Kanzel in St. Peter in Zürich. (Bild: Niklaus Herzog/Swiss-cath.ch)

Mit spitzer Feder

Hei­rate nie einen Pfarrer!

Kar­di­nal Marc Ouel­let äus­serte anläss­lich sei­nes Rück­tritts als Prä­fekt der vati­ka­ni­schen Bischofs­kon­gre­ga­tion einen Wunsch: «Anstatt den Zöli­bat zu kri­ti­sie­ren, soll­ten wir ihn wert­schät­zen und Beru­fun­gen fördern.»

Sein Wunsch sollte überraschend schnell und von gänzlich unerwarteter Seite erhört werden: Mit der Schlagzeile «Heirate nie einen Pfarrer» kündigte die NZZ am Sonntag vom 19. Februar 2023 auf ihrer Frontseite einen Beitrag an, verfasst von Margrit Sprecher mit dem Titel «Auch Pfarrehen halten nicht ewig». Von «fleischlichen Versuchungen» ist darin die Rede, denen insbesondere «jene reformierten Pfarrer erliegen, die der religiösen Flaute wegen an ihrem Beruf leiden». Mehr als 50 Prozent und damit über dem Landesdurchschnitt beträgt die Scheidungsrate von reformierten Pfarrerinnen und Pfarrern. Eine der Ursachen ortet die Autorin im Stress, verursacht unter anderen von «sogenannten Kanzelschwalben, die den Pfarrer im Gemeindealltag von früh bis spät umflattern»: Auch deren katholische Variante ist nicht eben selten, nur sollte sie dort wohl zutreffender als «Tabernakelwanzen» bezeichnet werden. Ebenso sind die von Margrit Sprecher thematisierten chronischen Reibereien zwischen der Kirchenpflege und der Pfarrperson beileibe kein reformiertes Spezifikum, sondern eine konfessionsübergreifende Kalamität. Besonders tragisch ist der im Bericht erwähnte Fall der Pfarrerin und fünffachen Mutter Jacqueline Sonego, die nach dem Scheitern ihrer jahrelangen Ehe mit Mattias Mettner von einer «einschneidenden Lebenserschütterung» berichtet. Margrit Sprecher spricht zusammenfassend gar von einer «wahren Monsterwelle von Scheidungen in der reformierten Kirche». Und schildert damit ein Szenario, das nachgerade danach ruft, von einem Maler wie Hieronymus Bosch visualisiert zu werden.

Es ist dies ein ebenso eindrückliches wie unfreiwilliges Plädoyer für den Zölibat. Doch davon will die Präventionsbeauftragte des Bistums Chur, Karin Iten, partout nichts wissen – im Gegenteil. Ultimativ forderte sie im Migros-Magazin(!): «Am Zölibat muss gerüttelt werden.» Die gleichsam als Schreckschusspistole daherkommende Iten droht allen Seelsorgenden, die an ihrem Verhaltenskodex eine leise Kritik anzubringen wagen, mit dem finalen Schuss: «Eine Verweigerung der Unterschrift zeigt massive Qualitätsdefizite in der Reflexionsfähigkeit, da die Person zu Pauschalurteilen neigt oder das Anliegen der Prävention nicht genügend mitträgt. Von einer weiteren Zusammenarbeit ist abzuraten.» Und stürzt damit ihre Geschlechtsgenossinnen in ein schier unauflösbares Dilemma – denn nunmehr gilt, so die NZZ am Sonntag: «Heirate nie einen Pfarrer!»


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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Bemerkungen :

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    Martin W. Dreher 24.02.2023 um 11:09

    Als Anregung, Auffrischung und Erweiterung des Argumentariums sei folgendes Büchlein empfohlen.


    Hasn Conrad Zander: 10 Argumente für (für!) den Zölibat.

  • user
    Stefan Fleischer 20.02.2023 um 20:52
    Es ist überall das Gleiche:
    Wo Gott nicht mehr im Zentrum steht, werden die zentrifugalen Kräfte übermächtig.