Buchcover von «Engelbert Kolland. Vater Engel – Abouna Malak» von P. Gottfried Egger.

Weltkirche

«Ich bin ein Christ, ich bleibe ein Christ»

Am Sonn­tag, 20. Okto­ber 2024, spricht Papst Fran­zis­kus in Rom 14 Per­so­nen hei­lig, dar­un­ter die «Elf Mär­ty­rer von Damas­kus». Dies ist inso­fern beson­ders, weil hier acht Fran­zis­ka­ner mit den drei leib­li­chen Brü­dern Mas­sabki – christ­li­chen Maro­ni­ten – zur Ehre der Altäre erho­ben wer­den. Unter den ermor­de­ten Fran­zis­ka­nern ist der aus dem Zil­ler­tal stam­mende Engel­bert Kolland.

In der Klosterkirche des franziskanischen Pauluskloster in der Altstadt von Damaskus befindet sich beim Seitenaltar das Grab der elf Märtyrer von Damaskus. Der bekannteste unter ihnen ist der aus Österreich stammende Engelbert Kolland.

Der selige Engelbert (Taufname Michael) Kolland kam am 21. September 1827 in Ramsau im Zillertal zu Welt. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Eltern waren sogenannten «Inklinanten», das heisst, sie waren dem Luthertum zugeneigt. Trotz mehrfacher Interventionen des Pfarrers und des Fürsterzbischofs Friedrich von Schwarzenberg hielten sie an ihrer Glaubensüberzeugung fest und mussten schliesslich 1838 die Heimat in Richtung Steiermark verlassen. Später traten sie wieder der Katholischen Kirche bei, blieben aber in der Steiermark. Ihr Sohn Michael fühlte sich schon während seiner Gymnasialzeit von den Franziskanern angezogen und trat unmittelbar nach der Matura bei ihnen ein. Am 22. November 1850 legte er die feierliche Profess ab und nahm den Ordensnamen Engelbert an. Nach seiner Priesterweihe widmete er sich philosophischen und theologischen Studien in Schwaz, Bozen, Hall und Kaltern. In Bozen entdeckte er seine Sprachbegabung und lernte neben Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch auch Arabisch. Er sehnte sich danach, in die Mission zu gehen, um die Frohe Botschaft in aller Welt zu verkünden. 1855 erfüllte sich sein Wunsch: er wurde als Missionar ins Heilige Land geschickt.

Er lebte sich bald im Pauluskloster in Damaskus ein. Aufgrund seiner Arabischkenntnisse wurde er geholt, wenn jemand krank war und er Medizin besorgen sollte. Auch stand er den Menschen bei den verschiedensten familiären und geschäftlichen Sorgen bei. Er erteilte Religionsunterricht, unterrichtete in der Klosterschule Sprachen, trat als Streitschlichter auf und galt als Helfer der Armen, Kranken und Sterbenden. Die Gläubigen nannten ihn bald nur noch «Abouna Malak» (Vater Engel).

In Syrien gab es schon längere Zeit Spannungen zwischen den der christlichen Maroniten und muslimischen Gruppen, besonders der Drusen. Im Jahr 1860 brach ein Bürgerkrieg aus, der im Juli Damaskus erreichte. Das zumeist von Katholiken bewohnte Quartier wurde niedergebrannt. Beim Massaker von Damaskus vom 9. bis 16. Juli kamen rund 8000 Christen ums Leben, darunter 30 Priester und drei Bischöfe.

Am Nachmittag des 9. Juli 1860 versuchten die Drusen das Pauluskloster zu stürmen, konnten aber weder die verriegelten Tore aufbrechen noch die Klostermauern erstürmen. Der Muslim Abd el-Kader[1] rettete an diesem Tag zusammen mit seinen algerischen Soldaten viele Christen: Etwa 3000 Menschen brachten sie in seinem Palast und mehr als 12 000 auf der Zitadelle der Stadt in Sicherheit, darunter auch die Jesuiten, Lazaristen und Barmherzigen Schwestern. Emmanuel Ruiz, der Guardian des Franziskanerklosters, wies das Angebot von Abd el-Kader zurück, da er auf das wehrhafte Kloster und die Beliebtheit der Minderbrüder auch bei der islamischen Bevölkerung vertraute. Eine schreckliche Fehleinschätzung, wie sich zeigen sollte. Als sich die Lage immer mehr zuspitzte, vereinbarte man, dass Angestellte der Zitadelle die acht Patres – Br. Engelbert und sieben spanische Mitbrüder – um 2 Uhr nachts abholen sollten. Doch kurz nach Mitternacht drang der wütende Mob in das Kloster ein, nachdem ein ehemaliger Mitarbeiter des Klosters ihnen einen geheimen Zugang verraten hatte.

Die ersten Opfer waren drei Maroniten, drei leibliche Brüder. Franziskus, Abdulmuti und Raphael Massabki waren bereits über sechzig Jahre alt, Abdulmuti und Raphael halfen in der Klosterschule mit. Alle drei Brüder zeichneten sich durch ihre Frömmigkeit, ihre Grosszügigkeit und ihre Liebe zu den Armen und Bedürftigen aus.

In der Nacht auf den 10. Juli 1860 suchten sie mit vielen anderen Christen Zuflucht in der Klosterkirche. Sie beteten, beichteten und empfingen die heilige Kommunion. Als es den Angreifern gelang, in die Kirche einzudringen, riefen sie nach Franziskus, da er ihnen bekannt war. Sie boten ihm an, ihn und seine Familie zu retten, unter der Bedingung, dass sie dem christlichen Glauben abschworen und zum Islam konvertierten. Franziskus antwortete ihnen: «Wir Christen haben keine Angst vor denen, die den Körper töten.» Dann sah er seine beiden Brüder an und sagte zu ihnen: «Habt Mut und steht fest im Glauben; denn denen, die bis ans Ende ausharren, ist im Himmel eine Krone der Herrlichkeit bereitet.» Die Brüder blieben standhaft und erklärten: «Wir sind Christen und wollen als Christen leben und sterben.» Da es den Angreifern nicht gelang, die Brüder zu bekehren, wurden sie mit Stöcken, Dolchen und Äxten getötet.
 

 


Der Guardian Emmanuel Ruiz (*1804) war unmittelbar nach seiner Profess zur Evangelisierung nach Damaskus gesandt worden, wo er sich der Erziehung der Kinder und der Hilfe für Kranke und Hilflose widmete. Zeugen wiesen im Seligsprechungsprozess auf seine Frömmigkeit und seine Nächstenliebe gegenüber den Ärmsten und Bedürftigsten hin, die er stets mit einem ständigen Lächeln auf den Lippen weitergab und so Freude und Frieden um sich herum verbreitete.

Er war in der Nacht vom 9. auf den 10. Juli 1860 gerade dabei, die restlichen Hostien zu kommunizieren, um das Allerheiligste vor der Schändung zu schützen, als er in der Klosterkirche von den Eindringlingen überrascht wurde. Sie forderten ihn auf, seinen Glauben aufzugeben, was er aber entschieden ablehnte. Er legte seinen Kopf auf den Altar und wurde enthauptet. Der Mob suchte die anderen Brüder und brachten diese nacheinander durch Schläge, Hiebe und Schüsse um.

Der selige Carmelo Bolta Bañuls (* 1803) war ein fröhlicher und sehr gebildeter Mann, der fliessend auf Arabisch und Griechisch predigen konnte. Die türkische Regierung bot ihm einen Lehrstuhl für Arabisch in ihren Bildungseinrichtungen an, doch Br. Carmelo lehnte ab, um nicht von seiner Mission, Seelen zu retten, abzuweichen. Nach vielen Jahren in Jerusalem war er ab 1858 Pfarrer in Damaskus und gleichzeitig Lehrer der arabischen Sprache für die jungen Priester und für die von der katholischen Mission unterstützten Schulen, die täglich von mehr als 400 Schülern besucht wurden.

Der selige Francisco Pinazo Peñalver (* 1802) war 1825 als Laienbruder in den Franziskanerorden eingetreten. Nachdem 1835 in Spanien die Klöster aufgehoben und enteignet worden waren, arbeitete er zunächst als Sakristan bei Schwestern, die vom Gesetz über die Aufhebung des Ordensstatus nicht betroffen waren. Da er sich jedoch danach sehnte, ein geregeltes Leben zu führen und den Habit zu tragen, fuhr er 1843 mit dem Schiff ins Heilige Land. Er arbeitete zunächst im Kloster in Damaskus als Koch und Schneider. Es folgten Stationen in Jerusalem, Nikosia, Nazareth und Jaffa; 1858 kehrte er nach Damaskus zurück.

Die seligen Nicolás M. Alberca (* 1830), Pedro Soler (* 1827), Nicanor Ascanio (* 1814) und Juan Santiago Fernández (* 1808) kamen aus dem Franziskanerkloster von Priego und hatten sich erst im Januar 1859 ins Heilige Land begeben, um die Gemeinschaft im Kloster in Damaskus zu verstärken.

Br. Engelbert hatte von einer Frau einen weissen Mantel zur Tarnung erhalten und versuchte, über das Dach zu fliehen. Doch der Mantel war zu kurz und das braune Ordenskleid und die nackten Füsse in den Sandalen verrieten ihn. Als er von seinen Verfolgern umringt war, fragte er einen: «Freund, was habe ich dir getan?» Dieser gab zur Antwort: «Nichts, aber du bist Christ!» Nach Zeugenaussagen blieb er standhaft und erklärte: «Ich bin ein Christ, ich bleibe ein Christ. Noch mehr, ich bin ein Diener Christi, Priester der katholischen Gemeinde hier.» Dann bekreuzigte er sich. Daraufhin erhielt er einen ersten Hieb mit der Doppelaxt. Als er sich weiter weigerte, seinem Glauben abzuschwören, folgte ein zweiter Hieb. Bei der dritten Weigerung spalteten sie seinen Schädel.
Die Leichen der Märtyrer wurden zuerst an unwürdigen Orten entsorgt, erhielten aber später ein würdiges Begräbnis. Am 10. Oktober 1926 wurde Bruder Engelbert gemeinsam mit den anderen zehn Märtyrern des Paulusklosters seliggesprochen.

Nun werden alle elf Märtyrer am 20. Oktober 2024 heiliggesprochen werden. Diese Heiligsprechung hat auch eine ökumenische Dimension. Béchara Pierre Kardinal Raï, maronitischer Patriarch von Antiochien und des gesamten Ostens, hatte Papst Franziskus gebeten, die drei Brüder Massabki zusammen mit den acht Franziskanern heilig zu sprechen. «Ihre Reliquien sind mit denen der acht seligen franziskanischen Märtyrer vereint, die mit ihnen in der Kirche ihres Klosters gemartert wurden, und dies ist ein Zeichen der Einheit des Blutes zwischen Ost und West.»
 

P. Gottfried Egger OFM, Heiliger Engelbert Kolland. Vater Engel – Abouna Malak, The Best Kunstverlag 2024, ISBN 978-3-95056-100-5
P. Gottfried Egger OFM, Seliger Engelbert Kolland OFM – Märtyrer in Damaskus. Kurzbiografie mit Novene, Litanei und Zeittafel im Anhang. 46 Seiten, Art.-Nr. 1381, € 2.50, Miriam-Verlag

 

Quellen

https://www.engelbert-kolland.at/biografie/ausfuehrliche-biografie/index.html

https://www.franciscanos.org/santoral/manuelruiz.html

https://www.familyofsaintsharbel.org/blessed-massabki-brothers.html/#life

 


[1] Abd el-Kader war ein algerischer Freiheitskämpfer und Gelehrter, der in dieser Zeit in Damaskus lebte.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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