Auch bei Stefan Schärer verhielt es sich ähnlich: Im September 2023 war der ehemalige Handball-Star zum Präsidenten der «Swiss Ice Hockey Federation» gewählt worden. 15 Monate später war Schärer seinen Posten wieder los.
Solche abrupt beendeten Arbeitsverhältnisse sind in der modernen Gesellschaft keine Einzelfälle mehr, greifen vielmehr auch auf den kirchlichen Sektor über. So verlor am 5. Dezember 2024 Dr. iur. Erwin Tanner-Tiziani Knall auf Fall seinen Posten als Geschäftsführer der Stiftung «Missio Schweiz». Der ehemalige langjährige Generalsekretär der Schweizer Bischofskonferenz hatte diese Stelle erst am 1. Januar 2022 angetreten.
Die genannten Fälle haben einen gemeinsamen Nenner: Die betreffenden Arbeitsverhältnisse wurden gemäss offizieller Version stets «im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst». Mit dieser Sprachregelung wird der Öffentlichkeit Sand in die Augen gestreut, der wahre Sachverhalt vernebelt. Tatsächlich wird regelmässig massiver Druck auf die jeweiligen Stelleninhaber ausgeübt – eine verkappte Kündigung also.
Der «Blick» kommentierte diese Praxis bzw. Sprachregelung so: «Der grosse Knall wird orchestriert. Der inzwischen völlig isolierte Schärer wird alternativlos zum Rücktritt gedrängt, bis er schliesslich einwilligt. Anschliessend wird noch an der offiziellen Rücktrittsmeldung gefeilt, sodass alle halbwegs aus der Nummer rauskommen, ohne komplett das Gesicht zu verlieren. Die Hauptfiguren in diesem Schauspiel gehen auf Tauchstation.» Besonders verwerflich ist diese Sprachregelung bzw. Praxis dann, wenn – wie unlängst im Kanton Zürich geschehen – der Tradition und der Lehre der Kirche verpflichtete Priester auf die Strasse gestellt werden.
In Deutschland hat die fünfköpfige Jury «Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres» das Wort «Biodeutsch» (= rassistisch) zum Unwort des Jahres 2024 erkoren, gefolgt von den Worten «Heizungsverbot» (= Klimaleugner) auf Platz zwei und «importierter Antisemitismus» (= fremdenfeindlich) auf Platz drei. Über den Sinn bzw. Unsinn dieser woken Sprachpolizei kann man getrost geteilter Meinung sein.
Die Formulierung «Auflösung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen» ist zwar mehr als nur ein Wort, vielmehr ein ganzer Satz, dafür umso gravierender, weil damit ein Sachverhalt unter den Teppich gekehrt wird, dem ein asymmetrisches Verhältnis zugrunde liegt, sitzt doch der Arbeitgeber per definitonem am längeren Hebel.
Somit hat sich die verbale Nebelpetarde «Auflösung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen» das Verdikt «Unwort des Jahres» redlich verdient. Und das will angesichts der zahlreichen Kandidaten, die für diese Auszeichnung ebenfalls in Frage kämen, etwas heissen.
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