Neupriester Pater Meinrad M. Hötzel. (Bild: zVg)

Interview

«Ich lege meine schiefe Hand­schrift in Got­tes Hände»

Am Sams­tag, 21. Juni 2025, wurde im Klos­ter Ein­sie­deln Fra­ter Mein­rad M. Höt­zel aus Tutt­lin­gen (D) zum Pries­ter geweiht; am Sonn­tag durfte er seine Pri­miz fei­ern. Im Inter­view mit «swiss​-cath​.ch» erzählt er von sei­nem Weg ins Klos­ter Ein­sie­deln, von sei­ner Fas­zi­na­tion für das Mönchs­le­ben und warum er schluss­end­lich doch Pries­ter gewor­den ist.

Sie stammen ursprünglich aus Deutschland. Wie haben Sie den Weg ins Benediktinerkloster Einsiedeln gefunden?
Zum ersten Mal war ich vor etwa 20 Jahren mit meiner Oma auf einer Busreise in Einsiedeln und kannte Einsiedeln also als Wallfahrtsort. Am Ende meines Master-Studiums in Geschichte in Wien besuchte ich bewusst verschiedene Klöster, um zu prüfen, ob ich dort um Eintritt bitten wollte. Auf Einsiedeln wurde ich durch die Lektüre von Werken unserer Mitschwester Sr. Hedwig Silja Walter aus dem Kloster Fahr aufmerksam.

Was fasziniert Sie am Leben in einem Kloster?
Der Idee, in ein Kloster einzutreten, wurde bei mir durch das Chorgebet geweckt. Ich finde es wunderschön, sich gegenseitig Verse der Psalmen zuzusingen und gemeinsam die Heilige Schrift zu hören und zu beten. Den ganzen Tag durch diese Gebetsform zu strukturieren und daraus Kraft für die Verkündigung des Glaubens und die Begegnung mit Menschen zu schöpfen, begeistert mich bis heute.

War Ihnen schon bei Ihrem Eintritt in Einsiedeln klar, dass Sie Priester werden möchten, oder hat sich diese Berufung erst nach und nach entwickelt?
Ins Kloster Einsiedeln bin ich eingetreten, um Mönch zu werden. Ich war mir damals nicht sicher, ob ich mich tatsächlich dazu berufen fühlte, dieses Mönchsleben als Priester zu leben. Deswegen war ich froh, dass ich diese Frage in die Hände des Abtes legen konnte und er mir auch am Anfang meines Theologiestudiums noch sagte, dass es zunächst mal darum ginge, dass ich mir Wissen und Kompetenz aneigne, um als Theologe Rede und Antwort stehen zu können, und wir die Entscheidung über eine mögliche Weihe später anschauen würden. Durch das jahrelange Erleben priesterlicher Vorbilder in und ausserhalb der Klostergemeinschaft, das Mitfeiern der Sakramente und die theologische Auseinandersetzung mit dem Priestertum ist in mir über die Jahre dann wirklich der Wunsch gewachsen, Priester zu werden und ich konnte von ganzem Herzen Ja sagen, als Abt Urban sagte, dass er mich gerne weihen lassen möchte.

Mit der Priesterweihe eröffnet sich ein neues Aufgabengebiet. Worauf freuen Sie sich am meisten?
Schon jetzt, in den ersten Tagen als Priester haben ich es sehr genossen mit den Pilgerinnen und Pilgern, den Menschen in Einsiedeln, den Mitschwestern im Fahr, meinen Mitbrüdern und anderen Leuten Eucharistie zu feiern und so noch intensiver mit den Gläubigen in diese intensivste Begegnung mit Christus einzutreten. Jetzt freue ich mich darauf, demnächst auch Beichte zu hören und Menschen so im Sakrament der Versöhnung die Vergebung ihrer Sünden durch Gott zusprechen zu dürfen.

Priester zu sein, ist ein Dienst, der viel Verantwortung mit sich bringt. Gibt es vielleicht auch Aspekte, vor denen Sie Respekt haben?
In Gottesdiensten, Sakramentenfeiern und Seelsorge übernimmt man als Priester Verantwortung für Situationen, die für die Menschen, mit denen man feiert, die man begleitet, denen man begegnet, sehr wichtig, persönlich und emotional sind. In all dem bin es nicht ich als Priester, der wirkt und dessen Nähe die Menschen suchen, sondern das ist Christus. Respekt habe ich aber davor, dass ich Menschen, egal ob bewusst oder unbewusst, durch meine Schwächen und Unzulänglichkeiten in solchen Situationen verletzten kann, indem ich eine gute Begegnung mit Gott behindere, statt sie zu befördern. Da hoffe und bete ich darum, dass Gott meine Schwächen aufgreifen und verwandeln kann, wie es mein Primizprediger gesagt hat. Denn Gott kann auch auf krummen Zeilen gerade schreiben, so lege ich meine schiefe Handschrift in seine Hände.
 


Sie wurden von Kardinal Jean-Claude Hollerich zum Priester geweiht. Ein Jesuit weiht einen Benediktiner – wie kam es dazu?
Ich kenne Jean-Claude Kardinal Hollerich aus meiner Studienzeit in Rom. Er ist sehr aktiv bei verschiedenen katholischen deutschen Studentenverbindungen und ist Ehrenmitglied zweier Verbindungen in Freiburg i. Br. und Rom, denen auch ich angehöre. Auf Anlässen der römischen Verbindung habe ich ihn kennen- und schätzen gelernt, weshalb ich Abt Urban vorgeschlagen habe, ihn für meine Priesterweihe anzufragen. Dankenswerterweise hat er zugesagt.

Was ist Ihnen von seiner Homilie besonders in Erinnerung geblieben?
Es hat mich sehr angesprochen, dass Kardinal Hollerich mich aufgefordert hat, ein Gottsuchender zu sein und zu bleiben. Denn die Gottsuche ist ja der Grundsatz des Lebens nach der Benediktsregel und hat mich überhaupt nach Einsiedeln geführt. Dann hat er mich daran erinnert, dass es Christus selbst ist, der mir Kraft und Hilfe in der Gottsuche ist, denn er zeigt mir, dass Gott mich liebt. Gott liebt aber nicht nur mich, sondern jeden Menschen, sodass ich auch allen anderen als von Gott Geliebten begegnen sollte. Dies könne ich glaubwürdig aber nicht aus einer Position der Stärke heraus, sondern nur, indem ich meinen eigenen Schwächen annehme und als mein Kreuz auf mich nehme. Denn nur so könne ich auch andere Menschen mit ihren Schwächen annehmen und ihnen helfen, ihr Kreuz zu tragen.

Das Kloster Einsiedeln feiert dieses Jahr den 100. Todestag von Bruder Meinrad Eugster. Haben Sie Gemeinsamkeiten mit Ihrem Namensvetter entdeckt oder war er eine ganz andere Person?
Bruder Meinrad Eugster ist mir ein grosses Vorbild. Es beeindruckt mich, wie er in allen Herausforderungen und Schwierigkeiten seines Lebens immer die Ausgeglichenheit und Zufriedenheit bewahrt hat. Er war glücklich in seinem Leben hier als Mönch in Einsiedeln und ging voller Freude und Hoffnung auf die ewige Gemeinschaft mit Gott zu. Ausserdem finde ich es bewundernswert, wie einfühlsam er war und den richtigen Umgang mit seinen Mitmenschen fand. Und das tat er alles eingebunden in ein glaubwürdiges und zutiefst frommes Leben des Gebetes und der Hingabe an Gott. Daran möchte ich mich orientieren.

Was wünschen Sie sich für die Kirche?
Ich wünsche mir, dass die Kirche die Schönheit und Freude, die im Glauben und in der Beziehung zu Christus liegt, mit grösserer Begeisterung lebt und ausstrahlt. Ich bin überzeugt, dass wir so viel mehr Menschen helfen könnten, das wunderbare Geschenk der Liebe Gottes im Glauben anzunehmen, wenn wir Gläubigen uns gemeinsam mehr darauf konzentrieren und uns nicht so sehr mit uns selbst beschäftigen würden.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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Bemerkungen :

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    Joseph Laurentin 27.06.2025 um 22:37
    Mit Respekt gratuliere ich Pater Meinrad zur Priesterweihe. Möge er nie vergessen, dass er nun den heiligsten und zugleich verantwortungsvollsten Dienst ausübt: Als Priester handelt er in persona Christi – zum Heil der Seelen. Darum wird er einst strenger gerichtet als ein Laie (vgl. Jak 3,1). Seine Aufgabe ist es, den überlieferten Glauben unverkürzt zu verkünden. Erlauben Sie mir aber die Frage, warum ausgerechnet Kardinal Jean-Claude Hollerich ihn geweiht hat – ein Mann, der erklärt hat, homosexuelle Handlungen seien keine Sünde mehr, Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare unterstützt und die kirchliche Lehre dem Zeitgeist anpassen will. Gerade ein Neupriester sollte sich klar zur unveränderlichen Wahrheit der Kirche bekennen.
    • user
      Martin Meier-Schnüriger 28.06.2025 um 14:47
      Pater Meinrad hat im Interview erklärt, warum er sich von Kardinal Hollerich weihen liess. Ich gebe zu, dass ich Ihre Bedenken zunächst auch teilte. Aber ich sage mir: gemäss kirchlicher Lehre ist das persönliche Leben des Spenders eines Sakramentes nicht ausschlaggebend für die Wirkung des Sakramentes. Ich durfte Pater Meinrad zwei Tage nach seiner Priesterweihe als Zelebrant der Frühmesse in der Gnadenkapelle erleben und war beeindruckt: Er hat das hl. Messopfer würdig und vollständig korrekt gefeiert, ohne eigene Einschübe und ohne Weglassungen, dazu in einem schönen und altehrwürdigen Messgewand. Ich könnte mir deshalb gut vorstellen, dass er mit gewissen Einstellungen von Kardinal Hollerich nicht einverstanden ist. Seien wir froh um Priester wie P. Meinrad und, wie auch schon erwähnt, suchen wir nicht krampfhaft Haare in der Suppe ...
      • user
        Joseph Laurentin 29.06.2025 um 14:54
        Selbstverständlich ist das Weihesakrament gültig, das bezweifle ich nicht. Aber mein Unverständnis über die Wahl von Kardinal Hollerich als Weihespender bleibt bestehen. Wenn Sie mir vorwerfen, nach Haaren in der Suppe zu suchen – könnte es nicht ebenso sein, dass Sie selbst die Dinge durch eine rosarote Brille sehen? Was hilft einem Neupriester auf dem Weg zur Heiligkeit mehr: berechtigter, wohlmeinender Widerspruch oder unreflektierter Beifall? Kardinal Hollerich steht mit seinen Äusserungen klar für eine Abkehr von der überlieferten Lehre und trägt zur Verweltlichung der Kirche bei. Das kann und darf man nicht gutheissen – weil es objektiv falsch ist.
        • user
          Martin Meier-Schnüriger 30.06.2025 um 12:41
          Wer sagt Ihnen, dass P. Meinrad die Ansichten von Kardinal Hollerich gutheisst?
          • user
            Joseph Laurentin 01.07.2025 um 19:15
            Pater Meinrad hat sich meines Wissens in keiner Weise öffentlich zu den theologischen Positionen von Kardinal Hollerich geäussert. Dennoch lässt sich aus seiner bewussten Entscheidung, Kardinal Hollerich als Bischof für seine Priesterweihe zu wählen, zumindest indirekt etwas ableiten oder vermuten. Es bestand keinerlei Zwang zur Wahl gerade dieses Weihespender – ihm standen andere, auch theologisch anders ausgerichtete Bischöfe zur Verfügung. Die Entscheidung war frei und mit Sicherheit wohlüberlegt. Und wie jede symbolische Handlung in der Kirche trägt auch diese Wahl eine Aussagekraft in sich – ob ausdrücklich intendiert oder zumindest in der Aussenwirkung wahrnehmbar. Die Kirche ist nicht irgendein Verein. Ihre Lehre ist kein Meinungsangebot unter vielen. Wer sich durch sein öffentliches Wirken von dieser Lehre entfernt, trägt Mitverantwortung für eine Verwirrung der Gläubigen und für die fortschreitende Verweltlichung, die wir überall beobachten können – und nicht schweigend hinnehmen dürfen.
    • Dominik Thali 04.07.2025 um 13:39
      Vielleicht brechen Sie ja dereinst vor Neupriester P. Meinrad ins nächste Leben auf und können dann von dort aus sagen, ob
      - Priester "strenger gerichtet" werden als Laien
      - Homosexualität Sünde ist
      und
      - gleichgeschlechtliche Paare keinen Segen verdienen

      Ich bin schon gespannt auf ihren Kommentar dann auf swiss-cath.ch!
      • user
        Joseph Laurentin 05.07.2025 um 18:18
        Eine Anfrage vom Redaktor des kantonalen Pfarreiblattes Luzern zu erhalten, überrascht mich ehrlich gesagt ein wenig. Vielen Dank dennoch für Ihre Neugier – die theologische Klärung überlasse ich gerne dem Jüngsten Gericht, wo nicht Ironie, sondern Wahrheit zählt. Bis dahin halte ich mich lieber an das, was die Kirche seit zwei Jahrtausenden lehrt – und nicht an das, was gerade gut ankommt. Wenn ich wirklich vor P. Meinrad ins Jenseits abtrete und falls ich in den Himmel komme, schick ich Ihnen gerne eine Postkarte.