Kirchenfenster in der Marienkirche Oberstammheim ZH. (Bild: Niklaus Herzog/swiss-cath.ch)

Weltkirche

Die Wun­der von Lourdes

All­jähr­lich gedenkt die Kir­che am 11. Februar der ers­ten Mari­en­er­schei­nung in Lour­des. Mit zum ärzt­li­chen Team, das die Wun­der­hei­lun­gen auf ihre Authen­ti­zi­tät über­prüft, gehört auch der Schwei­zer Cor­nel Sie­ber, ärzt­li­cher Direk­tor am Kan­tons­spi­tal Winterthur.

Am 14. Februar 1858 erschien die Mutter Gottes dem 14-jährigen Hirtenmädchen Bernadette Soubirous erstmals in einer Grotte nahe von Lourdes, es sollten noch weiter Erscheinungen folgen, die letzte am 16. Juli 1858. Die Grotte war zu jener Zeit ein Ort, an welchem Müll verbrannt und Schweine gehütet wurden. Nach einer Vision legte Bernadette eine Quelle frei, aus der heilkräftiges Wasser zu fliessen begann. Die kirchlichen und vor allem weltlichen Behörden reagierten mit Argwohn und Ablehnung auf die Berichte des Hirtenmädchens.

Die kontinuierlich zunehmende Zahl von Kranken, die durch das «Lourdes-Wasser» Linderung oder Heilung erfahren hatten, führte zu einem Sinneswandel bei den kirchlichen Vorgesetzten. Die erste vom zuständigen Ortsbischof Bertrand-Sévère Laurence 1862 als Wunder anerkannte Heilung betraf Catherine Latapie, die nach dem Eintauchen ihres gelähmten Armes ins Quellwasser geheilt wurde. Die Kirche hat den Gedenktag an die erste Erscheinung der Gottesmutter auf den 11. Februar gelegt und ihn als sogenannten nicht gebotenen Feiertag in den Allgemeinen Römische Kalender aufgenommen.

Pfarrer Bernhard Schneider feierte in der Marienkirche Oberstammheim ZH in Anwesenheit von zahlreichen Gläubigen einen Gottesdienst zum Gedenktag unserer Lieben Frau von Lourdes – dem «Welttag der Kranken». Die während des Zweiten Weltkrieges ausschliesslich mit Spendengeldern erbaute Kirche ist insofern einzigartig, als jedes der Kirchenfenster auf je eines der sieben Sakramente Bezug nimmt.

Pfarrer Schneider spannte den Bogen des Linderung und Heilung spendenden Lourdes-Wassers zum Wasser der Taufe als Sakrament der Erlösung und Neuwerdung des Menschen durch Christus. Besonders hob er die Bedeutung des Beichtsakramentes hervor («die grossen Wunder geschehen im Verborgenen»), das zur Herzmitte von Lourdes gehört und zahllosen Menschen zum seelischen und körperlichen Heil geworden ist. Seine theologische Tour d’horizon schloss Pfarrer Schneider mit einem Exkurs zur Krankensalbung, sozusagen der «nervus rerum» des Wallfahrtsortes von Lourdes. «Ist jemand krank unter Euch, rufe er die Priester», steht unter Bezugnahme auf das Bibelwort im Jakobusbrief 4,14 auf einem Kirchenfenster der Marienkirche in Oberstammheim geschrieben.
 


Ein Schweizer ist Mitglied des ärztlichen Komitees
Von den über 7000 Heilungen, welche dem medizinischen Büro seit seiner Gründung gemeldet wurden, hat die Kirche bis heute 70 als Wunder anerkannt. Zum internationalen Ärzteteam, das die Berichte über Wunderheilungen auf ihre Authentizität überprüft, gehört seit zehn Jahren auch Cornel Sieber, ärztlicher Direktor des Kantonsspitals Winterthur. In einem Interview mit dem «Landboten» vom 6. Februar 2025 gibt er Auskunft über seine Tätigkeit im ärztlichen Komitee, die er in seiner Freizeit ehrenamtlich ausübt.

Für den ärztlichen Direktor Cornel Sieber ist klar, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die wir nicht erklären können. Wissenschaft und Glaube, nein, die beissen sich nicht. Im «Landbote»-Interview erläutert er die Arbeitsweise des Ärzteteams: «Lourdes ist ein Wallfahrtsort, der viele Pilger mit Beschwerden anzieht. Wenn jemand das Gefühl hat, er habe eine plötzliche Heilung erlebt, gibt es in Lourdes eine Stelle, wo die Person dies melden kann. Ein Arzt aus Neapel nimmt die Fälle auf und trifft eine erste Auswahl. Das Komitee kommt jedes Jahr im Herbst in Lourdes zusammen und bespricht die ‹Heilungen›, die ausgesucht worden sind. Dann entscheiden wir, welche wir näher untersuchen wollen, und teilen sie untereinander auf. Die Untersuchung dauert danach zwischen sechs und zehn Jahren.»

Die Hürden für eine Anhandnahme einer Meldung sind hoch: «Die Heilung muss unmittelbar und vollständig nach einem Besuch in Lourdes eintreten sowie nachhaltig sein. Wenn es einer Person danach langsam besser ging, zählt das nicht. Es muss eine Krankheit sein, die einen Namen hat und bereits in Lehrbüchern beschrieben ist. Sie muss chronisch und schwerwiegend sein. Bei Krebs darf der Patient ausserdem zuvor nicht behandelt worden sein. Psychische Krankheiten sind von unserer Analyse ausgeschlossen. Auch treffen wir die Patienten normalerweise nicht, weil uns das beeinflussen könnte.» Als Beispiel einer anerkannten Wunderheilung nennt Cornel Sieber den Fall einer Nonne, die mehrere Rückenoperationen hatte. Sie hatte Schienen, weil sie fast nicht laufen konnte, und eine Morphiumpumpe im Rücken. Nach Lourdes konnte sie schmerzfrei laufen.

Das Lied von Bernadette
Weltweites Echo löste der Roman «Das Lied von Bernadette» aus. Er verdankt sich einem Gelübde des berühmten österreichisch-jüdischen Schriftstellers Franz Werfel. Auf der Flucht vor den Nazi-Häschern hatte er im Sommer 1940 für mehrere Wochen Unterschlupf in Lourdes gefunden. In seiner Not gelobte er, «das Lied von Bernadette zu singen», wenn es ihm gelingen würde, die rettende Küste Amerikas zu erreichen. Tatsächlich schaffte er es, über die Pyrenäen seinen Verfolgern zu entkommen. In den USA angekommen löste Franz Werfel sein Versprechen ein. In nur fünf Monaten hatte er seinen Roman «Das Lied von Bernadette» geschrieben. Der Roman wurde verfilmt und von mehreren Fernsehstationen adaptiert.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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