Was beschäftigt die Gen Z inmitten der aktuellen, von jeder Menge Unsicherheiten geprägten Herausforderungen ganz besonders? Merck Healthcare und deren Aushängeschild Nik Gugger, EVP-Nationalrat, wollten es genauer wissen. Dies mit dem Ziel, «junge Menschen besser zu verstehen und ihnen Gehör zu verschaffen». Der Befund ist, dies sei vorweggenommen, einigermassen ernüchternd. Vermittelt wird der Leserschaft das Bild einer Generation, welcher – nichts Neues unter der Sonne – die Vision einer staatlich garantierten und finanzierten sogenannten «Eier legenden Wollmilchsau» vorschwebt.
Besondern Wert legt die Generation Z diesem Befund zufolge auf Flexibilität, eine gute Work-Life-Balance und ein Arbeitsumfeld, das persönliche Werte wie Nachhaltigkeit und Diversität widerspiegelt. Dazu muss, so die Teilnehmerin Melanie Racine, Vize-Präsidentin der Jungfreisinnigen Schweiz und Mitinhaberin und Geschäftsführerin des Online-Marketingunternehmens bevisible GmbH, dringend das veraltete Arbeitsgesetz revidiert werden. Denn, so lobt sich Melanie Racine gleich selbst, «unsere Mitarbeitenden arbeiten, wann und von wo aus sie wollen». Hört sich ganz gut an, zumal in der schönen Welt der Theorie, wäre da nicht der entlarvende Nachsatz «Bei dieser Flexibilität sind sie motivierter und geben 200 Prozent». Heisst übersetzt in die nicht ganz so schöne Praxis: Selbstausbeutung – verkauft als flexibles, auf die Wüsche und Erwartungen der Generation Z akkurat zugeschnittenes Arbeitsmodell.
Am liebsten eine 4-Tage-Woche bei 100-Prozent-Lohn
Lena Schüpbach, Co-Founder & CEO der Norery AG, ist dieses «Wann und wo ich will-Arbeitsmodell» doch allzu sehr von der Realität emanzipiert: «Viele Junge haben am liebsten eine 4-Tage-Woche bei einem 100-Prozent-Lohn, das kann ich als Start-up-Gründerin nicht bieten.» Womit wir wieder bei der erwähnten Eier legenden Wollmilchsau gelandet wären.
Immerhin: Trotz euphorischer Zuschreibungen von François Feig, Senior Vice President, Head of Mid Europe Healthcare bei Merck Healthcare, so sein offizieller Titel, an die Adresse der Generation Z («Ich bewundere es, dass die Gen Z so offen und sensibel mit dem Thema mentale Gesundheit umgeht») wird das immer akutere Problem der psychischen Erkrankungen von Jugendlichen nicht ausser Acht gelassen.
Loa Wild, Landrätin im Kanton Uri, bekennt: «Ich ging mit 18 Jahren zum ersten Mal in Therapie und die Sitzungen haben mir enorm geholfen.» Die Kehrseite: Die Enttabuisierung psychischer Erkrankungen führt dazu, dass die Wartelisten bei Patientinnen und Patienten derzeit sehr lang sind. Loa Wild wünscht sich deshalb, dass «jeder und jede, die Hilfe benötigt, sie auch bekommt».
Das Problem psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen hat mittlerweile in der Tat dramatische Dimensionen angenommen. «Immer mehr Junge sind psychisch krank: IV-Renten steigen auf Rekordhoch», heisst ein NZZ-Beitrag zum Thema (25. Mai 2024). Dessen Autor Albert Steck schreibt gar von einer Volkskrankheit: «Bei den Jungen hat sich die Zahl der Fälle in nur zehn Jahren verdoppelt.» Sieben von zehn IV-Renten erfolgen bei Jungen inzwischen wegen psychischer Leiden.
Negativ zu Buche schlägt die Tatsache, dass zwar über psychische Erkrankungen in der Generation Z offener als früher gesprochen wird, sozusagen im Gegenzug aber die Ursachenforschung geradezu tabuisiert wird. Schon gar nicht darf die ketzerische Frage gestellt werden, ob allenfalls ein Zusammenhang mit der offenkundigen, aus ideologischen Gründen teils aktiv betriebenen Auflösung der traditionellen Familienformen bestehen könnte.
Beim leidigen Thema Vereinbarkeit von Karriere bzw. Familie wird geklagt: «Man opfert die Freiheit, die Unabhängigkeit und je nachdem, wo man arbeitet, auch die Karriere.» Dass gelingende Beziehungen ohne Verzicht nicht zu haben sind, dass ein auf ein «Wir», also auf Kinder ausgerichtetes Leben für einen selbst bereichernd und sinnerfüllend sein kann, scheint das Vorstellungsvermögen der Egotripper-Generation Z gänzlich zu überfordern.
Einfrieren von Eizellen gratis
Einen Ausweg aus diesem Dilemma hält Merck Healthcare parat – mit einem speziellen Angebot: «Merck setzt sich für eine gute Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf ein … bietet hybrides Arbeiten / Flex Working an – und gilt auch als Pionierin bei der Unterstützung von Mitarbeitenden bei einem Kinderwunsch. So haben alle (sic) Personen im Unternehmen, ungeachtet der sexuellen Orientierung, die Möglichkeit für das Einfrieren der Eizellen, wobei die Kosten vollumfänglich übernommen werden.» Ob dieses generöse Angebot für den männlichen Teil der Belegschaft ebenso gilt?
Ein Schelm, der argwöhnt, dass die Muttergesellschaft, der Pharma- und Chemiekonzern Merck KGaA, bei diesem Deal sozusagen am Ende der Lieferkette nicht leer ausgehen dürfte.
Und ja, beinahe ging es vergessen. Beim besprochenen Beitrag handelt es sich um einen im «Blick» publizierten, bezahlten Inhalt, vom «Ringier Brand Studio journalistisch aufbereitet entsprechend den Qualitätsanforderungen von Ringier». Dermassen journalistisch gut aufbereitet, dass er sich fast nicht von einem redaktionellen Beitrag unterscheidet.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Auch hier sehe ich das Problem des Glaubensabfall. Wenn man den Sinn der Arbeit nicht mehr versteht, wenn das die Kinder nicht mehr gelehrt wird, ja was soll man erwarten. Das Wort "Chillen" wird ja auch von den Eltern verwendet. Dass der Mensch von Gott aber zur Arbeit berufen wurde, steht schon in der Heiligen Schrift. ca. 26mal wird das «Nicht arbeiten wollen» als Sünde bezeichnet.
Alle gesellschaftlichen Probleme sind schlussendlich Folgen des Glaubensabfall, der bereits vor über 100 Jahren begonnen hat.