Nach dem Ersten Kreuzzug war Jerusalem in christlicher Hand. In der Folge kamen viele Pilger, aber auch Abenteurer nach Jerusalem, was jedoch immer noch ein gefährliches Unterfangen war. Die Pilger besuchten nicht nur das Heilige Grab in Jerusalem, sondern auch andere heilige Stätten in der Umgebung. Als Pilger waren sie nur mit Pilgerstab und Pilgertasche unterwegs, hatten also keine Waffen, um sich gegen Räuber zu wehren. Um das Jahr 1119 beschloss eine Gruppe von Rittern, die grösstenteils Franzosen aus der Region Champagne waren, einen «Strassenrettungsdienst» zu gründen, um so die Pilger rund um Jerusalem zu beschützen. So legten neun Ritter, darunter vermutlich Hugo von Payns und Gottfried von Saint-Omer, vor dem Patriarchen von Jerusalem die Ordensgelübde Armut, Gehorsam und Ehelosigkeit ab. Darüber hinaus verpflichteten sie sich speziell zum Schutz der Pilger. Der damalige König von Jerusalem, Balduin II., überliess dem neuen Orden einen Flügel der heutigen «al-Aqsa-Moschee», die er als Palast benutzt hatte. Von daher kommt der ursprüngliche Namen der Tempelritter: «Pauperes commilitones Christi templique Salomonici Hierosolymitanis» (Arme Ritter Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem). Der Ritterorden verband als erster die Ideale des Rittertums mit jenen des Mönchtums.
In ihrer Gründungsphase waren die Ritter an einem weissen Mantel über einem braunen oder schwarzen Habit zu erkennen. Später wurde der Mantel durch ein rotes Kreuz auf der linken Schulter ergänzt.

Die Templerburg (Castillo de los Templarios) in Ponferrada (Spanien) aus dem 12./13. Jahrhundert diente auch dem Schutz der Jakobspilger. (Bild: Dietmar_Gikjohann, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)
Die Tempelritter – eine Ordensgeschichte, die jeden Krimi alt aussehen lässt
Um kaum einen anderen Orden haben sich so viele Legenden und Verschwörungstheorien gebildet wie um den Templerorden. Ursprünglich in Jerusalem von Rittern gegründet, um Pilger zu schützen, kam der Orden zu grossem Reichtum und wurde schliesslich das Opfer eines Justizskandals.
Einstieg ins Finanzwesen
Auf dem Konzil von Troyes 1129 wurde die definitive Ordensregel verfasst und der Orden erhielt die kirchliche Anerkennung. Zehn Jahre später bestätigte Papst Innozenz II. mit der Bulle «Omne datum optimum» den Ritteroden, zugleich stellte er ihn unter päpstlichen Schutz. Dem Orden – der selbst von der Steuer befreit war – wurde das Recht zur Erhebung von Steuern eingeräumt. Dadurch wurde der Orden faktisch ein Staat im Staat.
Durch diese Privilegien wie auch durch das Vermögen, das neue Mitglieder in den Orden brachten, sowie Spenden kam der Orden zu Reichtum. Er besass schnell zahlreiche Niederlassungen in Europa, durch deren Einkünfte einerseits die Pilger im Heiligen Land unterstützt wurden, andererseits die militärischen Unternehmungen der Tempelritter. Der Orden besass Ländereien in Deutschland, England, Frankreich, Irland, Italien, Portugal, Spanien, Ungarn und Zypern. In der heutigen Schweiz gab es zwei Komtureien[1] (Niederlassungen): die Komturei von La Chaux (Cossonay) und jene von Genf (Quartier de Rive). Insgesamt verwalteten rund 15 000 Ordensmitglieder 9000 Besitzungen in ganz Europa.
Der Orden galt als vertrauenswürdig und hatte ein weitverzweigtes Netzwerk an Komtureien. Dies erwies sich als gute Voraussetzung für Finanzgeschäfte; heute würden wir für den Orden vermutlich die Bezeichnung «Vermögensverwaltung» verwenden. Wenn ein Adliger sich den Kreuzzügen anschliessen wollte, konnte das eine jahrelange Abwesenheit bedeuten. Einige von ihnen übergaben ihr Vermögen und ihre Geschäfte der Kontrolle der Templer, um es bis zu ihrer Rückkehr zu sichern. Auch Pilger konnten in einer Komturei in ihrem Heimatland ihr Vermögen hinterlegen. Sie erhielten dafür eine «Quittung». Mit dieser konnten sie während ihrer Reise in anderen Komtureien Geld von ihrem Konto «abheben». So waren die Pilger geschützt, da sie keine Wertsachen mit sich führten; diese Quittungen waren quasi ein Vorläufer der späteren Reiseschecks.
Offiziell erlaubte die Kirche Geldverleih gegen Zinsen nicht, doch sie drückte hier ein Auge zu. Ausserdem nutzte der Orden gewisse Schlupflöcher, indem er z. B. von «Pacht» statt von Zins sprach.
Die Macht und der Einfluss des Tempelordens sollen an einem Beispiel aufgezeigt werden: Als dem französischen König Louis IX. während des Siebten Kreuzzugs das Geld ausging, halfen die Templer, seine Armeen zu versorgen und Schiffe zu leihen, um die Kreuzfahrer nach Ägypten zu transportieren. Während des Kreuzzugs wurde der König aber gefangen genommen. Der Tempelorden bezahlte den letzten Teil des Lösegelds, den sie innerhalb von nur einem Tag in bar von den Geldvorräten auf ihren Schiffen zusammen bekamen.[2]
Ohne Aufgabe – der Beginn der Auflösung des Ordens
Nach dem Fall der Stadt Akkon, der letzten Hauptstadt der christlichen Kreuzfahrerstaaten, zogen sich die Tempelritter nach Zypern zurück. Der Tempelorden war zu einem Orden ohne klare Zielsetzung geworden, der aber über eine grosse Finanzkraft verfügte. Das Misstrauen gegen den Orden, das bereits aufgrund seines Erfolges bestanden hatte, wuchs. Verschiedene Adlige hatten auch Angst vor einer unabhängigen Armee, die sich frei über alle Grenzen hinweg bewegen konnte.
Verschiedene weitere Gründe führten zur Auflösung des Ordens:
Der französische König Philipp IV. war (bei den Templern) hoch verschuldet. Mehrere seiner Ratgeber empfahlen ihm, nach dem Fall der Kreuzfahrerstaaten einen neuen Kreuzzug zu unternehmen; das nötige Geld dafür sollte er beschaffen, indem er den Templerorden vernichtete und ihr Vermögen beschlagnahmte. Einige Historiker vermuten, dass auch die Tatsache, dass der Orden den Antrag des Königs auf Mitgliedschaft abgelehnt hatte, zu seinem Hass gegenüber dem Orden beitrug.
Es ging auch um einen Machtstreit zwischen dem französischen König und dem Papst. Papst Bonifaz VIII. hatte 1302 in der päpstlichen Bulle «Unam Sanctam» den Vorrang der päpstlichen Macht über die weltliche Macht der Könige bekräftigt. Der französische König beantragte darauf ein Konzil, um den Papst zu entmachten. Er sah sich selbst als oberster Verteidiger des katholischen Glaubens.
Schliesslich geben einige Historiker dem Grossmeister des Ordens, Jacques de Molay, eine Mitschuld am Untergang des Ordens: Papst Clemens V. wünschte sich für einen neuen Kreuzzug einen Zusammenschluss des Tempelordens und des Johanniterordens und liess Jacques de Molay 1306 einen entsprechenden Brief zukommen. Der Grossmeister lehnte den Vorschlag ab.
Systematische Zerstörung
Am 14. September 1307 stellte Philipp IV. einen Haftbefehl aus, wonach alle Templer ohne Ausnahme zu verhaften und dem Urteil der Kirche zuzuführen sein; weiter seien ihre Besitztümer und die bewegliche Habe zu beschlagnahmen. Dieser Haftbefehl wurde in versiegelten Briefen an alle zuständigen Behörden in Frankreich geschickt mit der Auflage, diese erst am 13. Oktober 1307 zu öffnen. So wollte man verhindern, dass sich die Brüder untereinander warnen konnten. Tatsächlich wurden die Templer durch diese Aktion überrascht; offiziell entkamen nur zwölf Tempelritter ihrer Verhaftung.
Als Gründe für die Verhaftung wurden Häresie, Sodomie und Götzendienst genannt. Dabei wurde Alltägliches skandalisiert, so wurde z. B. aus dem Friedenskuss ein sexuelles Fehlverhalten konstruiert.
Die Untersuchung der Inquisition dauerte von 1307 bis 1312. Viele Tempelritter wurden dabei gefoltert, so auch der Grossmeister Jacques de Molay. Dieser gestand unter Folter, widerrief aber kurze Zeit später sein Geständnis.
Mit der Bulle «Pastorlais praeminentie» vom 22. November 1307 forderte Papst Clemens V. alle weltlichen Herrscher dazu auf, die Templer in ihrem Gebiet zu verhaften und deren Güter unter die Verwaltung der Kirche zu stellen.
Am 16. Oktober 1311 eröffnete Clemens V. das Konzil von Vienne. Dieses entschied, dass die Tempelritter der ihnen vorgeworfenen Häresie und Blasphemie nicht überführt worden seien. Papst Clemens V. jedoch löste den Templerorden am 22. März 1312 durch die Bulle «Vox in excelso» auf; er war der Meinung, dass dies nur schon aufgrund des schlechten Rufs des Ordens unabdingbar sei. Das Vermögen des Ordens wurde am 2. Mai 1312 durch die Bulle «Ad providam» dem Johanniterorden übertragen. Davon ausgenommen waren die Besitzungen in Spanien und Portugal (siehe weiter unten).
Durch «Considerantes dudum» vom 6. Mai 1312 wurde entschieden, dass alle Mitglieder, die gestanden hatten oder für unschuldig erklärt worden waren, eine Rente erhalten sollten und in einem Kloster oder einem anderen Ritterorden leben können, während alle, die geleugnet oder ihre Aussage widerrufen hatten, die Todesstrafe zu erwarten hatten. Dieses Schicksal erlitten der Grossmeister des Ordens, Jacques de Molay und Geoffroy de Charnay: Da sie ihr Geständnis widerrufen hatten, wurden sie am 18. März 1314 in Paris verbrannt.
In den verschiedenen Ländern Europas wurden die Mitglieder des Templerordens unterschiedlich behandelt. Viele wurden verhaftet, aber freigesprochen. Nur wenige Todesurteile wurden gefällt.
Der französische König Philipp IV. beschlagnahmte eine grosse Summe des Tempelordens als Entschädigung für die «Kosten» des Verfahrens gegen die Templer. In England behielten die Krone und der Adel einen grossen Teil der Gebiete bis 1338; auch in vielen anderen Gebieten Europas wurde das Land nie an die Johanniter übergeben, sondern von Regenten und Adligen übernommen, um den Einfluss der Kirche und ihrer Orden zu verringern.
König Dinis (Dionysius) von Portugal und Jakob II. von Aragonien gaben an, dass auf die Tempelritter in ihren Gebieten die Vorwürfe der Häresie oder Unmoral nicht zutreffen würden. Dies hatte auch damit zu tun, dass die Tempelritter für den Erfolg der Reconquista in Aragonien und Portugal von entscheidender Bedeutung waren. In Portugal ging das Vermögen der Templer an den neu gegründeten «Orden der Ritter unseres Herrn Jesus Christus» über.[3] In Spanien wurde der Ritterorden «Orden von Montesa» gegründet, der ebenfalls die Güter des Templerordens erhielt.[4] In beiden Ritterorden fanden viele der geflüchteten Tempelritter Zuflucht.
Neue «Templerorden»
1705 wurde in Frankreich der «Ordre du Temple» als Laienritterorden gegründet. Dieser existiert heute noch, wenn auch durch verschiedene Ereignisse in mehrere Orden aufgespalten.
Der internationale «Ordo Supremus Militaris Templi Hierosolymitani» vertritt die These, der letzte Grossmeister Jacques de Molay habe kurz vor seinem Tod Jean-Marc Larmenius zu seinem Nachfolger ernannt und die Templer hätten so im Geheimen weiterexistiert. Philipp von Bourbon, der dem 1705 neu gegründeten Orden vorstand, sei somit in Wirklichkeit der 44. Grossmeister gewesen.
Alle «Nachfolge-Organisationen» des Templerordens werden von der Katholischen Kirche nicht anerkannt.
[1] Zu den Aufgaben der Komturei zählte in erster Linie die Bewirtschaftung ihrer Güter. Doch ihr oblag auch die Beherbergung von Pilgern oder die Unterstützung von Armen.
[2] www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2017/12/aufstieg-und-fall-der-templer-der-mythos-der-nicht-sterben-will
[3] Der Orden wurde 1834 aufgelöst und in einen staatlichen Verdienstorden für besondere militärische und zivile Leistungen umgewandelt.
[4] Auch dieser Orden ist heute ein weltlicher Verdienstorden.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Auch nach 40 Jahren Beschäftigung mit den geistlichen Ritterorden der Johanniter, Malteser, Lazariter, Deutschritter und Templern kann ich Rosmarie Schärer zu diesem sorgfältig recherchierten Artikel nur beglückwünschen. Zu ergänzen bleibt, dass sowohl die Schweiz wie auch das Elsass und das alte Land Baden einschliesslich Württemberg Hochburgen der Ritterorden waren. Dies hat unter anderen der bedeutende Schweizer Dokumentarfilmer Erich Langjahr voriges Jahr mit dem Dokumentarfilm "Paracelsus ein Landschaftsessay" dokumentiert u.a. mit der Johanniterhochburg Bubikon, den ehemaligen Lazariterheimstätten Gfenn bei Dübendorf und Seedorf im Kanton Uri, zumal aber mit dem ehemaligen Johanniterhauptort Heitersheim zwischen Basel und Freiburg, mit noch Schlatt dort ganz in der Nähe, wo man einen der europaweit einzig verbliebenen Templergrabstein mit Sonnenzeichen filmen kann, ein Kulturdokument von einzigartigem Rang. Was den Hinweis von Frau Schärer betr. Sodomie betrifft, so ist hierbei hinzuzufügen, dass man darunter im Mittelalter hauptsächlich Homosexualität verstand, was es bei kultischen Männergemeinschaften schon immer gegeben hat, so wie leider auch pädophile Übergriffe, am schlimmsten z.B. durch Gil de Rais, einen Weggefährten der Jeanne d'Arc, der dann hingerichtet wurde. Im Zusammenhang mit den Templern dürfte es jedoch ein Vorwand zu deren Unterdrückung und Ausrottung gewesen sein. Über alles gesehen waren die Ritterorden zum Beispiel eine Hochburg in der Entwicklung des christlichen Caritas-Gedankens, was übrigens im Zusammenhang mit Paracelsus seit Jahrzehnten ein Hauptgegenstand meiner Forschungen ist. Über allen Schattenseiten der Geschichte gilt es das Licht nicht zu übersehen. In diesem Sinn bleibt Romarie Schärer und Swiss-Cath für diesen Artikel zu gratulieren.