Er verstand die Kirche synodal als demokratische «Ratsversammlung» (Concilium). Der Begriff in Klammer bildete die Vorlage für die gleichnamige Zeitschrift. Darauf antworteten konservativere Theologen mit der Zeitschrift «Communio», welche die Kirche nicht demokratisch von unten als soziologisches Gebilde (Ratsversammlung/Concilium) verstand, sondern sakramental (von oben) von der Heilogem Eucharistie her als hierarchisch geordnete Communio von Ungleichen, aber gleich Würdigen.
Allein aufgrund dieser Erinnerungen kann man leicht ersehen, wie wenig neu der Gedanke egalitärer Verhältnisse zwischen Laien und Klerikern in synodalen Versammlungen und Räten (deliberative Mitbestimmung) ist. Wie schon bei Luther wird diese Form der Synodalität mit der Taufe begründet. Sie gilt höher als die Weihe. Dadurch aber wird die Sache nicht besser, denn die Dekonstruktion des sakralen Weihepriestertums schreitet damit ungebremst voran. Ohne Priester aber wird es keine Kirche geben. Bis zu seinem Verschwinden in bestimmten Weltregionen wird der Priester zwischenzeitlich zum (blossen) Vorsteher einer liturgischen Versammlung herabgestuft und zum Moderator von Seelsorgeteams oder zum Koordinator von Räten, Kommissionen und Gruppen gemacht. Vielerorts hat er auch diese Aufgaben bereits delegiert. Gleichzeitig springen Laien auf die von ihm geräumten Plätze, statt ihren Platz in der Gesellschaft einzunehmen. Sie segnen Gräber, während Priester und Bischof andächtig und untätig danebenstehen. Der klerikalisierte Laie, der aufgrund seiner theologischen Expertise nicht mehr als Laie, sondern als Seelsorger bezeichnet werden will, übernimmt ohne Weihe die Aufgaben, die der Priester aufgrund der Weihe ausübt, eine Entwicklung, die bereits Ende der 70er-Jahre absehbar war, als man den Beruf des Pastoralassistenten eingeführt hat.
Damit verbunden ist eine fortschreitende Entsakralisierung der Heiligen Messe zum «Gruppenerlebnis» und «Themengottesdienst». Das sogenannte Messopfer ist zum Fremdwort geworden, denn es setzt einen geweihten Priester voraus, der es darbringen kann. Stattdessen haben wir weitverbreitete Wortliturgien von hauptamtlichen Laien mit Kommunionspendung, die keine Weihe voraussetzen, nur einen unsichtbaren Priester, der vorgängig die Hostien konsekriert hat. Aufgrund der genannten Gründe gibt es immer weniger Priester. Die Marginalisierung des Priesters schreitet voran, so sehr, dass man auf dem synodalen Weg in Deutschland seine Notwendigkeit ernsthaft in Frage gestellt hat.
Das führt uns zum zweiten Punkt: Hans Urs von Balthasar schrieb schon in den 70er-Jahren: «Wenn heute diese fruchtbare Spannung erlahmt [zwischen marianischem und petrinischem Element], weil die Mariologie ihrer Stellung beraubt wird, und wenn die Frau im Zuge der Demokratisierung der Kirche in die hierarchischen Ämter hineindrängt, so wird sie damit nur aus dem Regen in die Traufe geraten. Die nachkonziliare Kirche hat ihre mystischen Züge weitgehend eingebüsst; sie ist eine Kirche der permanenten Gespräche, Organisationen, Beiräte, Kongresse, Synoden, Kommissionen, Akademien, Parteien, Pressionsgruppen, Funktionen, Strukturen und Umstrukturierungen, soziologischen Experimente, Statistiken: Mehr als je eine Männer-Kirche, es sei denn ein geschlechtsloses Gebilde, in dem die Frau ihren Platz so weit erobern wird, als sie bereit ist, selber ein solches zu werden.»[1]
Wie Recht er hat! Das ist deshalb so, weil die Frau sich bürokratisieren lässt, um innerhalb der Hierarchie der Kirche bis zu vatikanischen Spitzenämtern das zu tun, was vorher ein Kleriker (Bischof/Priester) getan hat. Damit wird sie im Sinne Balthasars geschlechtslos und zur Funktionärin – wenig mystisch aber glücklich – an der Macht des Mannes in der Kirche teilzuhaben. Die Kirche wird dadurch nicht femininer, auch nicht dienender. Für eine feminine Kirche müsste die Frau in ihr anders leben als der Mann, mystischer, ohne nach den bisher von einem Priester ausgeübten Aufgaben bzw. Funktionen zu streben. Dasselbe gilt auch für den (hauptamtlichen) Laien, der ohne Weihe alles wie der Priester tun und sein will. Auch er verliert sein eigenes Charisma und verfehlt seinen Stand.
Nun trifft man also die Frau auf allen hierarchischen Ebenen der Macht (in unserem Kontext die falsche Kategorie), im Sinne Balthasars ein Vorgang der Selbstentfremdung der Frau und der Kirche in einem. In der Tat hängt beides zusammen. Man staunt, wie blind alle Beteiligten sind. In den Ordinariaten beispielsweise gibt es nun die Kanzlerin und alle meinen, es gehe damit mit der Kirche und der Frauenfrage voran. Wir warten auf die Diakoninnen, gegenüber der Mehrheit der Frauen in der Kirche eine potenzielle, für die Stellung der Frau in der Kirche nicht wirklich relevante, absehbar kleine Gruppe. Aber noch sind wir nicht so weit. Ich für meinen Teil glaube sogar, dass es sie nie geben wird, aber vielleicht eine Art ungeweihte, benedizierte «Diakonisse», die priesterliche Funktionen oder Aufgaben übertragen bekommt, ohne Priesterin bzw. geweihte Diakonin zu sein, ähnlich den Weihrauchspenderinnen im neuen Maya-Ritus.
Symbolisch gesprochen wird der Turm von Pisa nicht mehr gerade. Es liegt an seinen Fundamenten. Mit anderen Worten: Wir haben seit 60 Jahren den falschen Ansatz, den strukturellen.
Gastkommentare spiegeln die Auffassungen ihrer Autorinnen und Autoren wider.
[1] Hans Urs von Balthasar, Klarstellungen, Einsiedeln 2008, 5. Auflage, S. 70.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Wenn bei der Austeilung der Kommunion die Worte «Brot des Lebens» anstelle von «Der Leib Christi» gesprochen wird oder wenn die Assistentin bei den Segensworten noch klammheimlich «Im Namen der Mutter, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes ….» einfädeln. Hinzu kommt oft die generelle Abneigung gegenüber den Priestern, weshalb diese auch nicht zur Eucharistiefeier eingeladen werden.
Meiner Meinung nach sollte der Bischof dort durchgreifen, wo sich die (pastoralen) Angestellten solche Mätzchen leisten. Sie sind vor ein Ultimatum zu stellen bzw. zu entlassen. Es spielt für den Glauben der Kirche und der Menschen, die Gott suchen ja keine Rolle, ob ein Wortgottesdienst am Sonntag, oft mit knappen 20 Personen durchgeführt wird oder ob dieser Gottesdienst von Laien aus der Gemeinde gefeiert wird, welche sich vielleicht auch noch um die Jugend und die Alten kümmern, was die (pastoral) Angestellten oft vernachlässigen. Wenn man diese schlechten Zwischenlösungen mit Gemeindeleiter und Pastoralassistenten usw. fallen lässt, kann sich etwas anderes, etwas Kreatives aus dem Kirchenvolk entwickeln, bis wieder genügend Priester verfügbar sind. Natürlich müssen die echten Laien vom Bischof unterstützt werden, sei es mit Ideen und Beispielen über das Netz oder an Zusammenkünften und Kursen. Dafür gibt es gute Bespiele, vor allem aus der Vergangenheit und dem Ausland. Die Lösung mit (pastoral) Angestellten führt in eine Sackgasse, aus welcher es dann kaum ein Entrinnen mehr geben wird und die nur wegen den vorhanden finanziellen Mitteln möglich und bequem ist. Könnte man dieses Konzept nicht wenigstens testen?
Sollten sich mal all die "Frauenweihen"-Befürworter mal anschauen.
So muss sich die Frau bürokratisieren lassen um innerhalb der Hierarchie der Kirche bis zu vatikanischen Spitzenämtern das zu tun, was vorher ein Kleriker (Bischof/Priester) getan hat, um an der Macht des Mannes in der Kirche teilzuhaben.
Erst dann trifft man die Frau auf allen hierarchischen Ebenen der Macht (so Weihbischof em. Marian Eleganti) Was ich schon immer vermutet habe, Machterhalt ist einer der wichtigsten Gründe, um Frauen von allen Ämtern fern zu halten.
Nur Männer werden Priester, somit können nur Männer zum Bischof oder Kardinal aufsteigen. Der Weg zum Kardinal ist lange und steinig. Somit entscheiden später immer nur alte Männer, die in einer eigenen Blase gelebt haben, über die Zukunft und die Ausrichtung der kath. Kirche.