Es handelt sich laut der Webseite Mischtziehär Ober-Ybrig um einen alten Brauch: «In der Vergangenheit hatte jedes Dorf einen Pfarrer und ein paar Klosterfrauen. Der Pfarrer besass meistens noch ein paar Geissen oder Schafe. Die Klosterfrauen gaben meistens Schulunterricht, sie besassen kein Vieh. Sie legten aber Gärten für ihr Gemüse an. So auch meistens der Pfarrer. Weiter hatten sie vielfach Blumen und Rosenstöcke in ihren Gärten. Für eine gute Ernte braucht man Mist, für schöne Blumen braucht man auch Mist. Doch die Klosterfrauen hatten ja kein Vieh. So bekamen sie den Mist für die Düngung von den Bauern. Auch wollte sich nicht jeder Pfarrer noch um sein Vieh kümmern, so wurde auch er Vieh-los und brauchte nun auch Mist für den Garten. Früher war der Mist kostbar, es gab nur Mist aus dem eigenen Stall für die Düngung der Felder. So gaben die Bauern kein Mist gratis ab, sie wurden vom Pfarrer und den Klosterfrauen meistens mit etwas essen oder mit etwas zu trinken belohnt. Da man früher den Mist am leichtesten im Winter mit Hornschlitten so genannten Mähneln auf Schnee transportierte, fiel wohl der Tag an dem der Pfarrer und die Klosterfrauen den Mist bekamen auf den schmutzigen Donnerstag.»
Da Unteriberg erst seit 1885 eine eigenständige Pfarrei ist, haben wir den frühesten möglichen Ursprung dieses fasnächtlichen Brauches fixiert. In der Pfarrei Oberiberg dürfte der Brauch noch älter sein. Sie wurde 1635 von Schwyz abgelöst und somit viel früher eigenständig.
Meine beiden Vorgänger in der Pfarrei Unteriberg pflegten in ihrem Garten mit grossem Eifer Blumen, Rosen und Gemüse. Da manchmal im Winter viel Schnee liegt, hatte Pfarrer Harald Eichhorn mit dem Schulhausabwart abgemacht, dass dieser von Beginn des Winters an mit der Schneeschleuder eine Schneise in den Garten fräste – genug breit, um am Schmutzigen Donnerstag den «Schnägg» (Hornschlitten mit Rädern) durch diese Schneise zu ziehen und dort den Mist abzuladen. Wenn der Schnee im Frühling geschmolzen war, befand sich der Mist schon am richtigen Ort, damit er im Garten verteilt werden konnte.
Im Gegensatz zu meinen Vorgängern habe ich allerdings wenig flair für Blumen und Gartenarbeiten. Als ich noch Vikar war in Unteriberg, bemerkte Pfarrer Eichhorn treffend, ich würde nicht Blumen züchten, sondern züchtigen.
Als sich bei mir zum ersten Mal die Mistzieher telefonisch meldeten, erklärte ich ihnen, dass ich im Grunde keinen Mist benötige, jedenfalls nicht so viel wie meine beiden Vorgänger. Ich schlug vor, sie könnten symbolisch ein Robidog-Säcklein voll vorbeibringen. Im letzten Jahr bemerkte einer von den Mistziehern, dass der Apfelbaum vor dem Pfarrhaus schon langsam am Abserbeln war. Kurzerhand bekam dieser eine Ladung Mist. Wie wir im Frühling feststellen konnten, blühte der Baum wieder prächtig und im Herbst gab es eine tolle Ernte von Boskop Äpfeln.
Traditionsgemäss werden die Mischtzieher nach getaner Arbeit und dem obligaten Mischt-Selfie ins Pfarrhaus eingeladen. Die erste Runde beginnt mit einem Brandlöscher, womit dem Herkunftsort des Pfarrers gehuldigt wird, gefolgt von einer Fleischplatte zu einem Glas Wein. Es ist stets eine heitere und gemütliche Runde, bei der über Gott und die Welt diskutiert wird. Jedenfalls ist der Schmutzige Donnerstag ein wichtiger Tag in der Pfarreiagenda von Unteriberg und wird das auch bleiben.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
😉
Schön dieser erheiternde Beitrag. Danke.