In der Klosterkirche des franziskanischen Pauluskloster in der Altstadt von Damaskus befindet sich beim Seitenaltar das Grab der elf Märtyrer von Damaskus. Der bekannteste unter ihnen ist der aus Österreich stammende Engelbert Kolland.
Der selige Engelbert (Taufname Michael) Kolland kam am 21. September 1827 in Ramsau im Zillertal zu Welt. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Eltern waren sogenannten «Inklinanten», das heisst, sie waren dem Luthertum zugeneigt. Trotz mehrfacher Interventionen des Pfarrers und des Fürsterzbischofs Friedrich von Schwarzenberg hielten sie an ihrer Glaubensüberzeugung fest und mussten schliesslich 1838 die Heimat in Richtung Steiermark verlassen. Später traten sie wieder der Katholischen Kirche bei, blieben aber in der Steiermark. Ihr Sohn Michael fühlte sich schon während seiner Gymnasialzeit von den Franziskanern angezogen und trat unmittelbar nach der Matura bei ihnen ein. Am 22. November 1850 legte er die feierliche Profess ab und nahm den Ordensnamen Engelbert an. Nach seiner Priesterweihe widmete er sich philosophischen und theologischen Studien in Schwaz, Bozen, Hall und Kaltern. In Bozen entdeckte er seine Sprachbegabung und lernte neben Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch auch Arabisch. Er sehnte sich danach, in die Mission zu gehen, um die Frohe Botschaft in aller Welt zu verkünden. 1855 erfüllte sich sein Wunsch: er wurde als Missionar ins Heilige Land geschickt.
Er lebte sich bald im Pauluskloster in Damaskus ein. Aufgrund seiner Arabischkenntnisse wurde er geholt, wenn jemand krank war und er Medizin besorgen sollte. Auch stand er den Menschen bei den verschiedensten familiären und geschäftlichen Sorgen bei. Er erteilte Religionsunterricht, unterrichtete in der Klosterschule Sprachen, trat als Streitschlichter auf und galt als Helfer der Armen, Kranken und Sterbenden. Die Gläubigen nannten ihn bald nur noch «Abouna Malak» (Vater Engel).
In Syrien gab es schon längere Zeit Spannungen zwischen den der christlichen Maroniten und muslimischen Gruppen, besonders der Drusen. Im Jahr 1860 brach ein Bürgerkrieg aus, der im Juli Damaskus erreichte. Das zumeist von Katholiken bewohnte Quartier wurde niedergebrannt. Beim Massaker von Damaskus vom 9. bis 16. Juli kamen rund 8000 Christen ums Leben, darunter 30 Priester und drei Bischöfe.
Am Nachmittag des 9. Juli 1860 versuchten die Drusen das Pauluskloster zu stürmen, konnten aber weder die verriegelten Tore aufbrechen noch die Klostermauern erstürmen. Der Muslim Abd el-Kader[1] rettete an diesem Tag zusammen mit seinen algerischen Soldaten viele Christen: Etwa 3000 Menschen brachten sie in seinem Palast und mehr als 12 000 auf der Zitadelle der Stadt in Sicherheit, darunter auch die Jesuiten, Lazaristen und Barmherzigen Schwestern. Emmanuel Ruiz, der Guardian des Franziskanerklosters, wies das Angebot von Abd el-Kader zurück, da er auf das wehrhafte Kloster und die Beliebtheit der Minderbrüder auch bei der islamischen Bevölkerung vertraute. Eine schreckliche Fehleinschätzung, wie sich zeigen sollte. Als sich die Lage immer mehr zuspitzte, vereinbarte man, dass Angestellte der Zitadelle die acht Patres – Br. Engelbert und sieben spanische Mitbrüder – um 2 Uhr nachts abholen sollten. Doch kurz nach Mitternacht drang der wütende Mob in das Kloster ein, nachdem ein ehemaliger Mitarbeiter des Klosters ihnen einen geheimen Zugang verraten hatte.
Die ersten Opfer waren drei Maroniten, drei leibliche Brüder. Franziskus, Abdulmuti und Raphael Massabki waren bereits über sechzig Jahre alt, Abdulmuti und Raphael halfen in der Klosterschule mit. Alle drei Brüder zeichneten sich durch ihre Frömmigkeit, ihre Grosszügigkeit und ihre Liebe zu den Armen und Bedürftigen aus.
In der Nacht auf den 10. Juli 1860 suchten sie mit vielen anderen Christen Zuflucht in der Klosterkirche. Sie beteten, beichteten und empfingen die heilige Kommunion. Als es den Angreifern gelang, in die Kirche einzudringen, riefen sie nach Franziskus, da er ihnen bekannt war. Sie boten ihm an, ihn und seine Familie zu retten, unter der Bedingung, dass sie dem christlichen Glauben abschworen und zum Islam konvertierten. Franziskus antwortete ihnen: «Wir Christen haben keine Angst vor denen, die den Körper töten.» Dann sah er seine beiden Brüder an und sagte zu ihnen: «Habt Mut und steht fest im Glauben; denn denen, die bis ans Ende ausharren, ist im Himmel eine Krone der Herrlichkeit bereitet.» Die Brüder blieben standhaft und erklärten: «Wir sind Christen und wollen als Christen leben und sterben.» Da es den Angreifern nicht gelang, die Brüder zu bekehren, wurden sie mit Stöcken, Dolchen und Äxten getötet.
Kommentare und Antworten
Sei der Erste, der kommentiert