein das Herz des Menschen vollständig zu erfüllen vermag» (Vita consecrata 16). Alle Christinnen und Christen sollen Christus aus ganzem Herzen folgen, ihn mehr lieben als Vater und Mutter, als Sohn und Tochter. Die Frauen und Männer des geweihten Lebens sollen zudem Christus gleichförmig werden und ein Leben in der eschatologischen Spannung des «schon» und «noch nicht» führen.

Im Bericht über die Verklärung heisst es: «Eine leuchtende Wolke warf ihren Schatten auf sie» (Mt 17,5). Eine geistliche Interpretation sieht in der Wolke das Bild des Heiligen Geistes. Es ist der Heilige Geist, der in uns die Sehnsucht nach Gott weckt, der uns im geistlichen Leben wachsen lässt. Es ist der Heilige Geist, der die Frauen und Menschen des geweihten Lebens immer christusförmiger macht und ihnen Kraft zum Leben nach den evangelischen Räten schenkt.

Die evangelischen Räte – Ausdruck der Trinität
Nicht nur die Berufung zum geweihten Leben hat eine trinitarische Dimension – auch die evangelischen Räte sind ein Ausdruck der Trinität.

Durch die gelebte Keuschheit machen sich die Frauen und Männer des geweihten Lebens die jungfräuliche Liebe Christi zu eigen und bekennen ihn vor der Welt als eingeborenen Sohn, der eins ist mit dem Vater. Durch ihre ungeteilte Hingabe an Gott sind sie ein Abglanz jener grenzenlosen Liebe, die die drei göttlichen Personen miteinander verbindet.

Durch die gelebte Armut bekennen die Frauen und Männer des geweihten Lebens Christus als den Sohn, der alles vom Vater empfängt und in der Liebe ihm alles zurückgibt (vgl. Joh 17,7.10), denn Gott ist der einzig wahre Reichtum des Menschen. Indem die Frauen und Männer des geweihten Lebens die Sicherheit des Materiellen verlassen und sich vertrauensvoll in die Arme Gottes fallen lassen, werden sie zum «Ausdruck jener Ganzhingabe, zu der sich die drei göttlichen Personen gegenseitig machen» (Vita consecrata 21).

Im Gehorsam verbinden sich die Frauen und Männer des geweihten Lebens mit Jesus, der allein Wohlgefallen daran findet, den Willen des Vaters zu tun (vgl. Joh 4,34). Dieser Gehorsam ist kein blinder Gehorsam eines Sklaven seinem Herrn gegenüber. Es ist der vertrauensvolle Gehorsam, den ein Kind seinem Vater oder seiner Mutter entgegenbringt, weil es weiss, dass die Eltern nur das Beste für es wollen. Auch in diesem gelebten Gehorsam findet sich wiederum das Bild der göttlichen Trinität, dich sich vertrauensvoll gegenseitig hingibt.

Die Frauen und Männer des geweihten Lebens schauen stets auf das leuchtende Antlitz Christi bei der Verklärung. Im Blick auf die Vollendung, auf das «Leben in Fülle», finden sie die Kraft, Christus ganz nachzufolgen und so durch ihr eigenes Leben den Menschen das verklärte Antlitz Christi zu zeigen, damit in ihnen die Sehnsucht nach Gott und seinem Reich der Liebe geweckt wird.
 

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der Sendung «Das geweihte Leben» auf Radio Maria. Die Sendung in voller Länge kann unter diesem Link angehört werden.

Die Sendung «Das geweihte Leben» ist eine Ko-Produktion von Radio Maria und swiss-cath.ch. Sie wird monatlich auf Radio Maria ausgestrahlt. Zeitgleich wird jeweils auf swiss-cath.ch eine Zusammenfassung der Sendung publiziert.

 


1 Der zweite Teil der Serie reflektiert die Kapitel 14 bis 22 des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens «Vita consecrata».


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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