Symbolbild. (Bild: Nataliya Vaitkevich/Pexels)

Kommentar

Geis­ti­ger Auf­bruch in der Kir­che? Die Sicht eines Kirchenpflegers

Als zustän­dige Per­son für das Per­so­nal war ich vor kur­zem an einem Tref­fen der Per­so­nal­ver­ant­wort­li­chen in Zürich und hörte dort zu, wel­che Her­aus­for­de­run­gen auf die Kir­che zukommen.

Die Kirche im dualen System präsentierte sich als Firma. Es ging um Themen wie Pensionskasse, Rentenalter, Gleichberechtigung, Lohnentwicklung und die Sorge, wie sich in der Stadt Zürich mit den aktuellen Lohn-Tabellen noch Leute finden lassen. So weit so gut. Als ich vor sechseinhalb Jahren Mitglied der Kirchenpflege wurde, wollte ich Gott und seiner Kirche dienen. Das Zweite Vatikanische Konzil, welches bis heute nicht richtig umgesetzt wird, hebt die Berufung der Laien im Dienst der Kirche hervor. Wenn Menschen in der Kirche arbeiten, müssen sie natürlich ihren Lebensunterhalt verdienen. Wenn aber das Geld im Zentrum steht und nicht der Dienst, dann haben wir die Situation, wie sie heute im deutschsprachigen Raum vorherrscht.

Ein Teilnehmer meinte, die Kirche müsse sich endlich verändern, wir müssten die Jungen in die Kirche holen usw. Bis zu dieser Aussage hörte ich in zwei Stunden kein einziges Mal den Namen Gottes. Ich erwiderte kurz und bündig: Wenn wir auf die Weltkirche blicken, wenn wir unser Augenmerk auf die Weltjugendtage richten oder auf das Adoray Festival oder dort wo gebetet wird, stellen wir fest: Es gibt Jugendliche. Wir müssen vielleicht weniger Aktivismus betreiben und nicht meinen, wir könnten alles, sondern auch auf den Herrn vertrauen. Zitat Ende. Die einen lachten mich natürlich aus.

Aus meiner Sicht wird die Kirche in diesem System nicht mehr lange überleben. Jene Pfarreien, wo der Glaube gelebt wird, und ich meine nicht durch Veranstaltungen, sondern durch das Gebet, gibt es Gläubige allen Alters, dort herrscht auch eine andere Stimmung. Der Nationaldirektor von Missio Österreich, Pater Karl Wallner, betont immer wieder, die Laien müssen ihre Berufung in den Pfarreien leben. Der Generalvikar, der unsere Pfarrei in der Pause im Gespräch mit mir lobte, bestätigte dies. Dort wo gebetet wird, lebt die Pfarrei. Die Priester, welche durch dieses System zu Managern degradiert wurden, haben oft gar nicht die Zeit, um auch noch echt pastorale Initiativen zu ergreifen. Darum sollen wir Laien z. B. den Rosenkranz beten, Kreuzwegandachten oder Maiandachten durchführen. Wenn der Priester mitbeten kann, umso schöner, wenn er mal nicht kann, sollen wir stellvertretend für die ganze Pfarrei beten. Das ist unsere Berufung als Laien. Wir sollen die Priester unterstützen, damit sie dem «Kerngeschäft», dem Spenden der Sakramente, nachgehen können.

Die Kirche ist der Leib Christi. Wenn wir die Kirche nicht wieder als das entdecken, was sie ist, wird es keinen Aufbruch geben in unserem Land. Der verstorbene Papst Benedikt XVI. prophezeite vor knapp 70 Jahren bereits, dass die Kirche eine kleinere Herde wird, dafür eine gläubigere. Dass die Kirche schrumpft, ist auch den Firmenmanagern der Synode bewusst, dass aber jene, welche in der Kirche bleiben, die betenden Gläubigen sind, eher nicht. Denn sonst würde man einen ganz anderen Kurs fahren. Menschlich gesehen sieht es nicht rosig aus, doch wenn wir darauf vertrauen, dass die Kirche nicht eine von Menschen gemachte Firma ist, sondern die Kirche Jesu Christi, dann können wir zuversichtlich sein und auf ihn vertrauen. Er gab uns die Gewissheit: Die Pforte der Hölle werden sie nicht überwinden.
 

Gastkommentare spiegeln die Auffassungen ihrer Autorinnen und Autoren wider.


Claudio Tessari

Stiftungsrat von «Mission Maria»


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Bemerkungen :

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    Clausio Cathomas 31.10.2024 um 15:19

    Unsere Pfarrer müssen nicht primär nur Sakramentsspender sein.
    Sie müssen dank ihrer Ausbildung in Philosophie und Theologie den Sinn und Geist des Gebetes, der objektiven Dimension des Göttlichen und Geistigen immer wieder beleben und erhellen.
    Die Krise besteht darin, dass die meisten Priester geistige Nieten und intellektuelle Faulenzer sind, die sich nach dem Abschluss der Hochschule vom geistigen Gefecht ihrer Studien wie Faulpelze verabschieden, um sich in infantile oder senile Pastoralgeschäftigkeit zu versenken. Gleichzeitig treten sie aber auf, besonders wenn sie auch Pfarreileiter sind, als Platzhirsche, die jede Kritik verabscheut und besonders alle Intellektuelle verabscheut, die die Pfarrer geistig in Schatten stellen könnten.
    Wenn man sie mit scharfen Argumenten angeht oder aufmuntert, gegen irrtümliche Meinungen in der Gesellschaft mutig ankämpfen, ziehen sie sich im geborgenen Herrgottswinkel ihrer Pfarrei zurück und verweisen darauf, dass die Beschäftigung mit den Studien, fast wie wenn sie eine lästige, müssige Pflichtübung der Vergangenheit gewesen wäre, weit hinter ihnen liegt.
    Nichts von den hochspannenden Diskussionen an der Front der theologisch-philosophischen Forschungswelt dringt weiter in den Pfarreien. Alles Spannende wird abgeschirmt. Pfarreien sind Orte geistiger Langweile von geistlosen Modernisten oder Traditionalisten geworden, bei denen alles, was sie handhaben infantil, senil und vor allem arrogant anmutet.
    Es lebe das Feuer geistiger Auseinandersetzung und Hingabe der Geistlichen, man möge es entfachen, wo es noch Potential hat.
    Beten wir beherzt dafür bei allen Heiligen!

    • user
      John Henry 01.11.2024 um 13:05
      Dieser Kommentar erscheint mir sehr abgehoben und Menschen-fremd. Es scheint vergessen zu gehen, was der heilige Paulus in 1. Korinther 1,26-29 sagt:
      „Seht doch eure Berufung an, ihr Brüder und Schwestern: Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle sind berufen; sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist; und was unedel und verachtet ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, damit sich kein Mensch vor Gott rühme.“
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        Claudio Cathomas 03.11.2024 um 18:40
        Nein, mein Kommentar ist nicht abgehoben, denn von einem Arzt gehen ich davon aus, dass er nicht in die Routine des Spitals oder der Praxis verfällt und die Glut und Vermittlung der geistigen Auseinandersetzung mit dem Ringen seines Faches als Angelegenheit der verklärten Vergangenheit seiner Studienzeit abtut, wie das bei 99 % aller hiesigen Pfarrer, Diakonen und Pastoralassistenten leider mit Schrecken festzustellen ist. Die Pfarreien sollte immer auch als Sinekuren verstanen wissen, die es den Geistlichen erlaubt, sich geistig an der Spitze zu orientieren, etweder durch die Lektüre der Kontroversen zeigenössischer Denker oder scholastischer und spirituellen Grössen aus der Vergangenheit: Kirchenväter, Scholastiker, Meister anderer Kulturräume usw.
    • user
      Kurt Wiedmer 01.11.2024 um 13:21
      Ich bin absolut für Offenheit. Das mit der "Front der theologisch-philosophischen Forschungswelt" muss ich aber hinterfragen. Zum einen, weil diese "Welt" sich meist weit von der unverfälschten Lehre der Apostel entfernt hat und deshalb bei ihren Hypothesen und Denkansätzen Annahmen trifft, die leider oft zu "Trash" führen oder wie man in der IT sagt: "Trash in trash out". Wenn die "theologisch-philosophische Forschungswelt" sich wieder vom Heiligen Geist statt dem Zeitgeist inspirieren lässt, dann wird diese die Herzen der Menschen erreichen. Ansonsten hat sie in Pfarreien wirklich nichts zu suchen. Dass was aber wirklich aus dem Gebet und Studium der Heiligen Schrift und der Kirchenväter entspringt muss immer willkommen geheißen und Grundlage jeder Diskussion sein.
    • user
      Daniel Ric 02.11.2024 um 09:27
      Ich teile Ihre Auffassung, dass man die Priesterberufung nicht nur auf die Spendung der Sakramente reduzieren darf. Priester müssen intellektuell auf der Höhe sein, was bedingt, dass sie sich mit den aktuellen philosophischen und naturwissenschaftlichen Theorien und Erkenntnissen auseinandersetzen müssen. Das bedeutet nicht, dass sie dem Zeitgeist hinterherrennen müssen, sondern dass sie informiert sind über aktuelle Diskussionen. Ich teile auch die Einschätzung, dass der Grund, weshalb es in der Schweizer Kirche eine Polarisierung zwischen extrem progressiven und extrem konservativen Gruppierungen gibt, in der Tatsache zu suchen ist, dass die notwendigen theologischen Gespräche in den Pfarreien nicht stattfinden. Daher ist es einfacher, sich in seine eigene Bubble zurückzuziehen, in der das Leben und der Glaube in schwarz-weiss abgehandelt wird, als komplexe Themen zu diskutieren. Aber liegt nicht ein Grund für diesen Missstand auch darin, dass an den theologischen Fakultäten selbst - oder sogar generell an allen Fakultäten - auch keine kontroversen Diskussionen mehr geführt werden? Was schlagen Sie vor, was getan werden könnte, um die Diskussionskultur in den Pfarreien zu beleben?
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    Kurt Wiedmer 31.10.2024 um 12:44
    Guter Bericht! Auch ich bin Kirchenrat und vertrete treu die unverfälschte Lehre Christi im Kirchenrat, wenn dies nötig ist. Die Forderungen zur Veränderung der Kirche in einer nicht Gott-gewollten, nicht katholischen und nicht christlichen Weise sind real und allgegenwärtig. Diese Anliegen wurden teilweise selbst von unseren Bischöfen an Rom gerichtet und an der Synode vertreten. Wir sind wahrlich eine Kirche von Heiden geworden, die sich noch Christen nennen (Em. Papst Benedikt).

    Was sollen wir tun? Ich meine dies: a) Gott vertrauen, dass die Pforten der Hölle die Kirche nie überwinden werden; b) viel beten und fasten; c) zur überlieferten Lehre der Apostel stehen, auch wenn wir diskriminiert und evtl. nicht mehr gewählt werden, d) Gott treu bleiben egal wo und wie. e) unsere Hirten zur Treue ermahnen und die Schwachen vor Wölfen im 🐑 pelz warnen.
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    Markus Ries 31.10.2024 um 10:38
    Der Heilige Vater und Kardinal Jean-Claude Hollerich haben sich nach Kräften engagiert für die zu Ende gegangene Synode - das hat auf ganz verschiedenen Seiten Anerkennung gefunden. Und nun kommen Sie und sprechen despektierlich von "Firmenmanagern der Synode". Den Frauen und Männern, die zum Dienst in der Kirche berufen sind, werfen sie an den Kopf, dass "das Geld im Zentrum steht und nicht der Dienst". Dass Sie als Kirchenpfleger, der ja eine beträchtliche Machtposition innehat, mit so viel Verachtung über andere herziehen, ist einfach beschämend.
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      ser AD 31.10.2024 um 11:51
      Es ist wohl nicht die Synode in Rom gemeint, sondern die "Synode" als "Kirche im Kanton Zürich".

      Im übrigen haben die Laien keine Sendung, und auch keine Berufung, sie sind einfach da als Leib Christi. Das ist ihr Leben.

      Die "Sendung"liegt in den Sakramentspendern, welche eben den Messias und Sein Kommen auf Erden realisieren. Die Laien sind die Empfänger.
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      Stefan Fleischer 31.10.2024 um 12:03
      Persönlich teile ich die Ansichten von Herrn Claudio Tessari voll und ganz, auch wenn ich wahrscheinlich anders formuliert hätte. So wie ich diese Synode verfolgen konnte, drehte sich dort fast alles um das, was die Menschen von der Kirche erwarten, wenn nicht gar fordern, aber viel zu wenig um das, was Christus, der Herr, von seiner Kirche erwartet. Diese Tendenz aber beherrscht nicht nur diese Synode, sondern weitgehend das ganze christliche Leben und Handeln von heute. Die harte Zurechtweisung des Herrn an Petrus: (Mt 16,23 / Mk 8,33) «Du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.» wurde und wird -soweit ich es beobachten kann - auch weiterhin sträflich vernachlässigt. Immer wieder tönt unsere Verkündigung so, als habe Gott dem Menschen zu dienen, und nicht umgekehrt.
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      Claudio 31.10.2024 um 12:05
      Sie haben da was missverstanden. Die Synode in Zürich ist durch das duale System wie eine Firma und wird auch so geführt. Jedoch hört man leider nie, dass durch Anbetung oder Andachten wir die Kirche erneuern sollen, sondern man bedient sich den Mittel der Wirtschaft. Das war die Kernaussage. Hat nichts mir Verachtung von Personen zu tun, sondern mit der Sicht. Habe mich vielleicht zu wenig gnau ausgedrückt.
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      Daniel Ric 02.11.2024 um 08:04
      Herr Tessari meint wohl nicht die Weltsynode, sondern diejenige in Zürich. Aber natürlich gebe ich Ihnen recht, dass man niemandem unterstellen sollte, dass die einzige Motivation, sich in der Kirche zu engagieren, monetär ist. Aber so habe ich Herrn Tessari auch nicht verstanden. Er schildert das, was viele Menschen erleben, wenn sie sich in den dualen Strukturen der Schweizer Kirche bewegen. Es ist viel die Rede von Finanzen und Organisation, aber fast gar nicht von Gott. Das Paradoxe dabei ist, dass diese Art der Kirchenführung sogar aus weltlicher Sicht ins Leere läuft. Man stelle sich vor, jemand wäre ein Manager einer Bank, interessiere sich aber gar nicht für das Bankenwesen. Oder jemand wäre der Geschäftsführer eines Autoproduzenten, hat aber mit Autos nichts am Hut. In der Schweizer Kirche werden leider Entscheide von Menschen getroffen, die teilweise völlig desinteressiert sind am religiösen Leben, was logischerweise zu Fehlentscheidungen führt. Das drängende organisatorische Problem der hiesigen Kirche ist, dass die Mitgliederzahlen rapide sinken und dadurch auch die Steuereinnahmen schwinden. Die Kirche muss Antworten darauf liefern, wie eine kleinere Gemeinschaft mit weniger Mitteln funktionieren kann. Diese kleinere Gemeinschaft wird aus den Menschen bestehen, die heute aktiv am Pfarreileben teilnehmen. Daher ist es - auch rein aus menschlicher Sicht - zentral danach zu fragen, wie man die Ressourcen für die Katholiken nutzen kann, denen der Glaube wichtig ist und sich nicht nur als Kulturkatholiken verstehen. Verlassen wir die menschliche Ebene, so bin ich auch felsenfest überzeugt, dass Gott seinen Segen einer Kirche schenken wird, die IHN ins Zentrum stellt. Haben wir daher Mut, die Deutschschweizer Kirche zu reformieren und dadurch authentischer und glaubwürdiger zu machen.