Erzbischof Thomas Gullickson. (Bild: Bistum South Dakota)

Hintergrundbericht

Ex-​Schweizer Nun­tius Tho­mas Gullick­son zur Prä­si­den­ten­wahl in den USA

Der aus Sioux Falls (South Dakota) stam­mende Erz­bi­schof Tho­mas E. Gullick­son stand von 1985 bis 2020 im Diplo­ma­ti­schen Dienst des Hei­li­gen Stuhls, zuletzt von 2015 bis 2020 als Apos­to­li­scher Nun­tius in der Schweiz und Liech­ten­stein. «swiss​-cath​.ch» bat ihn um ein kur­zes State­ment zur Prä­si­den­ten­wahl in den USA.

Erzbischof Gullickson ist nach seinem Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst in seine Heimatdiözese Sioux Falls (USA) zurückgekehrt. Dort nimmt er vielfältige Aufgaben wahr. Augenzwinkernd merkt er an, dass er im «Ruhestand» weniger Freizeit hat als während seiner Zeit als Apostolischer Nuntius. Er beschäftigt sich unter anderem mit einem Buchprojekt zum Thema «Worin besteht die priesterliche Fruchtbarkeit?». Inspirieren lässt er sich dabei vom Leben des heiligen Pfarrers Jean-Marie Vianney und dem «Tagebuch eines Landpfarrers» von Georges Bernanos.
Gemäss eigenem Bekunden hat Erzbischof Gullickson «Heimweh» nach seinen zahlreichen Freunden in der Schweiz und hält sich regelmässig über die Situation der Kirche hierzulande auf dem Laufenden. Das Interview wurde schriftlich und auf Deutsch geführt.

Exzellenz, haben Sie diesen Ausgang der Wahl (Sieg von Donald Trump) erwartet?
Nein, nicht im Sinne, dass Donald Trump so eindeutig gewonnen hat, sowohl im «Electoral College» (538 Wahlleuten) als auch in den Volksstimmen.

Was waren die Gründe für den Erfolg von Donald Trump?
Ich glaube, das Volk hat sein erstes Mandat in guter Erinnerung und hofft wieder auf bessere Zeiten, hauptsächlich für die Wirtschaft. Es hofft wieder auf sichere Grenzen und innere Sicherheit und auf ein Ende der Kriege in der Welt.

Was bedeutet der Sieg von Donald Trump für das Verhältnis der USA zu Europa (Stichwort: Nordatlantisches Bündnis)?
Diese Frage interessiert die Wähler wenig. Sie spenden der Aussenpolitik sehr wenig Aufmerksamkeit.

Was bedeutet der Sieg von Donald Trump für den Lebensschutz?
Leider haben die Republikaner den Lebensschutz aus ihrem Wahlprogramm entfernt. Für glaubende Katholiken und andere Christgläubigen war das eine bittere Enttäuschung. Nicht wenige sind deshalb den Wahlen ferngeblieben. Seit der Dobbs Entscheidung des Supreme Court[1] bleibt die Hoheit in Lebensfragen bei den einzelnen Staaten. Es ist sehr schwierig einzuschätzen, wie der Kampf für das Leben weitergeführt wird.

Erzbischof Thomas Gullickson hat sich, wie er selbst sagt, spät im Leben in den traditionellen römischen Ritus verliebt. Er liebt die klassische Liturgie und ist sehr beeindruckt von den traditionellen katholischen Laien.
Er kann schon bald den Gedenktag eines seiner Lieblingsheiligen feiern. Der 11. November ist nicht nur das Datum seiner Bischofsweihe, sondern auch der Gedenktag von Martin von Tours, dem Heiligen der Nächstenliebe. «Martin beeindruckt mich sehr, sowohl als grosszügiger junger Mann als auch als sterbender alter Mann, der immer noch bereit ist zu dienen.»

Nachwahlbefragungen haben gezeigt, dass 54 Prozent der Katholiken sowie 61 Prozent der Protestanten und übrigen Christen für Donald Trump stimmten. Damit hat Trump seine Ergebnisse in der christlichen Wählerschaft im Vergleich zu 2020 verbessert.

Gemäss Befragungen der «Washington Post» stimmten 90 Prozent der Lebensschützer für den Republikaner sowie eindrucksvolle 28 Prozent jener Wähler, die sich liberale Abtreibungsregeln wünschen.

 


[1] Der Supreme Court hob 2022 das Urteil «Roe v. Wade» auf und entschied, dass die Verfassung der Vereinigten Staaten kein Recht auf Abtreibung garantiert.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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    Meier Pirmin 08.11.2024 um 11:13
    Donald Trump ist ein, wie die Erfahrung zeigt, begabter Instinkt-Politiker, aber kein Grundsatzpolitiker, weswegen es falsch ist, ihn als Orientierungsgrösse oder Vorbild zu deklarieren. Freilich auch nicht vieles, was er oft und normal ohne Teleprompter im Gegensatz zu Harris und Biden zum besten gibt, wie das Hunde- und Katzenessen der illegalen Einwanderer, gleich unter dem Titel "Lügner" abzutun, was übrigens nach Bruder Klaus eine Kriegserklärung gegen den Nächsten ist. Die Massen inkompetenter Aussagen von Politikern, ganz besonders zum Beispiel bei der an Inkompetenz gescheiterten deutschen Bundesregierung oder Aussagen über das Klima sind nicht Lügen, sondern leidiglich politischen Tendenzmeinungen von Leuten, die wie Sokrates schon feststellte, es wie die meisten Politiker nicht wirkich genau wissen. Dass indes Harris den Kampf gegen das ungeborene Leben als ihr wichtigstes und meist genanntes Menschenrechstanliegen vertrat, machte klar, dass Trump, der hier wenigstens den Staaten das Recht vorbehalten wollte, relativ strenge Abtreibungsgesetze zu legiferieren, klar eher wählbar war, wobei er aber klar merkte, dass diese Meinung heute leider in den meisten Staaten (übrigens auch CH) nicht mehrheitsfähig ist, weswegen er zuliess, dass seine Frau Melanie ihm in ihren Memoiren bewusst widrsprochen hat. Klar ist auch, dass Trump bei Entscheidungen letztlich sich nie allein von Fachleuten abhängig gemacht hat, was bewirkt, dass man ihn als Gesprächspartner ernst nimmt, zum Beispiel in Russland und China, was für Friedensverhandlungen nur von Gutem sein kann. In diesem Sinn darf man dankbar sein, dass der neue Präsident wie schon zu seiner Amtszeit hoffentlich derjenige wird, der im Vergleich zu seinen Vorgängern in den letzten 40 Jahren am wenigsten Schaden angerichtet hat. Das wäre nicht wenig, auch ist klar, dass Trump selbst noch als Showman authentisch wirkt, was ihn von Tellepromptersprechpuppen ein für allemal unterscheidet. Es war vertretbar, dass die Mehrheit der gläubigen Menschen in Amerika ihm die Stimme gegeben hat. Für die Schweiz bleibt bedeutend, dass der widerwärtigste schweizfeindliche US-Botschafter der letzten 50 Jahre jetzt abberufen wird. Auf die Meinung unserer Main-Stream-Medien kann aus informierter Sicht ohnehin in keiner Weise abgestellt werden. Nicht-Konsumenten dieser Medien stimmen im Regelfall vernünftiger.
    • user
      Meier Pirmin 08.11.2024 um 13:18

      PS. Es heisst natürlich "Teleprompter". nicht Telleprompter. Was übrigens die sog. Straftaten Trumps betrifft, war/ist dieses Kapitel noch nicht abgeschlosen, zu schweigen davon, dass diverse Vorwürfe in einer Mehrheit von Staaten nicht mal justiziabel wären. Z.B. das Abbuchen von Schweigegeld an eine Porno-Prostituierte, die nachträglich merkte, dass sie statt eine sechsstellige auch eine siebenstellige oder höhere Summe hätte verlangen können, was sie den auch bei der Boulevardpresse hätte einfordern können; eine peinliche Angelegenheit, von der freilich Bundeshaus-Insider wissen, dass in Bern auch schon nachmalige Bundesräte in solches involviert waren, eine gewiss unappetitliche Angelegenheit und moralisch kein Ruhmesblatt; zur Zeit der Kennedys und Brandts funktionierte auf diesem Gebiet übrigens noch eine publizistische Diskretionslimite, zwar nicht mit bürgerlichem Anstand zu verwechseln, Bei den über 100 000 Amischen in Pennsilvania wurde übrigens diese Thematik als Einwand gegen Trump besprochen, doch im Vergleich zur familienfeindlichen und abtreibungsfreundlichen Woke- und Gender-Ideologie, welche Anhänger von der Art "Vielfalt", welche die Amishen praktizieren , nichts halten, einhellig für Trump entschieden, womöglich sogar in diesem Fall "matchentscheidend", vgl. auch die jeweilige Minderheit bei Trump-Rallys von solchen, die dort mit "Jesus"-Tea-Shirts auftauchen. Selber würde ich bei uns christlichern Gruppen stets dringend abraten, mit solcher Gewandung politisch aufzutreten. Nicht mal bei der Demonstration gegen die abscheuliche blasphemische Oper, die kürzlich und wohl noch immer in Stuttgart aufgeführt wird, vgl. den Blog des katholisch-konservativen Publizisten Mathias von Gersdorff, der nicht selten zustimmungsfähige Videos veröffentlicht. Vielleicht verfasst er mal für swiss-cath einen geeigneten Gast-Beitrag.