Konrad Witz, Der Ratschluss der Erlösung (Ausschnitt), um 1445, Gemäldegalerie Berlin.

Neuevangelisierung

Fest «Mariä Heim­su­chung»: Unschein­bare Begeg­nung mit gros­ser Aussagekraft

Das Fest «Mariä Heim­su­chung», wel­ches die Kir­che im deutsch­spra­chi­gen Raum am 2. Juli fei­ert, ist wenig bekannt. Der Begriff «Heim­su­chung» ist im all­ge­mei­nen Sprach­ver­ständ­nis nega­tiv besetzt. Doch des­sen unge­ach­tet hat das Fest einen freu­di­gen Charakter.

Zu Beginn seines Evangeliums schildert Lukas eine unscheinbare Begegnung zweier Frauen (Lk 1,39–56). Die schwangere Maria eilt zu ihrer Verwandten Elisabet, die im hohen Alter ebenfalls schwanger geworden ist und Unterstützung benötigt. Warum Maria «eilt», wird nicht gesagt. Es scheint, dass Christus, den sie in ihrem Schoss trägt, sie antreibt. Als Maria Elisabet begrüsst, wird diese vom Heiligen Geist erfüllt und preist Maria wegen ihres ungeborenen Kindes, in welchem Elisabet ihren Herrn (Gott) erkennt. Und nicht nur die ältere Frau wird vom Heiligen Geist bewegt, sondern auch ihr Kind: Johannes der Täufer. Genauer gesagt ist es zunächst Johannes, der «vor Freude hüpft», als Elisabet den Gruss Marias hört. Ein ungeborenes Kind erkennt als erster Mensch den Sohn Gottes! Wie kann man da darüber diskutieren, ab wann ein Kind ein Mensch ist. Und Jesus seinerseits beschenkt bereits im Mutterleib Johannes und Elisabet mit dem Heiligen Geist.

Elisabet preist ihre jüngere Verwandte selig, weil diese geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen liess. In ihrer Antwort zeigt die Mutter Gottes ihre wahre Grösse, indem sie alle Ehre Gott gibt. «Meine Seele preist die Grösse des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.» Maria zeigt mit ihrem Lobgesang, dass sie eine wahre Tochter des Volkes Israel ist, denn sie nimmt damit Bezug auf das Loblied Hannas in 1 Sam 2. Gleichzeitig ist Maria die Mutter des Messias – in ihrer Person verbinden sich der Alte und Neue Bund.

Was Maria in ihrem Lobgesang besingt – «er erhöht die Niedrigen» – wird an ihr selbst wahr. Aus der einfachen jungen Frau aus Nazareth wird die Mutter Gottes und von nun an preisen sie selig alle Geschlechter (vgl. Lk 1,48), denn sie ist die neue Eva, die Mutter aller Menschen.

Auch wenn das Fest «Mariä Heimsuchung» im Alltag oft untergeht, so ist die Begegnung zwischen Maria und Elisabet fest in der Liturgie der Kirche verankert: Der Lobgesang Marias, das «Magnifikat», wird in jeder Vesper gebetet und im «Gegrüsset seist Du, Maria» sprechen wir die Worte, mit denen Elisabet ihre junge Verwandte begrüsst («Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes»).

Gerade im «Ave Maria» kommt die enge Verbindung von Verkündigung («Gegrüsst seist Du, Maria») und Heimsuchung zum Ausdruck: Der Besuch bei ihrer Verwandten Elisabet ist die erste konkrete Umsetzung ihrer Berufung, die Menschen zu ihrem Sohn zu führen. Auch heute noch möchte Maria uns an die Hand nehmen, um uns eilends zu ihrem Sohn zu bringen.


Das Fest wurde 1263 durch den heiligen Bonaventura im Orden der Franziskaner eingeführt. Durch das schnelle Wachstum des Ordens verbreitete sich das Fest schnell in der ganzen Westkirche. 1389 führt Papst Urban VI. das Fest für die ganze Kirche ein; er hoffte, die Kirche im Gebet zur Gottesmutter zu einen und so das Abendländische Schisma zu überwinden. Dieses umfasste die Zeitspanne zwischen 1378 und 1417, als zwei – später sogar drei – Päpste gleichzeitig Anspruch auf den Papstthron erhoben. Als Termin wurde der 2. Juli festgelegt, der Tag nach der Oktav zur Geburt des Johannes des Täufers. Die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils verlegte das Datum auf den 31. Mai, um so der biblischen Chronologie besser zu entsprechen. Im deutschsprachigen Gebiet blieb – mit Einverständnis des Heiligen Stuhls – das Fest am 2. Juli erhalten.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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Bemerkungen :

  • user
    Claudio Tessari 02.07.2025 um 09:01

    Ebenfalls lernt uns die heilige Überlieferung der Kirche, dass Johannes der Täufer bei der Begegnung Mariens mit Elisabeth im Mutterleib von der Erbsünde befreit wurde, jedoch nicht vor der Empfängnis (also nicht unbefleckt empfangen wie Maria), sondern durch eine Vorheiligung (praesanctificatio), als Maria ihn besuchte und Christus ihn heiligte, darum feiert die Kirche auch seinen Geburtstag zusätzlich.



    Heiliger Thomas von Aquin Summa Theologiae III q. 27 a. 6)


    („Er wurde im Schoß geheiligt, war aber bei seiner Empfängnis nicht frei von der Erbsünde.“)