Filzpantoffeln für das Betreten der Stiftsbibliothek St. Gallen. (Bild: Dominik Landwehr, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Mit spitzer Feder

Eine Extra-​Wurst für Karin Keller-​Sutter

«Eine Extra-​Wurst für Keller-​Sutter», weiss der «Blick» in sei­ner Aus­gabe vom 3. Januar 2025 zu berich­ten. Was hat es mit die­ser kuli­na­ri­schen Spe­zia­li­tät auf sich, an der sich die neue Bun­des­prä­si­den­tin laben darf?

Gemeint ist das höchst seltene Privileg, die weltberühmte Stiftsbibliothek der ehemaligen Fürstabtei St. Gallen nicht mit kommunen Finken alias «Überziehpantoffeln» betreten zu müssen. Diese mittlerweile zum Weltkulturerbe der UNESCO zählende, ehemalige benediktinische Bildungsstätte hatte sich Karin Keller-Sutter (KKS) als Kulisse für ihre Neujahrsansprache auserkoren.

Für die modebewusste, am 11. Dezember 2024 von der Bundesversammlung mit einem «unterdurchschnittlichen Resultat von 168 Stimmen» (sda) zur Bundespräsidentin 2025 gewählte KKS wurde eine Ausnahme gemacht. Eine Ausnahme, die 2006 Bundespräsident Moritz Leuenberger und dem norwegischen Königspaar Sonja und Harald V. verwehrt wurde. Roger Fuchs, Kommunikationschef der Stiftsbibliothek, begründet die Extra-Wurst wie folgt: KKS habe in eine Film-Sequenz vor der Kamera laufen müssen. Es sei schwierig, sich einigermassen elegant in Pantoffeln vorwärts zu bewegen. «Das kann sehr schnell komisch aussehen.» Leuchtet ein: Ein absolutes No Go für die stets perfekt gestylte und penibel auf ihre Aussenwirkung bedachte Bundespräsidentin KKS.

Als eine Art Rechtfertigung für dieses aussergewöhnliche Privileg lieferte der «Blick» noch einen Elogen-Katalog ab: «Elf überraschende Fakten über die neue Bundespräsidentin.» Der «Blick» und die Fakten – ein Begriffspaar sozusagen im Dauerclinch, wie auch hier. So ist Punkt 5 mit dem Titel überschrieben: «Perfekt gestylt»: ein überraschender Fakt? Quod non! Tatsächlich überraschend, ja faktenwidrig überraschend hingegen der Titel zu Punkt 4: «Mal eben die Finanzwelt gerettet.» Wow! Superwoman KKS!

Ausgerechnet «Blick»-Übervater Frank A. Meyer blieb es vorbehalten, im «SonntagsBlick» vom 5. Januar 2025 die wenige Tage zuvor von seinen Redaktionskollegen in geradezu himmlische Sphären gehievte KKS wieder auf den Boden der Realität zurückzuholen. Mehr noch: Ihr Auftritt, insbesondere ihr Lob auf die Bescheidenheit als einer typisch schweizerischen Tugend wie auch ihre aufwendige Selbst-Inszenierung (eine acht-köpfige SRF-Crew mit drei Kameras wurde für das Selfie von KKS aufgeboten), geriet Franz A. Meyer in den falschen Hals: «Wer so etwas von höchster Stelle coram publico erklärt, der ist schon mal nicht sonderlich bescheiden, denn Eigenlob stinkt.»
 


Mehr noch als dieses Eigenlob als solches befremdet, dass KKS ausgerechnet die Stiftsbibliothek für ihre Neujahrsansprache erkoren hat. Denn der «Blick» hat in seiner Litanei zu Ehren von KKS so einiges verschwiegen:

  • Karin Keller-Sutter wuchs in einer klassisch konservativ-katholischen Familie in Wil auf, einer Aussenstation der ehemaligen St. Galler Fürstäbte. Die Zugehörigkeit zur damaligen CVP gehörte sozusagen zur DNA in diesem Milieu. KKS begründete ihre Wechsel zur FDP damit, sie wolle sich einer Partei anschliessen, welche sich aktiv für die Liberalisierung der Abtreibung einsetze.
  • In ihrer Eigenschaft als Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes weibelte sie an vorderster Front für die Einführung der «Ehe für alle».
  • Ebenfalls unter ihrer Federführung wurde auf den 1. Januar 2022 hin der Wechsel des Geschlechts «per Mausklick» eingeführt. Gemäss offizieller Medienmitteilung ihres Departements ermöglicht diese Gesetzesänderung, das eingetragene Geschlecht und den Vornamen «mittels einer Erklärung gegenüber dem Zivilstandsamt rasch und unbürokratisch zu ändern. Die Erklärung kann von jeder Person abgegeben werden, die innerlich fest davon überzeugt ist, nicht dem im Personenverzeichnis eingetragenen Geschlecht anzugehören.»
  • Aktuell befindet sich eine von der selbst kinderlosen Karin Keller Sutter aufgegleiste Steuerreform in der parlamentarischen Beratung. Diese Gesetzesnovelle sieht die Abschaffung der Familienbesteuerung bzw. die Einführung der Individualbesteuerung vor. Damit würde die traditionelle Familienform finanziell massiv schlechter gestellt und gegenüber den anderen Familienformen diskriminiert.

Die Stossrichtung dieser von KKS betriebenen Gesellschaftspolitik mag mainstream-konform sein. Das sei ihr unbenommen. Sie steht aber in krassem Widerspruch zur Soziallehre der Katholischen Kirche. Angesichts dieser Konstellation ein Meisterwerk der katholischen Barockkultur als Kulisse für ihre Politshow zu vereinnahmen, ist deshalb ein Etikettenschwindel pur, mehr noch: eine ausgesprochene Frechheit.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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    Heinz Meier 07.01.2025 um 15:00
    Die Kulisse ist natürlich falsch gewählt, denn Kultur ist nie“bescheiden“, sondern herausragend und reich an Wissen und Gefühlen. Die PR von Frau KKS kompensiert mit dem würdevollen Raum der Bibliothek ihr Image als kühle und eher nüchterne, und wenig warmherzige Person. deren Tätigkeit eher weltfremd wirkt. Das CS-Debakel hat gezeigt, dass mit Filz und Wegschauen die Glaubwürdigkeit der FDP in ihrem Anspruch
    auf wirtschaftliche Führung ramponiert wurde. Zudem müssten auch in Bundesbern die psychiatrischen Folgen der „freien Geschlechterwahl“ längst bekannt geworden sein. So interpretiere ich ihre Option für das gehobene katholische Milieu vorsichtig als Nostalgie einer irregeführten Liberalität. Kohärenz wider Willen im Einklang mit der Herkunft vielleicht? Das gäbe Anlass zu Hoffnung.
  • user
    Schwyzerin 07.01.2025 um 09:36

    Mit dem Etikettenschwindel von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter stimme ich Niklaus Herzog voll und ganz zu. Warum Karin Keller-Sutter, die in einer klassisch-katholischen Familie aufgewachsen ist, nicht die Soziallehre der katholischen Kirche vertritt, kann man nicht nachvollziehen. Tatsache ist, dass im Bundeshaus Bern Karriere-Frauen Politik machen, die mit christlichen Grundwerten absolut nichts anfangen können. Daran ist die Präambel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 schuld. Die Bundesverfassung fusst nicht auf der traditionellen Familie. Das ist der Grund, weshalb wir eine schlechte Familienpolitik haben. Karriere-Frauen sind keine Vorbilder. Sie schaden der traditionellen Familie und der Schweiz. Auf solche Frauen darf man nicht hören.

    • user
      Hansjörg 07.01.2025 um 14:17
      Sehr geehrte Schwyzerin

      Sie geisseln einseitig die "Karriere Frauen", die in Bern Politik machen. Im Bundeshaus sind aber immer noch weit mehr Männer als Frauen in den beiden Parlamentskammern vertreten. Weshalb machen Sie keine Aussage zu den Männern?
      • user
        Ferdi25 07.01.2025 um 21:35
        Nicht einseitig, Herr Hansjörg; Karriere-Männer wissen, dass sie in der Politik keine Karriere machen können, sondern nur durch unternehmerische Leistung in der Wirtschaft. Schwyzerin spricht übrigens von Bevorzugung derer, die christlichen Grundwerten nichts abgewinnen können, nicht generell von Frauen und Männern. Haben Sie das nicht bemerken wollen? Der Verwaltungsbürokratie in den Hin... zu kriechen färbt ab (non olet). Mir als Mann würde das "stinken". Das ist eine Aussage zu Männern, nota bene.
  • user
    Hansjörg 06.01.2025 um 20:58
    Die Bundespräsidentin ist ohne Filzpantoffeln durch die Stiftsbibliothek gelaufen!
    Zum Glück haben wir in der Schweiz keine grösseren Probleme.

    Ich erachte Frau Karin Keller-Sutter als eine der besten und fähigsten, aktuellen Bundsräte:innen. Mit den oben genannten Punkten, wie Ehe für alle, einfache Änderung des Geschlechtseintrages, sowie der Individualbesteuerung bin ich voll einverstanden.
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      T.L.D 07.01.2025 um 08:55
      Die Kirche hingegen ist mit dem nicht einverstanden. (Zumindest offiziell. Im Bistum St. Gallen will man ja "anders katholisch" sein, so wie auch im Bistum Basel) Sein Geschlecht kann man nicht ändern. Man ermöglicht Leuten einfach noch tiefer in der Lüge zu leben. Die "Ehe für alle" definiert die Ehe komplett neu als eine simple "Union" von jeglichen zwei Personen. (Das traditionelle Verständnis von Ehe ist, dass Mann und Frau zu einem Fleische werden, wie es unser Herr selbst in Matthäus 19 gesagt hat.)
    • user
      Martin Meier-Schnüriger 08.01.2025 um 13:43
      Dieses "Outings" hätte es gar nicht bedurft, lieber Hansjörg, ich wäre jede Wette eingegangen, dass Sie diese unchristlichen "Errungenschaften" für gut halten. Nur frage ich mich langsam, ob Sie sich nicht auf der falschen Plattform tummeln. Oder spielen Sie einfach gerne und wortwörtlich den "advocatus diaboli"?