Szene aus dem Film «Ist das Leben nicht schön?». (Bild: National Telefilm Associates, Public domain via Wikimedia Commons)

Hintergrundbericht

Das Leben des Frank Capra: eine katho­li­sche Odyssee

Er gehört zu den Weih­nachts­klas­si­kern: Der Film «Ist das Leben nicht schön? (Ori­gi­nal­ti­tel: «It’s a Won­der­ful Life») von Regis­seur Frank Capra. Doch nicht nur der Film lohnt einen Blick, son­dern auch sein Regisseur.

Im Film will sich George Baily am Heiligabend von einer Brücke stürzen: Durch eine Intrige droht er seine Arbeit, seine Familie und seine Freiheit zu verlieren. Auch für die Bewohner der Stadt hätte es schlimme Auswirkungen, wenn der hartherzige Henry F. Potter, der reichste Geschäftsmann des Ortes, mit seinem üblen Spiel durchkäme. Die Bewohner der Stadt beten um Beistand für George und auch er selbst bitte Gott um Hilfe. Doch dann geht er auf die Brücke und will in den Fluss springen, als plötzlich ein Mann hineinstürzt. Anstatt Selbstmord zu begehen, rettet Georg den älteren Herrn – Clarence, einen Schutzengel zweiter Klasse (noch ohne Flügel), der vom Himmel zur Hilfe geschickt wurde. Doch George nimmt ihm diese Geschichte nicht ab und erklärt, er wünschte, nie geboren worden zu sein. Clarence macht diesen Wunsch wahr. Die Zuschauer kennen aufgrund des Vorspanns die Geschichte von George und erleben nun, wie das Schicksal der Stadt und der Menschen verändert ist. So starb Georges Bruder bereits als Kind, da George nicht da war, um ihn zu retten. Sein ehemaliger Chef ist ein verachteter Trinker, da George nicht da war, um ihn auf einen Fehler hinzuweisen und er im Gefängnis landete. Seine Frau ist eine alte Jungfer und ihre gemeinsamen vier Kinder existieren nicht. George bereut seinen Wunsch und möchte sein Leben zurück, auch wenn dies für ihn das Gefängnis bedeutet. Das Ende sei jetzt nicht verraten, nur so viel: Als ein Glöckchen klingelt, sagt die jüngste Tochter zu George: «Jedes Mal, wenn ein Glöckchen klingelt, bekommt ein Engel seine Flügel.»

Der Film wurde 1947 für fünf Oscars nominiert, war aber ein finanzieller Misserfolg. Zeitweise geriet er gar wegen seiner Kapitalismuskritik ins Visier des FBI. Nachdem «Ist das Leben nicht schön?» mehrere Jahre in Vergessenheit geraten war, wurde er in den 1970er-Jahren wiederentdeckt und gilt heute als Weihnachtsklassiker. 2006 erreichte er den ersten Platz in der Liste der 100 inspirierendsten Filme aller Zeiten.

Regisseur dieses beliebten Films war Frank Capra, einer von mehreren Hollywood-Regisseuren, deren katholischer Glaube Einfluss auf ihre Filme hatte.

Frank Capra (Francesco Rosario Capra) wurde am 18. Mai 1897 in der Nähe von Palermo als jüngstes von sieben Kindern geboren. Die tiefreligiöse Familie emigrierte 1903 in die Vereinigten Staaten, nach Los Angeles. Die dreizehntägige Schiffsreise musste die Familie im billigen Zwischendeck verbringen – eine Erfahrung, die Capra als eine seiner schlimmsten Lebenserfahrungen bezeichnete. Er musste bereits während der Schule arbeiten, um die Familie zu unterstützen. Er hatte nur noch ein Ziel: Raus aus der Armut! Als Zeitungsjunge sah er, dass reiche Männer nie in die Kirche gingen, die alten Frauen der Pfarrei hingegen arm waren. So assoziierte er, dass Kirche Armut bedeutet und liess seinen Glauben hinter sich.

Im College verliebte er sich in eine Mitschülerin, die im Chor der Presbyterianer-Kirche sang. So wurde er ein «Sonntags-Protestant», an Weihnachten und Ostern hingegen wieder ein Katholik. «An diesen beiden heiligen Tagen schlich ich mich in eine Katholische Kirche, um niederzuknien, den Weihrauch zu riechen, die Engel singen zu hören und mich von der Passion und der Auferstehung Christi aus den Schuhen heben zu lassen. Es mag dir nur einmal in hundert Messen passieren - aber es wird passieren. Du kommst von der Kommunion mit der Hostie auf der Zunge zurück – ein Niemand. Du kniest nieder und legst den Kopf in die Hände. Langsam erfüllt dich das Wunder mit Freude: die sich auflösende Hostie in deinem Mund ist der lebendige Christus.»

Frank Capra schloss 1918 ein Studium im Chemieingenieurwesen ab und arbeitete kurzzeitig für die Armee. Doch mit dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde er entlassen. Nach mehreren Gelegenheitsjobs fasste er Fuss in der Filmindustrie. 1923 heiratete er Helen Howell in einer Zeremonie der «First Unitarian Church of San Francisco», die Ehe wurde jedoch bereits 1928 wieder geschieden. Im gleichen Jahr gelang ihm sein Durchbruch als Regisseur, als ihn das damals noch unbekannte Filmstudio «Columbia Pictures» engagierte. Im ersten Jahr drehte er bereits neun Filme – alles Komödien – von denen die meisten erfolgreich waren.

Als Ende der 1920er-Jahre der Tonfilm in Hollywood Einzug hielt, kam Capra im Umgang mit der neuen Technik sein Ingenieurstudium zugute. Nach Achtungserfolgen gewann er mit der Komödie «Es geschah in einer Nacht» (1934) als erster Film alle Oscars in den fünf Hauptkategorien (Bester Film, Bester Regisseur, Bester Hauptdarsteller, Beste Hauptdarstellerin, Bestes Drehbuch). Seine Filme enthielten jetzt auch politische, gesellschaftliche oder moralische Botschaften wie z. B. in «Mr. Deeds geht in die Stadt» (1936). Die Hauptfigur, ein freundlich-naiver Glückskarten-Dichter, erbt ein Millionenvermögen und tut damit viel Gutes, bis die geldgierigen Anwälte ihn für verrückt erklären wollen. Oder die Politsatire «Mr. Smith geht nach Washington» (1939), in der ein leichtgläubig-naiver Pfadfinderführer gegen die Korruption in der Politik kämpft. 1941 drehte er die Schwarze Komödie «Arsen und Spitzenhäubchen», die jedoch erst 1944 veröffentlicht wurde.

Capra war beeindruckt von Franz von Assisi und entwickelte grosses Misstrauen gegenüber jenen, die einen ungerechten Anteil an den Gütern dieser Welt anhäufen. Seine Filmbösewichte waren Banker oder reiche Unternehmer, seine Filmhelden hingegen bewahrten eine gesunde Distanz zum Streben nach aussergewöhnlichem Reichtum und Macht. «Diese franziskanische Weltanschauung vermittelte dem Publikum in den düstersten Tagen der Depression ein Gefühl der Hoffnung und moralischen Überlegenheit.»[1] Im Interview mit dem «The New Yorker» (1940) erklärte Frank Capra: «Es klingt kitschig, aber der Grundgedanke meiner Filme ist die Bergpredigt – ein gewisser Mehrwert neben der Unterhaltung.» Der Kirche gegenüber blieb er aber noch immer auf Distanz.

1932 hatte er standesamtlich Lucille Warner geheiratet. Sie hatten drei Kinder, von denen das mittlere mit drei Jahren an einem unentdeckten Gehirntumor verstarb. Einige Monate später erklärte Capras Mutter den beiden, dass der verstorbene Johnny nicht in den Himmel komme, da er nicht katholisch getauft worden war. Lucille war davon berührt und sie begann mit dem Katechismusunterricht. 1940 wurden sie und die beiden Kinder Frank junior und Lou getauft. Ihr Glaube hatte Einfluss darauf, dass Frank Capra sich später wieder der Katholischen Kirche zuwandte.

Nur vier Tage nach dem Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 trat Frank Capra in die US-Armee ein. Er drehte mehrere Kriegsdokumentationen, um zu erklären, warum die US-Soldaten für ihr Land in den Krieg zogen und was ihre Ziele waren. Damit setzte er einen bewussten Kontrapunkt zu Propagandafilmen wie z. B. jenen von Leni Riefenstahl für die Nazis.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gründete Capra zusammen mit Kollegen eine eigene Produktionsfirma, diese wurde jedoch bereits 1948 wieder aufgelöst. Der Geschmack der Öffentlichkeit hatte sich gewandelt und die Filme von Frank Capra waren nicht mehr so erfolgreich. Sein letzter Spielfilm war «Die unteren Zehntausend» (1961) mit Bette Davis in der Hauptrolle.

Nach dem Krieg geriet Frank Capra in eine Krise, als er Opfer der herrschenden antikommunistischen Hysterie wurde. Er hatte für einen Film mit der Sowjetunion zusammengearbeitet – in einer Zeit, als die beiden Länder noch auf der gleichen Seite gegen die Nazis kämpften, doch das nützte ihm nichts. Er hatte zudem öffentlich bekundet, dass jeder Mensch ein Recht auf seine eigene politische Meinung haben darf, was ihm als Nähe zum Kommunismus ausgelegt wurde. Als er niemanden fand, der zu seinen Gunsten aussagen konnte oder wollte, arbeitete er in seiner Verzweiflung mit dem FBI zusammen und gab ihnen Informationen über andere Verdächtige. In der Folge wurde er von Schuldgefühlen geplagt, sowohl wegen der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen als auch wegen seines Verrats an Freunden, und er dachte an Selbstmord. Diese Krise führte ihn zurück zur Katholischen Kirche. 1952 heirate er seine Frau Lucille endlich auch kirchlich – zur Belustigung seiner erwachsenen Kinder.

Da seine Filme nicht mehr erfolgreich waren, drehte er Wissenschaftsfilme im Auftrag von «Bell Telephone». In einer Sitzung erklärte er: «Wenn ich einen Wissenschaftsfilm mache, muss ich sagen, dass die wissenschaftliche Forschung nur ein anderer Ausdruck des Heiligen Geistes ist, der in allen Menschen wirkt. Ausserdem werde ich sagen, dass die Wissenschaft im Grunde genommen nur eine weitere Facette der menschlichen Suche nach Gott ist.» Und er fügte an: «Ich bin nicht nur religiös, ich bin ein Katholik! ... Ich bin ein Katholik im Geiste; einer, der fest daran glaubt, dass die Antimoralischen, die intellektuellen Fanatiker und die Mafias des bösen Willens die Religion zerstören mögen, aber sie werden niemals das Kreuz erobern.»

1972 wurde Frank Capra zum Malteserritter ernannt. 1978, im Alter von einundachtzig Jahren, übernahm er in seiner Wohnpfarrei den Dienst als Kommunionhelfer. Er starb am 3. September 1991 im Alter von 94 Jahren.
 

Quelle
Richard A. Blake, AfterImage: the indelible Catholic imagination of six American filmmakers. Loyola Press Chicago 2000. ISBN 0-8294-1550-5.

 


[1] Richard A. Blake, AfterImage, 94.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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