Neuerscheinungen

Die Viel­falt der Lit­ur­gie entdecken

Als Papst Bene­dikt 2007 mit «Sum­mo­rum Pon­ti­fi­cum» die Messe in der über­lie­fer­ten Form des römi­schen Ritus zur «aus­ser­or­dent­li­chen Form des römi­schen Ritus» erklärte, war die Freude bei den Anhän­gern der «Alten Messe» gross. Mit «Tra­di­tio­nis cus­to­des» setzte Papst Fran­zis­kus am 16. Juli 2021 die meis­ten Neue­run­gen wie­der aus. Mit dem «Reskript» vom 21. Februar 2023 zog er die Schlinge noch enger. Dass ein «Neben­ein­an­der» im Sinne der lit­ur­gi­schen Viel­falt mög­lich ist, zeigt das Buch «Schatz geor­tet – Form & Wesen der Hl. Messe», her­aus­ge­ge­ben von Bär­bel Weidmann-​Dach.

Liturgie ist gelebter Glaube – aus diesem Grund sind Dozenten für Dogmatik oft gleichzeitig auch Dozenten für Liturgie. Damit Liturgie aber «selbsterklärend» sein kann, darf sie gerade in ihrer Höchstform (Eucharistiefeier als Quelle und Höhepunkt unseres Glaubens SC 10) nicht einfach «abgespult» werden. Es gilt, nicht nur die liturgischen Vorschriften (im positiven Sinn) einzuhalten, sondern das Geschehen auch persönlich mit zu vollziehen: Die bei der Bischofsweihe von Josef Stübi am 26. Februar konzelebrierenden Bischöfe gaben diesbezüglich mehrheitlich kein gutes Beispiel ab.

Das Buch von Bärbel Weidmann-Dach hilft, dem Geheimnis der Liturgie auf die Spur zu kommen, den «Schatz» zu heben. Es ist mehr als eine einfache Darstellung des Ablaufs der Hl. Messe. Das Buch ist in vier Spalten eingeteilt:

In der ersten Spalte finden sich Texte zur Hl. Messe in der ordentlichen Form des römischen Ritus. Diese wurden vom Liturgiewissenschaftler Simon Dach verfasst. Er schreibt im Vorwort bezogen auf Mt 13,38 («Der den guten Samen sät, ist der Menschensohn; der Acker ist die Welt …»): Der Acker ist «die in der Tradition gewachsene Liturgie der Kirche. Die oberste Schicht zeigt den momentanen (!) Stand der Bearbeitung des Ackerlands, vom Hl. Geist angeregt und stets weitergeführt durch die menschliche Geschichte bis zum Zielpunkt in der himmlischen Liturgie. Unter dieser (ständig Wind und Wetter ausgesetzten) Schicht liegt der eigentliche Humusboden.» Beides müsse beim Graben und Umgraben berücksichtigt werden, damit eine gute neue Saat entstehe.

In der zweiten Spalte wird der Gottesdienst aus Sicht der Gottesdienstbesucher betrachtet. Angefangen von der Kirche als Gebäude bis zum Schlusssegen resp. bis zum Marienlied. Mit Erklärungen, Fragen und konkreten Vorschlägen wird den Gottesdienstbesuchern der «äusserliche» Ablauf verständlich gemacht.

In der dritten Spalte erklärt sie dann, was hinter der äusseren Form und Wesen steckt. Die Mutter von sechs Kindern lässt die Leserinnen und Leser am reichen Erfahrungsschatz ihres Glaubens teilhaben. Sie sei keine Professorin, erklärt sie, sie schreibe aber «mit Herz und gutem Willen». Deshalb soll man alles sorgfältig prüfen und das behalten, was Licht gibt. Zwischendurch kommt auch Pfr. i. R. Eckehard Edel zu Wort, der die Hl. Messe in beiden Formen feiert.

In der vierten Spalte vermittelt Pater Martin Ramm FSSP den Reichtum der Hl. Messe in der ausserordentlichen Form des römischen Ritus. «Ausgehend von ihrer äusseren Schönheit, soll der Sinn für die Wahrnehmung der in jeder Hinsicht ausserordentlichen inneren Schönheit der liturgischen Riten geweckt werden, damit die Gläubigen mit ihnen vertraut seien und in der heiligen Messe zu einer wahren und tiefinnerlichen ‹participatio› am Kreuzesopfer Christi gelangen.»

Ausgehend von der Kirche als Versammlungsort der Gläubigen über liturgische Zeichen und Handlungen wird der Ablauf der Hl. Messe Schritt für Schritt erklärt und vertieft. Dabei werden die Messe nach der ordentlichen und der ausserordentlichen Form des römischen Ritus unaufgeregt und ohne jegliche Polarisierung nebeneinandergestellt und so der Reichtum und die Schönheit beider Formen aufgezeigt.

«Das ‹Ankommen› – ein Wort aus dem Showgeschäft! – und die Attraktivität der Liturgie, ihre Kraft und Wirkung ergeben sich nicht aus ständigem Wechsel und oberflächlichen Neuheitserlebnissen, sondern vielmehr aus der vertieften Teilhabe am heiligen Geschehen der Liturgie, in der das Mysterium Christi gegenwärtig und wirksam wird», so Karl Braun, emeritierter Erzbischof von Bamberg in seinem Vorwort. Das Buch mit der Darstellung beider Formen des römischen Ritus hilft, zu dieser vertieften Teilhabe zu kommen.

Die Einteilung in vier Spalten mit unterschiedlichen Schriftarten ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig; ebenso die (nicht durchgehende) Zitierung der ersten fünf Bücher des Alten Testaments in der reformierten Weise. Auch ist die mitgelieferte «Schatzkarte» m. E. zu klein und zu unübersichtlich gestaltet. Die Materialfülle hingegen ist sehr gross, sodass das Buch auch als Nachschlagewerk dienen kann. Da es sich nicht um ein theologisches Buch im eigentlichen Sinn handelt, sind die Texte sicher für alle gut verständlich, wobei nicht jeder Gedanke jeden in gleicher Weise ansprechen wird.

 

Das Buch im aussergewöhnlichen A4-quer-Format und mit Spiralbindung umfasst 190 Seiten und 78 Farbabbildungen. Es erschien im August 2022 und hat bereits eine dritte Auflage. Es kann bei Radio Gloria, Postfach, 6280 Hochdorf für Fr. 22.00 inkl. Versand bestellt werden (info@radiogloria.ch)

Achtung: Die Bücher bei Radio Gloria sind ausverkauft. Bitte benutzen Sie diesen Link für eine Bestellung.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Bemerkungen :

  • user
    Martin Meier 09.03.2023 um 10:29
    Das rechte Buch zur rechten Zeit! Papst Benedikt XVI. hätte bestimmt Freude daran gehabt, denn sein Anliegen war es, die beiden Formen des römischen Ritus versöhnt und gleichberechtigt nebeneinander zu stellen. Leider wurde er - auf beiden Seiten - zum Teil missverstanden.