(Bild: Amor santo/Cathopic)

Neuevangelisierung

Frucht­ba­res Zusammenspiel

Die in die­sem Bei­trag behan­del­ten Kapi­tel des Nach­syn­oda­len Apos­to­li­schen Schrei­bens «Vita Con­se­crata» behan­deln die Gemein­schaft und Zusam­men­ar­beit der Insti­tute des geweih­ten Lebens mit Laien, das heisst mit den getauf­ten und gefirm­ten Gläu­bi­gen (λαϊκός‚ zum Volk gehörig).

Das Zweite Vatikanische Konzil betonte den Gedanken der Kirche als Gemeinschaft. Zu den Früchten dieser Lehre gehört gemäss Papst Johannes Paul II. «das Sich-Bewusstwerden der Tatsache, dass ihre verschiedenen Glieder ihre Kräfte durch Zusammenarbeit und Austausch der Gaben vereinen können und sollen, um wirksamer an der kirchlichen Sendung teilzuhaben» («Vita consecrata» 54). Dies trage zu einem klarer umrissenen und vollständigeren Bild der Kirche bei. Zudem könne durch die unterschiedlichen Gaben besser auf die grossen Herausforderungen unserer Zeit reagiert werden.

Die Beziehungen zu den Laien werden sich seitens der monastischen und kontemplativen Institute vorwiegend geistlich gestalten, während sie bei den Instituten, die sich dem Apostolat widmen (z. B. Pallotiner), die Form pastoraler Zusammenarbeit annehmen werden. Das Kennzeichen der Säkularinstitute hingegen (z. B. Schönstattbewegung) liegt darin, dass ihre Mitglieder in der Welt leben. So treten sie in ihrem Alltagsleben bereits automatisch mit anderen Gläubigen in Beziehung.

Nicht wenige Institute sind heute davon überzeugt, dass sich ihr Charisma mit den Laien teilen lässt, und bieten bereits entsprechende Möglichkeiten an. Johannes Paul II. schloss das Kapitel zuversichtlich: «Man kann sagen, dass im Gefolge historischer Erfahrungen, wie jener der verschiedenen Säkular- oder Drittorden, ein neues, hoffnungsvolles Kapitel in der Geschichte der Beziehungen zwischen den Personen des geweihten Lebens und den Laien begonnen hat» (VC 54).

Hilfreiche Aussenperspektive
Durch die Gemeinschaft und Zusammenarbeit mit Laien wird die Spiritualität über die Grenzen des jeweiligen Instituts hinaus gehen. Eine weitere positive Folge kann auch ein intensiveres Zusammenwirken im Hinblick auf die Mission sein: «Von den Beispielen der Heiligkeit von Personen des geweihten Lebens angeleitet, werden die Laien in die unmittelbare Erfahrung des Geistes der evangelischen Räte eingeführt und werden so ermutigt, den Geist der Seligpreisungen angesichts der Umgestaltung der Welt im Sinne Gottes zu leben und zu bezeugen» (VC 55).

Die Beteiligung der Laien kann auch zu unerwarteten und fruchtbaren Vertiefungen mancher Aspekte des Charismas führen: Zum Beispiel wird durch den Austausch mit Laien eine spirituellere Deutung des Charismas entdeckt oder Hinweise für neue apostolische Tätigkeiten geben. Und Johannes Paul II. mahnt die Personen des geweihten Lebens, dass sie sich deshalb «bei jeder Tätigkeit und jedem Dienst, mit dem sie betraut sind, erinnern [sollen], dass sie vor allem erfahrene Führer und Begleiter des geistlichen Lebens sein müssen». Die Laien sollen ihrerseits «den Ordensfamilien den wertvollen Beitrag ihrer Weltlichkeit und ihres besonderen Dienstes anbieten» (VC 55).

Eine bedeutende Ausdrucksform der Teilnahme der Laien an den Reichtümern des geweihten Lebens sei der Beitritt von Gläubigen im Laienstand zu einem Institut oder einer Gemeinschaft in der Form der sogenannten assoziierten Mitglieder. Aber auch das Mitleben in einer Gemeinschaft für eine bestimmte Zeit. Beim «Kloster auf Zeit» sei es jedoch wichtig, die Frauen und Männer gut vorzubereiten und auch zu begleiten, damit sie einen geistlichen Gewinn suchen und dabei auch die Dimension der Gemeinschaft und der Kirche entdecken. Umgekehrt können sich Frauen und Männer des geweihten Lebens an Laieninitiativen beteiligen, «besonders in Organisationen und Einrichtungen, die sich der Randgruppen annehmen und sich die Linderung menschlichen Leides zum Ziel setzen» (VC 56). Papst Johannes Paul II zeigt sich überzeugt: «Wenn diese Zusammenarbeit von einer klaren und starken christlichen Identität beseelt und getragen wird und das dem geweihten Leben eigene Wesen berücksichtigt, vermag sie in den dunkelsten Situationen des menschlichen Daseins die Leuchtkraft des Evangeliums zum Strahlen zu bringen» (VC 56).

Die Würde und die Rolle der Frau des geweihten Lebens
«Vita consecrata» widmet der Rolle der Frau im geweihten Leben ein eigenes Kapital. Papst Johannes Paul II. hält zunächst fest, dass in der Kirche alle Menschen die gleiche Würde haben und die Kirche in allen Menschen die von Gott ausgegossenen Gaben wertschätzt. Er fährt fort, dass die Frauen des geweihten Lebens in ganz besonderer Weise dazu berufen sind, «durch ihre in Fülle und mit Freude gelebte Hingabe ein Zeichen für Gottes Zärtlichkeit gegenüber dem Menschengeschlecht und ein besonderes Zeugnis des Geheimnisses der Kirche zu sein, die Jungfrau, Braut und Mutter ist» (VC 57). An der Synode zum geweihten Leben hätten viele Frauen teilgenommen und sich auch zu Wort gemeldet – «und ihre Stimme wurde gehört und von allen geschätzt». Viele Forderungen, die die Stellung der Frau in verschiedenen gesellschaftlichen und kirchlichen Bereichen betreffen, müssen als berechtigt anerkannt werden. In gleicher Weise gelte es hervorzuheben, dass das neue Bewusstsein der Frau auch den Männern helfe, ihre Denkmuster, ihr Selbstverständnis und die Art und Weise zu überprüfen, wie sie ihr soziales, politisches, wirtschaftliches, religiöses und kirchliches Leben gestalten.

«Die Kirche, die von Christus eine Botschaft der Befreiung empfangen hat, hat den Auftrag, diese prophetisch zu verbreiten, indem sie Denk- und Verhaltensweisen fördert, die dem Willen des Herrn entsprechen. In diesem Zusammenhang kann die Frau des geweihten Lebens, ausgehend von ihrer Erfahrung von Kirche und von der Frau in der Kirche, zur Beseitigung mancher einseitiger Ansichten beitragen, die nicht die volle Anerkennung ihrer Würde, ihres spezifischen Beitrags zum Leben und zum pastoralen und missionarischen Wirken der Kirche zum Ausdruck bringen» (VC 57). Deshalb sei das Bestreben der Frau des geweihten Lebens gerechtfertigt, ihre Identität, ihre Fähigkeit, ihre Sendung, ihre Verantwortung sowohl im Bewusstsein der Kirche als auch im täglichen Leben klarer anerkannt zu sehen. Gerade auch die Neuevangelisierung und andere Formen missionarischer Tätigkeit seien ohne einen erneuerten Beitrag der Frauen undenkbar. «Es bedarf daher dringend einiger konkreter Schritte, davon ausgehend, dass den Frauen Räume zur Mitwirkung in verschiedenen Bereichen und auf allen Ebenen eröffnet werden, auch in den Prozessen der Entscheidungsfindung, vor allem dort, wo es um sie selbst geht» (VC 58).

Es sei notwendig, die Ausbildung der Frauen und Männer des geweihten Lebens den neuen Erfordernissen anzupassen. Gerade die pastorale und katechetische Ausbildung gewinnt im Hinblick auf die Neuevangelisierung besondere Bedeutung. Papst Johannes Paul II. war überzeugt: «Man kann davon ausgehen, dass die Vertiefung bei der Ausbildung der Frau des geweihten Lebens zu einem besseren Verständnis ihrer eigenen Gaben verhilft und auch Anregung zur notwendigen Gegenseitigkeit innerhalb der Kirche sein wird. Auch auf dem Gebiet der theologischen, kulturellen und spirituellen Reflexion darf man sich vom Genius der Frau viel erwarten, nicht nur in Bezug auf die besondere Eigenart des geweihten Lebens, sondern auch was das Verständnis des Glaubens in allen seinen Ausdrucksformen betrifft» (VC 58).

Neuer Feminismus
Die Geschichte der Spiritualität hat der heiligen Theresia von Jesus und der heiligen Katharina von Siena, den ersten Kirchenlehrerinnen, aber auch den vielen anderen Mystikerinnen viel zu verdanken. Die Kirche zähle auf die Frauen des geweihten Lebens wegen ihres Beitrags, besonders was die Würde der Frau und die Achtung vor dem menschlichen Leben angeht. Es wird aus der Enzyklika «Evangelium vitae» (99) zitiert: «Bei der kulturellen Wende zu Gunsten des Lebens haben die Frauen einen einzigartigen und vielleicht entscheidenden Denk– und Handlungsspielraum: sie sind es, die einen ‹neuen Feminismus› fördern müssen, der, ohne in die Versuchung zu verfallen, ‹Männlichkeits›-Vorbildern nachzujagen, durch den Einsatz zur Überwindung jeder Form von Diskriminierung, Gewalt und Ausbeutung den echten weiblichen Geist in allen Ausdrucksformen des bürgerlichen Zusammenlebens zu erkennen und zu bekunden versteht.»

Johannes Paul II. zeigt sich überzeugt, dass die Frauen des geweihten Lebens durch eine fundiertere Anerkennung ihrer Sendung sich immer stärker der eigenen Rolle und ihrer Hingabe an das Gottesreiches bewusst werden. Das werde sich in vielen Bereichen zeigen wie z. B. im Einsatz für die Evangelisierung, in der Erziehung oder in der Mitwirkung an der Ausbildung der künftigen Priester und der Personen des geweihten Lebens. Das Kapitel endet mit einem Dank an die Frauen des geweihten Lebens: «Den Frauen des geweihten Lebens und ihrer aussergewöhnlichen Fähigkeit zur Hingabe spreche ich noch einmal die Bewunderung und Dankbarkeit der ganzen Kirche aus, die ihnen beisteht, damit sie ihre Berufung in Fülle und mit Freude leben und sich zu der erhabenen Aufgabe aufgefordert wissen, mitzuhelfen bei der Ausbildung der Frau von heute» (VC 58).
 

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der achten Sendung in der Serie «Das geweihte Leben» auf Radio Maria. Er fasst die Nummern 53 bis 58 von «Vita consecrata» zusammen. Die Sendung in voller Länge kann unter diesem Link angehört werden.
 

Die Sendung «Das geweihte Leben» ist eine Ko-Produktion von Radio Maria und swiss-cath.ch. Sie wird monatlich auf Radio Maria ausgestrahlt. Zeitgleich wird jeweils auf swiss-cath.ch eine Zusammenfassung der Sendung publiziert.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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  • user
    Hansjörg 28.08.2023 um 18:20
    Trotz vieler Zeilen im obigen Text, kann nicht wegdiskutiert werden, dass die Frauen innerhalb der kath. Kirche nicht gleichberechtigt und nicht gleichwertig sind.
    Frauen können innerhalb der kath. Kirche nicht als Priesterin arbeiten.