(Bild: © Päpstliche Schweizergarde)

Interview

Eine grosse Ehre und eine wich­tige Aufgabe

Am 22. Januar 1506 mar­schier­ten 150 Schwei­zer unter ihrem Haupt­mann Kas­par von Sile­nen aus dem Kan­ton Uri durch die «Porta del Popolo» in Rom ein und zogen danach in den Vati­kan ein, wo sie von Papst Julius II. geseg­net wur­den und ihren Dienst antra­ten – die Päpst­li­che Schwei­zer­garde war gegründet.

Für viele katholische Schweizer ist es eine Ehre, im Korps der Päpstlichen Schweizergarde zu dienen. Doch dieser Dienst ist auch anspruchsvoll und fordert viel von den jungen Männern. Swiss-cath.ch sprach mit dem Gardekaplan P. Kolumban Reichlin OSB und dem Leiter der Medienstelle und des Verbindungsbüro der Garde in der Schweiz, Stefan Wyer, über die Aufgaben und das Leben der Gardisten.

Wie haben die Gardisten den Tod und die Bestattung von Papst Benedikt XVI. erlebt?
Stefan Wyer: Auch in der Schweizergarde herrschte Trauer. Viele Gardisten hatten beim im Petersdom aufgebahrten Leichnam die Totenwache gehalten. Das bedeutete zwar zusätzlichen Aufwand, war aber für sie absolute Ehrensache. Nachdem Papst Franziskus in der Generalaudienz mitgeteilt hatte, dass sich der Gesundheitszustand des emeritierten Papstes verschlechtert, wurde seiner Einladung folgend auch bei der Garde für Benedikt XVI. gebetet und im Sinne eines stillen Gedenkens Opferkerzen für ihn angezündet. In Gesprächen mit den Gardisten war Benedikt XVI. in jenen Tagen oft ein Thema.

P. Kolumban Reichlin: Die Gardisten zeigten sich interessiert und absolut verfügbar und dienstbereit im Hinblick auf den Tod und die Verabschiedung von Benedikt XVI. Sie waren stolz darauf, diesen historischen Moment miterleben und dem emeritierten Papst mit der Totenwache und beim Beerdigungsgottesdienst einen letzten Ehrendienst erweisen zu dürfen.

Wie haben Sie selbst Tod und die Bestattung von Papst Benedikt XVI. erlebt?
P. Kolumban Reichlin: Über den Tagen des Heimgangs und Abschiednehmens von Benedikt XVI. lag allen damit verbundenen Vorbereitungen und den grossen Menschenmassen zum Trotz eine grosse Ruhe und ein tiefer Frieden. Es war erbauend zu erleben, wie dieser Verabschiedung unzählige Menschen in Dankbarkeit zusammengeführt hat.

Für die Gardisten bedeutete dies ein grosser Aufwand. Wie gingen sie mit der enormen Zusatzbelastungen um?
Stefan Wyer: Diese Tage waren für die Garde insofern «courant normal», als der Dienst wie gewohnt weiterging. Der Heilige Stuhl ist ja nicht vakant. Gleichzeitig herrschte ein gewisser Ausnahmezustand, da die Gardisten zusätzliche Dienste leisteten, etwa mit der Totenwache oder auch beim Requiem am 5. Januar auf dem Petersplatz. Für die Schweizergarde bedeutet ein solcher Ansturm erhöhte Aufmerksamkeit in Bezug auf die Sicherheit des Heiligen Vaters, Papst Franziskus, und zusätzlichen Ehrendienst. Darauf ist die Garde jedoch gut vorbereitet. Der Sicherheitsauftrag ist derselbe wie bisher, daran ändert sich nichts. Die Sicherheitsdispositive und die Einsatzpläne sind auf den Besucheransturm und auch die Präsenz hoher Persönlichkeiten aus der ganzen Welt ausgerichtet.

Die Gardisten haben prinzipiell ein grosses Pensum zu absolvieren. Wie können Sie als Gardekaplan sie dabei unterstützen?
P. Kolumban Reichlin: Durch ein offenes Ohr und durch kleine Zeichen der Dankbarkeit und der Wertschätzung, weil die Dienstbereitschaft und Verfügbarkeit dieser jungen Menschen 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche und 365 Tage im Jahr nicht selbstverständlich sind; das kann ein verbales Dankeschön, eine Süssigkeit für sie beim Postenbesuch, ein Bier auf der Terrasse des Kaplans oder auch mal ein Gelato oder ein Abendessen sein.

Erleben Sie, dass sich der Glaube der Gardisten während ihres Diensts in der Garde ändert?
P. Kolumban Reichlin: Jeder Gardist geht anders nach Hause, als wie er gekommen ist. Dieser Wandel betrifft ihre gesamte Persönlichkeit, ihr Lebens- und ihr Glaubensbewusstsein. Aber natürlich ist dieses Wachsen und Reifen im Leben und im Glauben individuell unterschiedlich ausgeprägt und geschieht letztlich bei uns allen in kleinen Schritten.

Inwiefern kann der Dienst in der Garde positiv zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen?
P. Kolumban Reichlin: Der Dienst und das Leben in der Päpstlichen Schweizergarde sind in vielerlei Hinsicht eine Lebensschule. Die Gardisten werden in der Kaserne mit dem Leben in einer Grossfamilie konfrontiert, das ihnen die Erfahrung von Vertrautheit und seelischer Beheimatung ermöglicht, von ihnen aber auch persönliche Rücksichtnahme und Verzicht einfordert. Sie werden physisch und geistig gefordert, etwa durch die sprachliche und dienstliche Aus- und Weiterbildung. Sie lernen und leben Disziplin und Diskretion. Sie werden in Verhaltensregeln und Menschenkenntnis ausgebildet und darin geschult, wie man in schwierigen Situationen positiv und deeskalierend reagieren kann. Sie erleben vielfältige und mitunter auch herausfordernde Begegnungen und Beziehungen mit Vorgesetzten, mit den übrigen Mitgliedern des Korps, mit Vatikanmitarbeitenden, dem Heiligen Vater wie auch mit den zahlreichen Gästen, Pilgern und Touristen. Sie haben im Wachtdienst viel Zeit, sich den Fragen und Themen des Lebens und Glaubens zu stellen und sich selber sowie ihren persönlichen Weg in die Zukunft zu reflektieren. Und sie erleben an diesem Gnadenort die Gegenwart und Wirkkraft des Geistes Gottes auf mannigfaltige Weise. Wer in der Garde 26 Monate oder länger Dienst leistet, erlebt in dieser Zeit intensives, dichtes Leben, was unweigerlich die eigene Persönlichkeit prägt, und ihre Entwicklung fördert.
 


Im vergangenen Jahr wurden eine Medienstelle und ein Verbindungsbüro für Behörden in der Schweiz geschaffen. Zeigt dies bereits Auswirkungen?
Stefan Wyer: Das Interesse der Schweizer Medien an der Päpstlichen Schweizergarde ist gross. Rund um den Tod von Papst emeritus Benedikt XVI und den Kasernenneubau im Zuge der Abstimmung in Luzern im Herbst 2022 waren die Anfragen besonders intensiv. Mit der neuen Medienstelle gelingt es aber, die vielen Anfragen besser entgegenzunehmen und zu beantworten. Unser Anliegen ist es, die Garde in der Schweiz, ihre Arbeit, ihre Wirkung als Repräsentant der Schweiz auch besser verständlich zu machen und das Interesse junger Männer am Gardedienst zu wecken. Unsere Medienstelle in der Schweiz arbeitet hier eng mit dem Rekrutierungsbüro und unseren Partnern wie dem Verein der ehemaligen Schweizergardisten, der Stiftung für die Päpstliche Schweizergarde und der Kasernenstiftung zusammen.
 

Die Dienst- und Wohngebäude der Schweizergarde sind in die Jahre gekommen. Die «Stiftung für die Renovation der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde im Vatikan» sammelt Geld für die notwendige Renovierung. Von den erforderlichen 50 Millionen konnte die Kasernenstiftung bereits über 48 Millionen beschaffen. Das Projekt befindet sich noch in der Planungsphase; mit dem Neubau soll nach Abschluss des Heiligen Jahr 2025 begonnen werden. Am 18. Januar 2023 empfing Papst Franziskus eine Delegation der «Kasernenstiftung der Schweizergarde» im Vatikan.

 

Die Päpstlichen Schweizergarde ist für die Sicherheit der Person und der Residenz des Papstes verantwortlich. Gardisten begleiten den Papst auf seinen Reisen, kontrollieren die Eingänge zum Vatikanstaat und nehmen Ordnungs- und Ehrendienste wahr. Während ihrer mindestens 26-monatigen Dienstzeit sind die Gardisten Bürger des Vatikanstaates. Informationen unter www.schweizergarde.ch

Die Medienstelle und Verbindungsbüro ist die direkte Ansprechpartnerin für Schweizer Medien. Sie arbeitet eng mit der Stiftung der Päpstlichen Schweizergarde, der Kasernenstiftung sowie der Vereinigung der ehemaligen Schweizergardisten zusammen. Das Verbindungsbüro vertritt auch die Anliegen des Korps bei Behörden und gegenüber der Politik. Leiter der Stelle ist Stefan Wyer: kommunikation@schweizergarde.ch


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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    Christoph Keel 03.02.2023 um 07:55
    Die Schweizergarde in Ehren. Aber vielleicht wäre an dieser Stelle auch zu berichten, dass unter der Aegide des jetzigen Papstes Franziskus einige Schweizergardisten "verhindert" wurden... Grund: Alle Gardisten, auch die potentiell "Neuen" hätten sich einer Impfpflicht unterziehen müssen... Mir sind Namen bekannt von potentiellen Gardisten, welche genau wegen dieser Zwangs-Impfung auf den Gardedienst verzichten mussten, obwohl sie eigentlich hoch motiviert bereit dazu gewesen wären...