Leere Krippe in der Pfarrkirche von Unteriberg SZ. (Bild: Roland Graf/swiss-cath.ch)

Neuevangelisierung

Dia­log vor der lee­ren Krippe

Bei der Vor­be­rei­tung auf Weih­nach­ten ist es beim Her­rich­ten der Kir­che manch­mal so, dass die Krippe zwar schon auf­ge­baut ist, die Figu­ren aber noch feh­len. Ich erin­nere mich an einen Dia­log mit einem Kind im Kin­der­gar­ten­al­ter nach einer Haupt­probe für ein Krip­pen­spiel vor der lee­ren Krippe in der Kirche.

Kind: «Warum sind noch keine Figuren im Stall?»
«Weihnachten ist erst am Heiligen Abend, dann kommen erst die Figuren hinein.»
Kind: «Aber die Schäfchen hätte man doch schon in den Stall stellen können.»
«Das stimmt», erwiderte ich. «Die könnte man tatsächlich schon hineinstellen.»
«Das wichtigste sind», so das Kind weiter, «ohnehin die Schäfchen!»
«Ach so», antworte ich. «Und was ist denn mit dem Christkind?»
Kind: «Zuerst kommt das Christkind und dann kommen die Schäfchen.»
«Und was ist denn mit Maria und Josef?»
Kind: «Zuerst kommt das Christkind, dann kommen Maria und Josef und dann sofort die Schäfchen.»
«Und was ist mit den Hirten?»
Kind: «Zuerst kommt das Christkind, dann Maria und Josef, dann die Hirten und dann sofort die Schäfchen.»

Ich habe es dann bleiben lassen weiterzufragen: «Was ist mit den heiligen Engeln?», «Was mit den Drei Königen?»

Beeindruckend ist: Das Kind war sofort bereit, die Prioritäten neu zu setzen und die überaus geliebten Schäfchen zurückzustellen. Wir Erwachsene müssen uns auch immer wieder vor Augen halten, was uns das Wichtigste ist. Ist es wirklich Christus, der die Mitte in meinem Leben einnimmt? Steht er an erster Stelle? Gut, in der Christmesse gerade schon, aber auch das Jahr über?
Christus ist Mensch geworden, um uns zu erlösen. Die Krippe in Bethlehem war vor über 2000 Jahren höchstens eine Randerscheinung. Nur weil Christus der Sohn Gottes ist, weil er das Evangelium verkündet und uns erlöst hat, ist die Krippe in den Mittelpunkt gerückt, wie wir sie an Weihnachten vor uns haben.

Aber kommen wir noch einmal zurück zum Anfang des Dialoges mit dem Kind. Es ist klar: Die Schafe waren die Lieblingstiere dieses Kindes. Den Evangelien können wir entnehmen, dass Jesus eine Bildersprache verwendet hat. Er hat vom guten Hirten und von den Schafen gesprochen. Und noch etwas: Schauen wir über die Krippe hinaus weiter in die Zukunft und denken wir daran, was Jesus für uns vollbracht hat. Er hat sich hingegeben wie ein unschuldiges Lamm, wenn es geschlachtet wird. Das ist ein Bild, das uns zunächst traurig macht, aber wenn wir begreifen, was Jesus für die Menschheit dadurch bewirkt hat, ist es ein Grund zur Dankbarkeit und eine tiefe innere Freude. Denken wir auch daran, dass bei der heiligen Eucharistie nach der heiligen Wandlung der Leib Christi gezeigt und dazu gesagt wird: «Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt.» Ja, Christus ist in die Welt gekommen, in sie hineingeboren worden, um uns zu erlösen. Er ist wirklich das Lamm Gottes.

 


Roland Graf
swiss-cath.ch

E-Mail

Dr. Roland Graf ist Pfarrer in Unteriberg und Studen (SZ). Er hat an der Universität Augsburg in Moraltheologie promoviert und war vor seinem Theologiestudium als Chemiker HTL tätig.


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  • user
    Don Michael Gurtner 24.12.2022 um 14:19
    Eine schöne Begebenheit die aufzeigt, welche unsere Haltung sein - oder vielleicht auch wieder werden muß.
    Kinder sind uns in religiösen Dingen oft weit voraus, wir sind da oft selbst etwas zurückgefallen und zurückgeblieben... Solch eine Haltung ist vermutlich der Grund, weshalb uns Jesus gerade den Glauben der Kinder vor Augen stellt.

    Das Peinliche ist nur: ausgerechnet in der Kirche haben wir Jesus aus dem Zentrum verloren. Schon lange.