Teilnehmer des Podiums (v. l. Moderator Pirmin Müller, Pfr. Rudolf Nussbaumer, Clara Steinbrecher, Pfr. Thomas Widmer). Bild: Niklaus Herzog

Kirche Schweiz

«Der Glaube muss nicht ver­än­dert, son­dern ver­kün­det werden»

Am Sams­tag, 29. Okto­ber, lud die Zen­tral­schwei­zer Sek­tion von Pro Eccle­sia in Luzern zum Ein­kehr­tag mit dem Titel «Katho­lisch sein – durch Aus­strah­lung» ein.

Erwartungsvoll und frohgemut versammelte sich eine bunte Schar von rund 100 Personen im Pfarreizentrum der Hofkirche St. Leodegar in Luzern: angefangen vom unverwüstlichen Leserbriefschreiber bis zur Frau mittleren Alters, die – am nachkonziliaren liturgischen Kahlschlag irregeworden – in die Fänge des Sektenführers Paul Kuhn und seiner Dozwiler-Michaelsvereinigung geraten ist und jetzt wieder zur katholischen Kirche zurückgefunden hat.

Ernüchternde Bestandesaufnahme
Im Zentrum der Tagung stand die Podiumsdiskussion mit Clara Steinbrecher, Präsidentin von Maria 1.0, Thomas Widmer, Pfarradministrator der Herz Jesu-Pfarrei in Zürich-Oerlikon und ehemaliger Kaplan der Schweizergarde, sowie Ruedi Nussbaumer, Dekan und Pfarrer in Steinen SZ.

Zu Beginn der Diskussion galt es, eine Art Auslegeordnung der aktuellen Lage der Kirche vorzunehmen. Thomas Widmer ortete ein extrem säkularisiertes Umfeld, in welchem es zunehmend schwieriger wird, objektive Werte zu vermitteln. Es sei eine flächendeckende Tendenz vorherrschend, die alles, was mit Religion zu tun hat, in den privaten Bereich abdrängen wolle. Clara Steinbrecher bemängelte, dass weitherum elementares Glaubenswissen abhandengekommen sei: «Der katholische Glaube wird nicht schlecht, sondern überhaupt nicht mehr erklärt.» Ruedi Nussbaumer verwies seinerseits auf die Tatsache, dass im Religionsunterricht, insbesondere in der Vorbereitung auf die Erstkommunion und die Firmung, statt Glaubensvermittlung Öko-Themen wie Joghurt-Deckeli-Recycling angesagt seien. Und in den Pfarreien gäbe man sich eine Heidenmühe, noch vor der Nachbarpfarrei das Zertifikat für den «Grünen Güggel» zu bekommen.

Wie kann diese Glaubenswüste wieder zur blühenden Landschaft verwandelt werden? Clara Steinbrecher hielt fest: «Die Jungen haben tiefes Verlangen nach Orientierung, nach Sinnstiftung. Alle Menschen, vor allem aber Jugendliche, brauchen eine ihre Talente fordernde und fördernde, ihren existenziellen Erwartungen gerecht werdende Herausforderung. Sie spüren genau, ob ein Religionslehrer den eigenen Glauben ernst nimmt oder nicht. Um überzeugen zu können, muss man zuerst einmal selbst überzeugt sein. Ein authentisches Bekenntnis des eigenen Glaubens auch und gerade in der Öffentlichkeit ist gefordert. Ohne aufdringlich zu sein, aber auch ohne Komplexe bezeuge ich meine Überzeugung. So mache ich beispielsweise vor jedem Essen in der Universitätsmensa das Kreuzeichen.» Ruedi Nussbaumer sekundierte: «Der Glaube will in Gemeinschaft öffentlich gefeiert werden. Ich habe auch keine Hemmungen, mich mit dem Psalter im Hosensack an den Stammtisch der Dorfbeiz zu setzen, mitten ins pralle Leben. Mein Motto lautet: Ein fröhliches Gottvertrauen leben.» Thomas Widmer betonte, wie wichtig es sei, dass in einer individualistisch-atomisierten Welt wie der unseren wieder der Sinn für Zusammenhalt und Gemeinschaft geweckt und gelebt werde. Aber keine esoterisch angehauchte Wohlfühloase ist angesagt, die vom eisigen Wind des rücksichtslosen «Jeder für sich und alle gegen alle»-Zeitgeistes gleich wieder hinweggefegt wird, sondern eine in der Lehre der Kirche verwurzelte, alltagstaugliche Glaubenspraxis.

 

... für Wahrheit und Schönheit ...
Einen Schwerpunkt der Tagung bildete die 2019 gegründete Initiative Maria 1.0. Die Anwesenden konnten sich aus erster Hand, d .h. durch deren Präsidentin Clara Steinbrecher, Studentin der Mathematik und Psychologie an der Universität Eichstätt, über Selbstverständnis und Zielsetzung dieser Bewegung orientieren. Maria 1.0 nimmt dezidiert Stellung gegen die im ermüdenden Repetiermodus heruntergeleierte LGBT-Litanei von Maria 2.0. Letztere betreibt aggressiv die Demontage der katholischen Mariologie. Damit einher geht die Forderung nach der Abschaffung des Zölibats, der Einführung des Frauenpriestertums sowie der feministischen Umpolung der katholischen Sexualmoral. «Vom synodalen Prozess, wie er sich zurzeit in Deutschland abspielt, fühlen wir uns komplett ausgegrenzt, wir kommen darin gar nicht vor», konstatierte Clara Steinbrecher. Demgegenüber bekennt sich Maria 1.0 zur überlieferten Lehre der katholischen Kirche. «Wir wollen die Wahrheit und Schönheit des katholischen Glaubens zur Darstellung und Geltung bringen. Durch ein Gebets- und Informations-Apostolat möchten wir den Diskurs rund um den zukünftigen Weg der Kirche mitgestalten und damit einen substanziellen Beitrag zu der von Papst Franziskus geforderten Neu-Evangelisierung leisten. Mit der breit gestreuten Postkarten-Aktion ‘Danke – Priester’ wollen wir zudem den unter Generalverdacht gestellten Priestern unsere Solidarität und Unterstützung bekunden.» Clara Steinbrecher schloss ihre Ausführungen mit den Worten «Der Glaube muss nicht verändert, sondern verkündet werden»: Ein Appell, dem sich die Anwesenden vorbehaltlos anschliessen konnten.

Postcast der Podiumsdiskussion zum Nachhören (zur Verfügung gestellt von Radio Gloria)


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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  • user
    Aurelius Gastmann 02.11.2022 um 13:22
    Viel wichtiger :
    Der Glaube muss gelebt und damit erfahrbar gemacht werden.
    Mit Verkündigung nach dem Motto: "So ist es!" wird das nicht funktionieren, insbesondere nicht bei jungen Leuten. Das wird jeder Lehrer bestätigen können.