(Bild: Gael Garcia/Unsplash)

Kommentar

Gläu­bige Chris­ten unter Druck

Die Medien ver­mit­teln von beken­nen­den Chris­ten oft ein wenig schmei­chel­haf­tes Bild.

Dieser Beitrag erschien am 16. Februar im «Der Bund».

Unlängst hat im «Bund» negativ zu reden gegeben, dass der neue Generalsekretär von Bundesrat Albert Rösti ein gläubiger Christ und Mitglied einer Freikirche sei. Dass die Medien den christlichen Glauben des designierten Generalsekretärs Yves Bichsel an die grosse Glocke mit despektierlichem Grundton hängten, ist insofern erstaunlich, als es in einem freiheitlichen Staat die ganz persönliche Sache jedes und jeder Einzelnen ist, ob und woran er oder sie glaubt.

Was in Bezug auf Gläubige anderer Religionen zu Recht eingefordert wird: dass ihnen mit Respekt zu begegnen sei, gilt offensichtlich nicht im gleichen Masse für gläubige Christen. Während Kritik an gläubigen Moslems reflexartig als rassistisch etikettiert wird, dürfen sich die Medien offensichtlich ungeniert über gläubige Christen lustig machen. Man stelle sich den Aufschrei der Öffentlichkeit vor, wenn dieselbe mediale Kritik einem gläubigen Moslem gegolten hätte.

Die Tendenz, dass die Öffentlichkeit bekennenden Christen mit Unverständnis bis hin zu vehementer Ablehnung begegnet, gewinnt zusehends an Fahrt. Man schaue sich nur an, wie die Medien über Politiker, die sich zu ihrem christlichen Glauben bekennen, berichten: Da wird ein Regierungsrat als «unerbittlicher Christ», ein Parteipräsident als «scheinheiliger Kreuzritter» und ein Verbandsdirektor als «Partner von Gott und Kapital» tituliert. Ganz abgesehen vom Freikirchen-Bashing ist das Bild, das die Medien von bekennenden Christen vermitteln, meist wenig schmeichelhaft.

Wer in der Öffentlichkeit zu seinem christlichen Glauben steht, gilt schnell als rückständig und als fundamentalistischer Eiferer. Das Weltbild eines bekennenden Christen scheint vielen abstrus und defizitär zu sein. Und wer es wagt, aus religiöser Überzeugung unpopuläre Meinungen zu vertreten und sich etwa gegen den assistierten Suizid oder die gleichgeschlechtliche Ehe auszusprechen, wird umgehend als Frömmler, christlicher Fundi und rechter Hetzer denunziert. Aus Angst vor feindseligen Reaktionen vermeidet es deshalb so manch gläubiger Christ im Gespräch oder in den sozialen Medien, zu kontroversen Fragen Stellung zu beziehen.

Das muss zu denken geben. Oder gilt die viel beschworene Toleranz nur denen, die sich dem Gesinnungsdiktat der selbst ernannten Aufklärer unterwerfen? Gilt sie nicht in gleicher Weise auch gläubigen Christen, die nicht auf der Welle des Zeitgeistes surfen? Und weil in einer offenen Gesellschaft das Nein als Kern der Freiheit wichtiger ist als das Ja: Gilt die uneingeschränkte Meinungsfreiheit nicht auch jenen unbequemen Geistern, die an das glauben, was für viele unglaublich ist? Wie genau nehmen es jene, die in gläubigen Christen das personifizierte Mittelalter zu erkennen meinen, mit der Freiheit Andersdenkender und Andersglaubender? Wo bleibt ihre «Wokeness», ihre Wachsamkeit, wenn es um Sensibilität und Respekt gegenüber bekennenden Christen geht?

Es berührt eigenartig, dass ausgerechnet die, die sich in ihren Blättern unablässig als Moralisten aufspielen, von einem geradezu unheiligen Eifer getrieben sind, wenn es darum geht, gläubige Christen verächtlich zu machen. Jenen, die gegen Muslime hetzen und sie unter Generalverdacht stellen, und denen, die bekennenden Christen mit Ablehnung begegnen, ist eines gemeinsam: Beide wissen nicht zu unterscheiden zwischen der aufgeklärten Kritik an einer Religion und der Diffamierung von Menschen, die einem Glauben anhängen. Dabei müssten doch gerade die selbst ernannten Aufklärer inner- und ausserhalb der Medienhäuser wissen, dass es in dieser Gesellschaft ohne das Christentum weder eine Aufklärung noch eine Demokratie geben würde. Nur schon deshalb möchte man ihnen zurufen: Das bisschen Glauben der immer weniger werdenden Christen werdet ihr wohl doch noch ertragen können!

Béatrice Acklin Zimmermann und Bruno Bader

 

Béatrice Acklin Zimmermann ist Geschäftsführerin von Liberethica, einem Think Tank, der sich mit ethischen Fragen in Wirtschaft und Politik befasst. Bruno Bader ist Pfarrer in Saanen/Gsteig.
 

Originalbeitrag im «Der Bund»


Der Bund


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  • user
    Bolliger Andreas 20.08.2023 um 18:25

    Besser, intelligenter, durchdachter und prägnanter kann man der seit Jahren herrschenden Verleumdungs-Kampagne gegen überzeugte Christen (die das Evangelium ernst nehmen) nicht entgegnen. Wer gegen überzeugte Christen redet, hat eine enorme Wissenslücke betreffend politischen, humanitärem und wirtschaftlichem Fortschritt weltweit dank dem selbstlosen, aufopfernden Wirken von dienenden Christen aller Denominationen.


    Ich erschrecke, in der Schweiz Tendenzen zu erleben, die ich vor 40 Jahren in einem Hilfswerk für verfolgte Christen in der damaligen Sowjetunion gekannt habe. Als noch aktiver Lehrer (mit 70!) erlebe ich in allen Schulen Manipulation der Kinder, betreffend Moral, Religion etc. Die Meinungsdiktatur ist nicht weit.


    Herzliche Gratulation für diese Stellungnahme. Werde sie verbreiten.


    Freundlichen Gruss, Andreas Bolliger, Rothenburg