Victor Willi im Herbst 2021. (Bild: Schweizerische Kirchenzeitung SKZ)

Kirche Schweiz

Die «Stimme aus Rom»

Wie jetzt bekannt wurde, starb am 10. Dezem­ber der lang­jäh­rige Italien-​Korrespondent und Vati­kan­be­richt­er­stat­ter Vic­tor J. Willi mit 95 Jahren.

«Victor Willi berichtet aus Rom», so klang es jahrelang aus dem Radio. Von 1958 bis 1992 war der gebürtige Emser Victor Willi Italien-Korrespondent für Radio Beromünster (später Radio DRS). Daneben schrieb er für verschiedenste Zeitungen im deutschsprachigen Raum.

Wer Victor Willi traf, erlebte einen hellwachen Menschen. Aufgrund seines Alters liess ihn sein Kurzzeitgedächtnis manchmal im Stich, doch sein Langzeitgedächtnis funktionierte noch bestens. Er wusste Hunderte Episoden aus seinem Leben zu erzählen, mal amüsant, mal nachdenklich.

Schon als Student schrieb Willi regelmässig Artikel. So bewarb er sich beim Radio und wurde engagiert. Als Papst Pius XII. im Sterben lag, musste der damalige Italien-Korrespondent aus familiären Gründen zurück in die Schweiz und das Radio brauchte dringend einen neuen Korrespondenten. So erhielt der sprachgewandte Willi die Stelle. Kaum in Rom angekommen, hörte er die Zeitungsverkäufer schreien: «Il papa è morto!» Zum Glück mussten damals alle Telefonate angemeldet werden und während er wartete, hörte er im Radio, dass es eine Falschmeldung sei. So hatte er noch zwei Tage Zeit, um sich vorzubereiten, bevor der Papst starb.

Die Berichte gingen damals noch via Swissair nach Zürich – Internet gab es noch nicht. Seine Sendungen brachte Willi erst unmittelbar vor der Ausstrahlung zu Papier – während der Fahrt ins Studio! Er hatte immer ein Radio im Wagen und schrieb an jeder roten Ampel in Steno auf, was er gerade gehört hatte; so waren seine Sendungen immer topaktuell.

Durch sein Studium der Staatswissenschaft in Fribourg hatte er gute Kontakte nach Rom, die ihm öfters Türen öffnete, die anderen verschlossen blieben. Hier kam ihm auch noch ein Zufall zu Hilfe: Seine Schwester studierte in Rom und durch sie und ihre Freundin wurde er in deren Freundeskreis aufgenommen. Das hätte besser funktioniert als die Mafia, erzählte er einmal lachend. Von allen wichtigen Berufen war jemand im Freundeskreis und so erhielt er Informationen und Unterstützung.

In seiner Zeit als Italien-Korrespondent erlebte Willi fünf Päpste. Als nach dem plötzlichen Tod von Johannes Paul I. Gerüchte aufkamen und David A. Yallops in seinem Buch «Im Namen Gottes?» über angebliche Intrigen im Vatikan berichtete, reagierte Willi mit einem eigenen Buch.

Durch Papst Johannes XXIII war das Interesse an Rom erwacht, doch die wenigsten Zeitungen hatten einen eigenen Korrespondenten, so schrieb Willi für viele Zeitungen in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Er sei bemüht gewesen, pro-katholisch zu schreiben, aber auch kritisch, resümierte Willi.

Victor Willi berichtete aber nicht nur aus Rom: Für zahlreiche Zeitungen bereiste er 78 Länder und war Sonderkorrespondent auf fünf Kontinenten.

 

Die Abdankung findet am 23. Dezember um 11 Uhr in der kath. Kirche S. Gions in Disentis statt.


Redaktion


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Sei der Erste, der kommentiert