Luigi Beltrame Quattrocchi und Maria Corsini.

Weltkirche

Gemein­sam auf dem Weg zur Heiligkeit

Luigi Bel­trame Quat­troc­chi und Maria Corsini-​Beltrame Quat­troc­chi waren das erste Ehe­paar, das 2001 gemein­sam selig­ge­spro­chen wurde. Bewusst wurde ihr Gedenk­tag auf den 25. Novem­ber, ihren Hoch­zeits­tag, gelegt.

Papst Johannes Paul II. gab in «Tertio millennio adveniente» (1994) seinem Wunsch Ausdruck, sich bei der Aktualisierung der «Martyrologien» für die Universalkirche um die Anerkennung der heroischen Tugenden von Männern und Frauen zu bemühen, die ihre Berufung in der Ehe verwirklicht haben. «Da wir überzeugt sind, dass es in diesem Stand nicht an Früchten der Heiligkeit mangelt, empfinden wir das Bedürfnis, die geeigneten Wege dafür zu finden, dass diese Heiligkeit festgestellt und der Kirche als Vorbild für die anderen christlichen Eheleute vorgestellt werden kann» (37). Mit der Seligsprechung von Luigi Beltrame Quattrocchi und Maria Corsini-Beltrame Quattrocchi wurde sein Wunsch erfüllt.

Luigi Beltrame-Quattrocchi kommt am 12. Januar 1880 in Catania (Sizilien) auf die Welt. Er studiert an der Sapienza-Universität in Rom Rechtswissenschaften. Nach seinem Abschluss arbeitet er zunächst in der Finanzverwaltung, später als Staatsanwalt und wird schliesslich Generalstaatsanwalt.

Kurz nach seinem Studienabschluss lernt Luigi die vier Jahre jüngere Maria Luisa Corsini kennen, das einzige Kind florentinischer Eltern. Sie stammt aus dem adligen Haus Corsini und hat seit frühester Kindheit eine umfangreiche Bildung genossen. Sie liebt Kunst und Literatur.

Maria ist tiefgläubig: Der tägliche Besuch der Heiligen Messe, Gebet und geistliche Begleitung gehören selbstverständlich zu ihrem Alltag. Luigi hingegen ist nicht wirklich praktizierend. Da beide einen sehr starken Charakter haben, gibt es während der ersten zwei Jahren ihrer Beziehung viele Auseinandersetzungen. Erst als Luigi Gott wieder Raum in seinem Leben gibt, stimmt Maria der Verlobung zu. Während ihrer Verlobungszeit schreiben sie sich Briefe und Karten, in denen gegenseitige Wertschätzung und Respekt durchscheinen.

Luigi und Maria heiraten am 25. November 1905 in der «Cappella Corsini» in der Basilika «Santa Maria Maggiore» in Rom. Als Ehepaar gehen sie jeden Morgen zur Messe und pflegen gemeinsame Gebetszeiten wie den abendlichen Rosenkranz. 1906 kommt ihr Sohn Filippo zur Welt, ihm folgen 1908 Stefania und 1909 Cesare.

Während ihrer vierten Schwangerschaft wird bei Maria eine «Placenta praevia» (Fehllage der Plazenta) diagnostiziert. Die Ärzte raten zu einer Abtreibung, doch das Ehepaar lehnt dies strikt ab. Es gelingt den Ärzten dann, die Wehen einzuleiten und das Kind vorzeitig zu entbinden – so komplettiert Enrichetta 1914 die junge Familie.

Jahre später erzählt ihr Sohn Cesare: «Es gab eine Art Wettlauf zwischen Vater und Mutter, um in der Spiritualität zu wachsen. Sie begann in der ‹Pole-Position›, da sie bereits eine intensive Glaubenserfahrung gemacht hatte, während er sicherlich ‹ein guter Mann war, gerecht und ehrlich, aber nicht sehr praxisorientiert›.» Das Ehepaar nimmt regelmässig an Exerzitien teil und besucht Theologiekurse an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Am Herz-Jesu-Freitag feiern sie als Familie immer die Heilige Messe mit, da sie sich dem Heiligsten Herzen Jesu geweiht haben.

Ein Leben für die Familie …
Das junge Paar geht in seiner Aufgabe als Eltern auf. «Wir erzogen sie [die Kinder] im Glauben, damit sie Gott erkennen und ihn lieben.»[1] Maria hält den familiären Alltag in ihren Schriften fest; es entstehen daraus Bücher, deren erzieherischer Wert noch heute aktuell ist. Bei allem vertrauen Luigi und Maria auf die göttliche Vorsehung.

1922 wird für die Eltern ein besonderes Jahr: Die Söhne Filippo und Cesare äusseren den Wunsch, Priester zu werden, die Tochter Stefania beschliesst, bei den Benediktinerinnen einzutreten. (Enrichetta wird später ein Privatgelübde ablegen.) Luigi und Maria fällt die Trennung schwer, doch gleichzeitig sind sie von grosser Freude erfüllt, drei ihrer Kinder dem Herrn zu schenken. Die Familie bleibt trotz der räumlichen Distanz verbunden. Später, als Filippo im Priesterseminar von Noci, Cesare im Seminar von Parma und Cecilia in Mailand ist, verbringt Luigi auch einmal ein Wochenende im Zug, um sie zu besuchen.

Während des Zweiten Weltkrieges weiht Maria ihre drei Kinder der Muttergottes. Filippo (inzwischen Don Tarcisio) und Cesare (Pater Paolino) sind als Armeeseelsorger tätig. Don Tarcisio entkommt der Torpedierung des Schiffes, auf dem er am 13. August 1942 eingeschifft wurde; Am 13. August des folgenden Jahres entgeht Pater Paolino den Schüssen eines Scharfschützen, als er die sterblichen Überreste eines gefallenen Soldaten birgt. Am selben Tag verlässt Stefania (Sr. Cecilia) das Benediktinerkloster in Mailand, kurz bevor es von Bomben getroffen wird.
 

 


… und die Nächsten
Trotz seiner beruflichen und familiären Verpflichtungen übt Luigi ein fruchtbares Apostolat aus und engagiert sich in katholischen Vereinigungen wie dem Italienischen Katholischen Pfadfinderverband (ASCI). Er gründet 1919 zusammen mit einem Freund eine Pfadfinderabteilung in Rom und ist von 1921 bis 1927 in der Generalleitung des ASCI.

Daneben arbeitet er mit Luigi Gedda in der «Azione cattolica» und der «Comitati Civici» zusammen, einer Organisation katholischer Laien, die sich für die Verteidigung der religiösen und moralischen Tradition des Landes und für die antikommunistische Mobilisierung der Bürger einsetzen. Er engagiert sich im «Movimento di Rinascita Cristiana» und in der «Fronte della Famiglia». Letztere hat zum Ziel, «den heiligen und unauflöslichen Charakter der Ehe zu bekräftigen», aber auch «ihren sozialen Wert zu bekräftigen und ihr physisches Wohlergehen und ihre wirtschaftliche Kohärenz zu fördern».

Auch Maria ist bei den Pfadfindern, in der «Azione cattolica» und dem «Movimento di Rinascita Cristiana» engagiert. Daneben ist sie als Lehrerin tätig, veröffentlicht pädagogische Schriften und hält Katechesen für Frauen in den römischen Pfarrgemeinden; vermutlich war sie die Erste, die Ehevorbereitungs-Kurse einführte.

Das Ehepaar wird Mitglied beim Dritten Orden der Franziskaner.

Während der beiden Weltkriege tun sie ihr Möglichstes, um verwundete Soldaten und Zivilisten zu helfen. Im Zweiten Weltkrieg steht ihr Haus an der Via Depretis – unmittelbar vor dem deutschen Hauptquartier – Bedürftigen offen, insbesondere Juden und anderen Flüchtlingen. Die Flüchtlinge werden mit Soutanen als «Tarnanzug» in die Abtei von Subiaco gebracht, wo sie Zuflucht finden. Die Familie rettet so über 150 Menschen vor der Verfolgung durch die Nazis. Maria arbeitet zudem als Krankenschwester beim Roten Kreuz.

Als Mitglieder von UNITALSI, einer Organisation, die kranke Menschen auf Pilgerreisen nach Lourdes und anderen Wallfahrtsorten begleitet, arbeitet Luigi als Bahrenträger, Maria als Krankenschwester.

Am 9. November 1951 stirbt Luigi. Die Trennung von ihrem geliebten Mann schmerzt Maria sehr, doch sie findet Trost in der Gewissheit, ihn im Himmel wiederzusehen. Sie widmet sich verstärkt der Erneuerung des christlichen Glaubens und der Familie. 14 Jahre später, am 26. August 1965, stirbt Maria unmittelbar nach dem Angelusgebet friedlich in den Armen ihrer Tochter Enrichetta.

Als Eheleute und als Eltern seliggesprochen
Der Seligsprechungsprozess für Luigi und Maria wurde am 18. Oktober 1994 eröffnet. Die Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II. erfolgte am 21. Oktober 2001 in Anwesenheit von drei ihrer vier Kinder – Sr. Cecilia war bereits 1993 gestorben; die beiden Söhne konzelebrierten bei der Messe. Der Tag der Seligsprechung war zugleich der 20. Jahrestag der Veröffentlichung des Apostolischen Schreibens «Familiaris Consortio».

Kardinal José Saraiva Martins, Präfekt der «Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse», erklärte, dass Luigi und Maria «aus ihrer Familie eine echte Hauskirche gemacht haben, die offen ist für das Leben, das Gebet, das Sozialapostolat, die Solidarität mit den Armen und die Freundschaft».

Papst Johannes Paul II. sagte in seiner Predigt: «Indem sie aus dem Wort Gottes und dem Zeugnis der Heiligen schöpften, haben die Eheleute ein gewöhnliches Leben auf aussergewöhnliche Weise gelebt. Inmitten der Freuden und Sorgen einer normalen Familie verstanden sie es, ein ausserordentlich reiches geistliches Leben zu führen. Im Mittelpunkt stand die tägliche Feier der Eucharistie, zu der die kindliche Verehrung der Jungfrau Maria, das Rosenkranzgebet am Abend und die Beziehung zu klugen geistlichen Ratgebern hinzukamen.» Der Papst verwies auf die vom Zweiten Vatikanischen Konzil erklärte «Berufung aller Gläubigen zur Heiligkeit». Diese gelte auch für Ehepaare als Ehepaare. «Diese besondere und genaue Weisung des Konzils findet heute volle Verwirklichung mit der ersten Seligsprechung eines Ehepaares: Bei diesem wurden die Treue zum Evangelium und der heroische Tugendgrad, ausgehend von ihrem Lebensstand als Eheleute und als Eltern, festgestellt.» Und Johannes Paul II. fuhr fort: «Liebe Familien, heute haben wir einen wunderbaren Beweis dafür, dass der gemeinsame Weg zur Heiligkeit als Ehepaar möglich und schön ist; und er ist ausserordentlich fruchtbar und entscheidend für das Wohl der Familie, der Kirche und der Gesellschaft.»

Luigi Beltrame Quattrocchi und Maria Corsini-Beltrame Quattrocchi sind in der Krypta des «Santuario della Madonna del Divino Amore» in Rom begraben.

Ein zweites Wunder auf die Fürsprache des Ehepaars wurde untersucht. Das Ergebnis steht noch aus. Wenn das Wunder anerkannt wird, können die beiden heiliggesprochen werden.

Für die jüngste Tochter Enrichetta wurde 2018 der Seligsprechungsprozess eingeleitet.

 


[1] «L’ordito e l trama», 9


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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