Seit Jahrhunderten steht dieser Mann wie überflüssig herum. In vielen Darstellungen hält er eine Laterne in der Hand, auf dass er zu irgendetwas nütze sei.» So beginnt der Münchner Publizist Heribert Prantl einen Beitrag über den heiligen Josef in der «Süddeutschen Zeitung».
Nein, überflüssig ist der heilige Josef ganz bestimmt nicht! Er war kein Mann vieler Worte – tatsächlich ist in der Bibel kein einziges Wort von ihm überliefert –, aber verlässlich und ein Mann der Tat.
Der Evangelist Matthäus erwähnt Josef im Stammbaum Jesu als den Mann Marias: «Jakob zeugte den Josef, den Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus genannt wird» (Mt 1,16). Später hören wir, dass Jesus der Sohn des Zimmermanns war (Mt 13,55); Josef ging also anscheinend diesem Handwerk nach. Und damit hat es sich auch schon, was das Äusserliche betrifft.
Welche inneren Eigenschaften Josef hatte, zeigt sich eindrücklich, als er von der Schwangerschaft Mariens hört. Anstatt erzürnt darüber zu sein, dass seine Verlobte von einem anderen schwanger ist, und sie anzuzeigen, beschliesst Josef, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Er hält sich also nicht an die Vorschriften der Thora, sondern wählt die Barmherzigkeit. Aus diesem Grund bezeichnet ihn der Evangelist Matthäus als «gerecht» (Mt 1,19).
Erst nach dieser Entscheidung erfährt Josef vom Engel des Herrn im Traum, dass das Kind vom Heiligen Geist ist. Der Engel erklärt ihm: «Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen» (Mt 1,21). Hier zeigt sich die Grösse dieses Mannes: Er vertraut auf die Aussage des Engels – obwohl sie ihm genau so unwirklich erscheinen musste, wie sie uns heute erscheinen würde – und nimmt Maria zu sich, das heisst, er anerkennt sie als seine Frau.
Nach der Geburt des Kindes gibt Josef ihm den Namen, den Gott für ihn bestimmt hat. Durch die Namensgebung adoptiert Josef Jesus und macht ihn so zu seinem legitimen Sohn. Damit garantiert er gleichzeitig die im Stammbaum genannte davidische Abstammung.
Das Lukas-Evangelium erzählt, wie Josef mit Maria nach Bethlehem reist, um sich dort in die Steuerliste einschreiben zu lassen. Wie er dort nach einem Quartier sucht und sich nach der Geburt um Mutter und Kind sorgt, wie er die Anbetung Jesu durch die Hirten erlebt. Seine Gedanken sind uns nicht überliefert, doch wird auch er diese Begebenheit im Herzen erwogen haben wie Maria. Mit ihr geht er in den Tempel, um das Kind beschneiden zu lassen, wie es das Gesetz vorschreibt.
Das Matthäusevangelium weiss zu berichten, dass Josef im Traum ein Engel erschien, der ihm aufforderte: «Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten» (Mt 2,13). Und ohne zu zögern, steht Josef auf, weckt Maria und flieht mit ihr zusammen noch in der gleichen Nacht nach Ägypten.
Josef tritt ein letztes Mal namentlich in Erscheinung, als ihm wiederum ein Engel des Herrn im Traum erscheint. Der Weg nach Hause sei jetzt wieder möglich, alle Menschen, die dem Kind nach dem Leben getrachtet haben, sind tot. Und auch jetzt zögert Josef nicht, sondern reist mit Maria und Jesus zurück nach Israel und lässt sich in Nazareth nieder.
Jetzt ist von Josef nur noch als «der Vater» oder «die Eltern» die Rede, nach der Wallfahrt des zwölfjährigen Jesus verschwindet Josef ganz aus dem Blickfeld der Evangelisten. Manche vermuteten, dass er früh gestorben sei. Dies hat auch mit apokryphen Erzählungen zu tun, die behaupten, dass er bei der Heirat mit Maria bereits ein alter Mann gewesen sei. Dies trifft aber nicht zu. Der Grund für sein «Verschwinden» ist ganz simpel: Er hat seine Aufgabe erfüllt. Er hat sich um Maria und Jesus gekümmert, sie beschützt und begleitet. Er hat Jesus den von Gott bestimmten Namen gegeben und durch seine gesetzliche Vaterschaft die davidische Abstimmung gesichert. Dies war seine aktive Beteiligung am Heils- und Erlösungsgeschehen. Er war gehorsam, gerecht und friedfertig; Eigenschaften, die er Jesus vorgelebt hat.
Der heilige Josef wird zwar in den Evangelien nicht mehr erwähnt, doch wir dürfen davon ausgehen, dass er weiterhin für seine Familie da war, so wie er auch heute für uns da ist.
Auf diesem Hintergrund ist es deshalb verständlich, dass ihn Papst Pius IX. 1870 zum Patron der ganzen Kirche erklärte. Papst Leo XIII. lieferte in der Enzyklika «Quamquam pluries» (1889) die Gründe dafür: «Josef war Hüter, Haupt und Verteidiger der göttlichen Familie … Es ist daher nur natürlich und würdig, dass der heilige Josef, so wie er einst in Nazareth für die Familie sorgte, jetzt auch die Kirche Jesu Christi mit seinem himmlischen Beistand beschützt und verteidigt.»
Der heilige Josef, von dem kein Wort überliefert ist, ist uns in seinem Tun und Sein ein grosses Vorbild. Kein Wunder wenden sich viele Menschen in grossen Nöten an ihn als Fürsprecher.
Glorreicher heiliger Josef, Bräutigam Mariens, nimm uns unter deinen väterlichen Schutz; wir beschwören dich darum durch das Heiligste Herz Jesu. O du, dessen Macht sich auf all unsere Nöte erstreckt und der du das Unmögliche möglich machen kannst, schaue mit deinen väterlichen Augen auf die Anliegen deiner Kinder. In der Not und Bedrängnis, die uns bedrücken, eilen wir mit Vertrauen zu dir. Würdige dich, die Leitung dieser wichtigen und schwierigen Angelegenheiten, die uns beunruhigen und bedrücken, mit väterlicher Güte selbst zu übernehmen. Mach, dass der glückliche Ausgang derselben zu deiner Ehre und zu unserem Besten gereichen möge. Amen.
(Franz von Sales)
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