Das Gesetz zur Sterbehilfe ist ein Herzensanliegen von Präsident Emmanuel Macron. Er erklärte dessen Annahme gar zu einem Akt der Brüderlichkeit. Bereits am 2. April 2023 hatte sich der Bürgerrat in Frankreich mit grosser Mehrheit für die Legalisierung der Sterbehilfe ausgesprochen. Der Wahlsieg des «Rassemblement National» hatte die Debatte zunächst gestoppt. Die Regierung unter Premierminister François Bayrou teilte dann die Gesetzesvorlage in eine Vorlage zur Sterbehilfe und eine Vorlage für den Ausbau der Palliativmedizin auf. Nach einem Jahr Pause hatte die Französische Nationalversammlung am 12. Mai 2025 die Debatte über die Gesetzesvorlage zur Sterbehilfe wieder aufgenommen.
Die Parlamentarier nahmen die Gesetzesvorlage zur Förderung der Palliativmedizin einstimmig an. Dies ist ein wichtiges Zeichen der Nationalversammlung, konnte sich die Palliativmedizin in Frankreich aufgrund von Personalmangel und fehlenden Mitteln noch nicht ausreichend entwickeln; es wurden im Gegenteil immer wieder Mittel gestrichen. Aktuell existiert in mehr als 20 Prozent der französischen Departements keine Palliativversorgung.
Assistierter Suizid als Normalfall, Euthanasie als Ausnahme
Diametral zu diesem Entscheid steht die Annahme des Gesetzes zur Sterbehilfe, das den assistierten Suizid und die Euthanasie erlaubt – wobei diese Begriffe im Text selbst nicht vorkommen. Der gewählte Begriff «aide à mourir» verschleiert den Sachverhalt, was insbesondere von den verschiedenen Religionsführern in Frankreich kritisiert wird.
Für die Inanspruchnahme des assistierten Suizids resp. der Euthanasie müssen fünf Bedingungen erfüllt sein: Volljährigkeit; französische Staatsbürgerschaft oder festen Wohnsitz in Frankreich; eine schwere, unheilbare Krankheit in fortgeschrittenem Stadium und damit verbunden unerträgliches körperliches oder psychisches Leid; Urteilsfähigkeit.
Menschen mit Alzheimer oder Demenz, psychiatrischen Erkrankungen oder im irreversiblen Koma sind ausgeschlossen. Frühere Patientenverfügungen gelten als bindend.
Durch die Intervention der französischen Gesundheitsbehörde «Haute Autorité de Santé» wurde die Angabe «fortgeschrittenes Stadium» präzisiert. Dieses liegt nun vor, wenn «ein irreversibler Prozess eingetreten ist, der durch eine Verschlechterung des Gesundheitszustands der kranken Person gekennzeichnet ist und ihre Lebensqualität beeinträchtigt».
Im Rahmen der Beratungen über dieses Gesetz verschärften die Abgeordneten Artikel 6: Im ursprünglichen Text war nur ein einzelner Arzt zur Beurteilung eines Antrags auf Sterbehilfe und für die Verschreibung des tödlichen Präparats vorgesehen. Neu muss die Beurteilung durch ein Team von «mindestens zwei Ärzten und einer Pflegekraft» bestehen. Bei der Sitzung müssen diese physisch anwesend sein, Video- oder Telefonkonferenzen sind nur im Ausnahmefall erlaubt.
Sah der ursprüngliche Entwurf generell die Wahlmöglichkeit vor, die tödliche Substanz selbst zu nehmen oder sich von einer medizinischen Fachkraft verabreichen zu lassen, legt die angenommene Gesetzesvorlage fest, dass der Sterbewillige das Präparat selbst einnehmen muss. Nur wenn er physisch dazu nicht in der Lage ist, kann er einen Arzt oder eine Pflegekraft um Hilfe bitten.
Das Gesetz ermöglicht es Ärzten und Pflegekräften, Sterbehilfe aus Gewissensgründen zu verweigern. Dies gilt aber nicht für Apotheker, die das tödliche Produkt liefern, sowie für Einrichtungen wie Pflegeheime.
Gestrichen wurde die Forderung, den Tod durch Sterbehilfe als «natürlichen Tod» auszuweisen, wie dies in Luxemburg seit dem 11. Februar 2021 gemacht wird.
Kurz vor Ende der Beratungen sprach sich die Nationalversammlung mit 84 zu 49 Stimmen für die Einführung eines Straftatbestands der «Behinderung des Zugangs zur Sterbehilfe» aus. Wer die Durchführung oder Information über die Sterbehilfe behindert, wird mit bis zu zwei Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von bis zu 30 000 Euro bestraft.
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