Der Streit um das Osterdatum reicht bis in die frühesten Zeiten des Christentums zurück. Die vermeintliche Selbstverständlichkeit, dass Ostern am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert wird, ist das Ergebnis jahrhundertelanger Auseinandersetzungen, in denen Astronomie, Theologie und kirchliche Machtfragen untrennbar miteinander verwoben waren. Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie paradox das Osterdatum ist und warum es bis heute von der kirchlichen Autorität abhängt.
Bis zum Ersten Konzil von Nizäa im Jahr 325 existierten zwei Haupttraditionen: Die sogenannten Quartodezimaner (von «luna quartadecima» für Vollmond) feierten Ostern nach dem jüdischen Kalender am 14. oder 15. Nisan, unabhängig vom Wochentag. Das waren vor allem am Judentum orientierte Christen wie die in Kleinasien und Syrien.
Die meisten Heidenchristen wie z. B. die Gemeinde in Rom hingegen bestanden darauf, Ostern stets an einem Sonntag nach dem jüdischen Fest zu feiern. Der daraus resultierende Osterfeststreit war nicht nur eine liturgische Debatte, sondern eine Frage der Einheit der Kirche. Das Konzil von Nizäa entschied letztlich, dass Ostern am Sonntag nach dem ersten Vollmond nach dem Frühlingsäquinoktium (19., 20. oder 21. März) zu feiern sei, um Einheit zu schaffen und eine zu enge Anbindung an das Judentum zu vermeiden. Doch das Problem der genauen Berechnung blieb bestehen.
Die mathematische Herausforderung
Nach dem Konzil von Nizäa wurde die Verantwortung für die Berechnung des Osterdatums dem Patriarchen von Alexandrien übertragen, da diese Stadt über eine herausragende astronomische Tradition verfügte. Doch Rom entwickelte eigene Berechnungen, wodurch es häufig zu unterschiedlichen Osterterminen kam. Im Jahr 387 wurde Ostern in Rom am 21. März, in Alexandrien am 25. April und an anderen Orten am 18. April gefeiert. Erst Dionysius Exiguus, der auch die heute gebräuchliche Zeitrechnung «nach Christi Geburt» etablierte, schuf im Jahr 525 eine Ostertafel auf Basis eines 532-jährigen Zyklus, der Mond- und Sonnenzyklen vereinte. Damit wurde erstmals eine weitgehend einheitliche Berechnung ermöglicht.
Im 16. Jahrhundert war der julianische Kalender so weit von den astronomischen Gegebenheiten abgewichen, dass Papst Gregor XIII. 1582 eine Reform durchführen liess. Zehn Tage wurden ausgelassen und die Schaltjahre wurden neu geregelt, wodurch die Berechnung der Ostertermine präziser wurde. Dennoch kommt es bis heute zu sogenannten «paradoxen Ostern»–Jahren, in denen das errechnete Osterdatum nicht mit dem astronomisch korrekten Vollmond übereinstimmt. Ursachen dafür sind unter anderem die Unregelmässigkeiten der Erdrotation, elliptische Planetenbahnen und mathematische Annäherungen in den Osterzyklen.
Ein ungelöstes Problem der Einheit
Trotz der Gregorianischen Reform halten die meisten orthodoxen Kirchen bis heute am julianischen Kalender fest, weshalb ihr Osterfest häufig später liegt als das der westlichen Christenheit. Die Diskussion um eine einheitliche Feier ist bis heute nicht abgeschlossen. Papst Franziskus hat in der Vergangenheit Sympathie für eine feste Osterregelung geäussert, um Einheit unter den Kirchen zu schaffen. Ein fester Ostertermin wird von einigen Kirchenvertretern als Möglichkeit gesehen, die Kluft zwischen Ost und West zu überbrücken. Doch die Widerstände sind gross: Während einige Kirchen an traditionellen Berechnungen festhalten, würde eine Veränderung auch tief verwurzelte liturgische und kulturelle Gewohnheiten infrage stellen.
Im Jahr 2025 fällt der Ostertermin für die Ost- und Westkirche «zufälligerweise» auf denselben Tag: den 20. April. Auch wenn dies nicht im astronomischen Sinne als «paradoxes Ostern» gilt, so ist es doch bemerkenswert, da es die tiefe Sehnsucht der Christenheit nach einem gemeinsamen Ostertermin widerspiegelt. Ist vielleicht das «Paradoxon» wortwörtlich der Schlüssel für ein einheitliches Osterdatum der Christenheit? Im eigentlichen Sinne würde dies bedeuten, dass der einheitliche Ostertermin entgegen der eigenen Erwartung oder bisherigen Ansicht gefeiert werden sollte.
Ostern bleibt eine Frage der Autorität
Obwohl der Ostertermin streng nach mathematischen Regeln bestimmt wird, bleibt er letztlich eine kirchliche Entscheidung. Die jahrhundertelange Diskussion zeigt, dass es bei der Osterfestlegung nicht nur um Astronomie, sondern besonders um Theologie, Tradition und kirchliche Machtfragen geht. Die «paradoxen Ostern» sind ein Symbol dafür, dass auch eine scheinbar objektive Berechnung nicht ohne menschliche Interpretation oder kirchliche Tradition auskommt. Ob Papst Franziskus den jahrhundertealten Streit um das Osterdatum lösen kann, bleibt abzuwarten. Eines bleibt jedoch sicher: Christinnen und Christen weltweit sehnen sich nach einem einheitlichen Ostertermin. Papst Franziskus hat bereits seine Offenheit für eine Reform signalisiert. Es bleibt zu hoffen, dass auch die orthodoxen Kirchen diesem Schritt zustimmen, damit die gesamte Christenheit sich in den kommenden Jahren am selben Tag mit den Worten begegnen kann: Χριστός ἀνέστη! Ἀληθῶς ἀνέστη! Christus surrexit! Surrexit vere, alleluja!
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
In Wahrheit hat das Osterdatum mit dem Ewigen Leben zu tun, welches innerkirchlich am Papst hängt, weil nur er die Schlüssel zum Himmel hat.
Es gibt 35 Ostertermine, 10 im März und 25 im April. Den Hintergrund hier auszuleuchten ginge wohl zu weit, der Hinweis auf 5 x 7 soll vorerst genügen. Es ist eine Glaubensfrage, deren Lösung oder Antwort im Produkt von Gnade (7) und Licht (5) ruht. Das kann man an anderen Institutionen der Kirche ablesen, wo die Zahlen 5 und 7 das formelle Gerüst bilden, z.B. die Thora oder der Psalter oder Evangelien und Apostelgeschichte. Andere Bücher haben eine Vielzahl von 7 an Kapiteln.
Eine "fortschrittliche" Lösung um äusserer "Einheit" willen wird bestimmt zu jahrzehtenlangen Streitereien führen. Abgesehen von der Absurdität, weil Weihnachten fix ist (für die Zeit) und Ostern mobil (für Gottes Freiheit).