(Bild: Lina Trochez/Unsplash)

Weltkirche

«Ein Segen Gottes»

Ein Land­wirt aus Ala­bama hat anonym Hun­der­ten Men­schen zu Medi­ka­men­ten ver­hol­fen, die sich diese nicht leis­ten konn­ten. Nach sei­nem Tod erlangte der beschei­dene Mann Heldenstatus.

Die Geschichte von Hody Childress ist die eines Mannes, der sich weniger um sich, dafür aber aus vollem Herzen um Bedürftige kümmerte. Dabei quälte er sich selbst bis zu seinem Tod mit Herzproblemen. Er solle in der Hitze Alabamas das stundenlange Fahren auf dem Mähdrescher oder Traktor aufgeben, hatte seine zweite Frau Martha dem leidenschaftlichen Landwirt schon vor Jahren geraten. «Wenn ich auf dem Traktor sterbe, dann sterbe ich als glücklicher Mann», konterte er die berechtigte Sorge.

Gestorben ist Childress Anfang Januar mit 80 Jahren. Sein Tod hätte über seine ländliche, in der Nähe von Huntsville gelegene Heimatgemeinde Geraldine hinaus kein öffentliches Interesse erregt, wäre damit nicht plötzlich ein Geheimnis ans Licht gekommen. Childress hatte mehr als zehn Jahre lang der örtlichen Apotheke Geld zugesteckt, das Bedürftigen für den Erwerb von Medikamenten zugutekam.

Die Apothekerin Brooke Walker erzählte einer US-Reporterin, wie Childress sie eines Tages zur Seite nahm und fragte, ob es Menschen in der Gemeinde gebe, die ihre Medikamente nicht bezahlen könnten. Das passiere immer mal wieder, so Walker. «Beim nächsten Mal nehmen sie das hier», gab Childress der verblüfften Apothekerin zur Antwort und steckte ihr einen zerknitterten 100-Dollar-Schein zu.
Die beiden schlossen einen Pakt: Die Apothekerin solle über seine Wohltat schweigen und er wolle auch nicht wissen, wer Nutzniesser sei. «Wenn sie fragen, sagen Sie einfach, dass es ein Segen Gottes ist.» Und Childress kam regelmässig, Monat für Monat. Jedes Mal liess er Bares in der Apotheke liegen.
 


Das rettete vermutlich das Leben von Eli Schlageter. Der 15-Jährige zeigte nach einem Hornissen-Stich schwere allergische Reaktionen, drohte fast zu ersticken. Er benötige dringend ein 800 Dollar teures Medikament, so der Arzt. Für Elis Mutter fast unbezahlbar. Sie konnte ihr Glück kaum fassen, als die Apothekerin die Arznei gratis über den Ladentisch schob. «Es ist alles geregelt, fragen Sie einfach nicht», so Walker.

Childress konnte mit seinen milden Gaben im Durchschnitt zwei Menschen pro Monat helfen. «Viele konnten, dank Hody, länger leben», so die Apothekerin. Dass Childress seine Grossherzigkeit im ärmlichen Geraldine an der richtigen Stelle einsetzte, verrät die Statistik: Einer von fünf Einwohnern der 900-Seelen-Gemeinde lebt laut Volkszählung von 2020 unterhalb der Armutsgrenze. Das liegt deutlich über dem nationalen Durchschnitt und sogar über dem des als arm geltenden Südstaats Alabama, der relativ wenig Medicaid-Mittel als Fürsorge für Betroffene bereitstellt.

Ein Viertel der US-Amerikaner hat grosse Schwierigkeiten, die in den vergangenen Jahren gestiegenen Preise für verschreibungspflichtige Medikamente zu bezahlen. Was dazu führt, dass ein Drittel der Betroffenen laut Kaiser Family Foundation bei der Pillen-Einnahme spart. Beim Schlucken wird gestreckt, die Dosis halbiert, oder nur unregelmässig eingenommen.

Als Hody Childress am 1. Januar starb, entband das die Apothekerin von ihrem Schweigegelöbnis. Dabei war der Wohltäter kein Krösus: Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen, arbeitete er jahrzehntelang bei der Luftwaffe und beim Rüstungskonzern Lockheed Martin, bevor er sich als Rentner der Landwirtschaft zuwandte. So lebte er stets bescheiden und blieb immer zuversichtlich, wie seine Familie berichtet.

Dabei hatte ihm das Leben schwere Prüfungen auferlegt. Seine erste Frau quälte sich mit Multipler Sklerose, was ihn nicht davon abhielt, sie jahrelang auf die Football-Tribüne seines Clubs zu tragen. In den 1970er-Jahren verlor er seinen Vater und sein mittleres Kind durch einen Tornado.

Andere wären an solchen Schicksalsschlägen zerbrochen. Childress hingegen entdeckte die Demut und Grosszügigkeit. «Er konnte einfach nicht aufhören zu spenden, er hatte das Gefühl, dass er es tun musste», sagt Tochter Tania Nix über ihren Vater.

Sein selbstloses und geheimes Wirken hinterlässt Spuren. Als die «Washington Post» und die «New York Times» nach dem Tod von Hody über sein grosses Herz ausführlich berichteten, meldeten sich Helferinnen und Helfer aus dem ganzen Land reihenweise. Sie alle wollen den «Apothekenfonds» fortführen – ganz zur Freude von Tochter Tania: «Wenn das, was er getan hat, auch nur einen Menschen berührt und zeigt, dass es noch Gutes auf der Welt gibt, dann ist es das wert.»

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KNA Katholische Nachrichten-Agentur


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