Christophe Darbellay heisst der Lockvogel. Dieser hatte punkt 17.30 Uhr zu einer Pressekonferenz geladen, um endlich die Katze aus dem Sack zu lassen: Gibt er seine Bewerbung für die Nachfolge von Bundesrätin Viola Amherd bekannt? Nur zu gerne hatten Altermatt und Konsorten auf ein Ja gehofft, um die fällige Ersatzwahl in den Bundesrat zum Hahnenkampf zwischen den beiden Polit-Schwergewichten Ritter und Darbellay hochschreiben zu können.
Nichts da – «Valais first», begründete Darbellay seinen Verzicht der verdatterten Medienschar. Besonders verärgert reagierte «Blick»-Journalist Altermatt, hatte doch Darbellay nicht nur in den vergangenen Wochen die gesamte Öffentlichkeit über seine Absichten im Unklaren gelassen, sondern selbst an der Pressekonferenz seiner Verzichtserklärung noch eine ausschweifende Suada über Pro und Contra einer Bewerbung vorgeschaltet.
Altermatt verschaffte seinem Ärger Luft mit einem Seitenhieb an die Adresse der vermeintlich «immer noch tief (sic) christlich geprägten Mitte-Partei». Ausgerechnet diese Partei versündige sich an der Sonntagsruhe, fordere die Sonntagsarbeit.
Der mit allen Wassern gewaschene Politfuchs Darbellay hat all die sensationsgierigen Journalisten düpiert, ihnen ein Schnippchen geschlagen. Chapeau, Monsieur le conseiller d’état! War ihm doch wohl bewusst, dass eine Doppelkandidatur nur allzu leicht in die Binsen gehen könnte: Er ist aktuell Mitglied der Walliser Kantonsregierung, muss sich am 2. März 2025 der Wiederwahl stellen. Gleichzeitig als Bundesratsaspirant zu kandidieren und bei einer allfälligen Wahl seinem Heimatkanton postwendend den Rücken zu kehren, wäre vom Stimmvolk wohl nicht goutiert worden. Christophe Darbellay war sich dessen offensichtlich bewusst und sagte nach dem Motto «Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach» dem Bundesrat Adieu.
Für den «Blick» und damit seinen Journalisten Sven Altermatt bietet sich nun die ideale Gelegenheit, den Tatbeweis zu erbringen, wie ernst es ihm mit der Sonntagsruhe ist: Nationalrat Philippe Nantermod hatte am 12. Dezember 2022 eine Motion eingereicht. Darin forderte er, dass inskünftig in der ganzen Schweiz auch lokale Geschäfte mit einem Lebensmittel-Sortiment und einer begrenzten Zahl von Angestellten am Sonntag ihre Waren verkaufen können. Der Nationalrat hat die Motion inzwischen mit 109 : 79 Stimmen am 12. März 2024 gutgeheissen.
Ob der «Blick» im Falle eines absehbaren Referendums den Gegnern dieser Krämerseelen-Motion den fälligen publizistischen Flankenschutz gewähren wird?
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