Das «Hochfest des Leibes und Blutes Christi», umgangssprachlich «Fronleichnam» genannt, hat seinen Ursprung in der Eucharistiefrömmigkeit von Frauengruppen in Brabant, Flandern und der Wallonie zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Das liturgische Fest wurde auf die Anregung der Augustinerchorfrau Juliane von Lüttich (gest. 1258) eingeführt. Sie sah in einer Vision den Mond mit einem dunklen Fleck; Christus deutete ihr diesen als das Fehlen eines eigenen Festes der Eucharistie. 1246 führte der Bischof von Lüttich für seine Diözese dieses Sakramentsfest ein, 1264 Papst Urban IV. dann für die ganze Kirche.
«Das Geschenk der Eucharistie haben die Apostel beim Letzten Abendmahl vom Herrn empfangen, aber es gilt allen, der ganzen Welt. Aus diesem Grund muss es öffentlich verkündet und ausgestellt werden, damit jeder dem ‹vorbeiziehenden Jesus› begegnen kann, so wie es in den Strassen von Galiläa, Samaria und Judäa geschah; denn jeder, der Ihn empfängt, wird durch die Kraft seiner Liebe geheilt, erneuert und gestärkt» (Predigt von Benedikt XVI. am 7. Juni 2007).
Um Christus zu den Menschen zu bringen, um die Welt zu segnen, ordnete Papst Johannes XXII. 1318 an, die Eucharistie an Fronleichnam in einem feierlichen Zug durch die Strassen und Wege zu tragen.
Doch das Fronleichnamsfest ist nicht nur ein öffentliches Bekenntnis an die Realpräsenz Christi in der Eucharistie – es ist zugleich ein Aufruf, die Bedeutung der Eucharistie und ihren Platz in unserem Leben zu vertiefen.
Im Altarssakrament hat Jesus Christus uns das Gedächtnis seines Leidens und seiner Auferstehung hinterlassen. «Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag», verspricht unser Erlöser. Und «Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm» (Joh 6,54.56).
Die Eucharistie ist die Quelle unseres Glaubens und unserer Hoffnung. Nur aus ihr gestärkt können wir den Weg als Glaubende gehen und das Evangelium verkünden. Sie wendet unseren Blick auch in Richtung Himmel, denn in jeder Feier der Eucharistie vereinen wir uns bereits auf Erden mit der Liturgie des Himmels.
Wir alle bilden einen Leib in Christus. «Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm» (1 Kor 12,27). Wenn wir Leib und Glieder Christi sind, dann liegt unser Geheimnis in der Gestalt von Brot (und Wein) auf dem Tisch des Herrn, wie der heilige Augustinus in seiner Predigt an die Neugetauften schreibt. Und er fordert uns auf: «Seid, was ihr seht, und empfangt, was ihr seid.»
In der Eucharistie lernen wir wieder, was es heisst, wahrhaftig Mensch zu sein: ein Glied am Leib Christi zu sein, ihn IHM zu bleiben und aus IHM zu leben. ER ist der Weg, die Wahrheit und – was heute besonders zum Ausdruck kommt – unser Leben.
Der Theologe und Kirchenlehrer Thomas von Aquin hat in seiner berühmten Sequenz «Adoro te devote» das Geheimnis von Fronleichnam in folgende Worte gefasst:
Gottheit tief verborgen, betend nah ich dir.
Unter diesen Zeichen bist du wahrhaft hier.
Sieh, mit ganzem Herzen schenk ich dir mich hin,
weil vor solchem Wunder ich nur Armut bin.
Augen, Mund und Hände täuschen sich in dir,
doch des Wortes Botschaft offenbart dich mir.
Was Gott Sohn verkündet, glaube ich allein:
Er ist selbst die Wahrheit, nichts kann wahrer sein.
Einst am Kreuz verhüllte sich der Gottheit Glanz,
hier ist auch verborgen deine Menschheit ganz.
Beide sieht mein Glaube in dem Brote hier.
Wie der Schächer ruf ich, Herr, um Gnad zu dir.
Kann ich nicht wie Thomas schaun die Wunden rot,
bet ich dennoch gläubig: Du mein Herr und Gott!
Tief und tiefer werde dieser Glaube mein,
fester lass die Hoffnung, treu die Liebe sein.
Denkmal, das uns mahnet an des Herren Tod!
Du gibst uns das Leben, o lebendig Brot.
Werde gnädig Nahrung meinem Geiste du,
dass er deine Wonnen koste immerzu.
Gleich dem Pelikane starbst du, Jesu mein;
wasch in deinem Blute mich von Sünden rein.
Schon ein kleiner Tropfen sühnet alle Schuld,
bringt der ganzen Erde Heil und Gottes Huld.
Jesus, den verborgen jetzt mein Auge sieht,
stille mein Verlangen, das mich heiss durchglüht:
Lass die Schleier fallen einst in deinem Licht,
dass ich selig schaue, Herr, dein Angesicht. Amen.
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