Foto der heiligen Bernadette Soubirous aus dem Jahr 1861.

Kommentar

«Ich ver­spre­che Ihnen nicht …»

Oft­mals, wenn uns in einer Pre­digt oder sonst wo erklärt wird, was wir nur alles tun oder las­sen müss­ten, um eine bes­sere Welt zu schaf­fen, um alle Men­schen – wenigs­tens eini­ger­mas­sen – glück­lich zu machen, kommt mir die Bot­schaft unse­rer Lie­ben Frau von Lour­des an Ber­na­dette anläss­lich der drit­ten Erschei­nung in den Sinn.

«Ich verspreche Ihnen nicht, Sie in dieser Welt glücklich zu machen, sondern in der anderen.»

Nun könnte man sagen, dieses Versprechen hätte nur Bernadette gegolten. Zum Teil ja. Aber ich glaube, das gilt auch allen von uns, so wie das «Dornen und Disteln lässt die Erde dir wachsen» (vgl. Gen 3,18), als unsere Stammeltern das irdische Paradies verlassen mussten, auch heute noch alle Menschen mehr oder weniger empfindlich trifft.

Das irdische Glück, ja, das kann Gott uns schenken, wenn er will, wenn es zu unserem und/oder dem Heil unserer Nächsten nützlich ist. Wir dürfen, ja, wir sollen auch darum beten und dafür dankbar sein. Wir dürfen, ja wir sollen uns auch darum bemühen, nicht nur für uns selbst, sondern für alle Menschen, unsere Allernächsten bis zu den uns Allerfernsten. Solange wir dabei nicht vergessen: «An Gottes Segen ist alles gelegen!» entspricht dies dem klaren Willen und Auftrag unseres Herrn.

Aber zu behaupten, unser irdisches Unheil sei alles hausgemacht, beruhe einfach auf unseren Fehlern und unserem menschlichen Versagen, ist wohl zu oberflächlich. Wenn alles Gute von Gott kommt, so kommt alles Böse vom Widersacher, von Satan, der alten Schlange – oder dieser hat zumindest die Finger im Spiel.

Dieses grosse Geheimnis hier erklären zu wollen, würde zu weit führen. Es ist ja immer nur ansatzweise in menschliche Worte zu fassen. Es gehört zu unserem freien Willen, den Gott uns geschenkt hat. Diesen nimmt er nie zurück. Mir hilft oft das, was wir in einem alten Kirchenlied ausdrücken:

Du gabst, o Herr, mir Sein und Leben,
und deiner Lehre himmlisch Licht.
Was kann dafür, ich Staub, dir geben?
Nur danken kann ich, mehr doch nicht.

Wohl mir! Du willst für deine Liebe
ja nichts, als wieder Lieb' allein;
und Liebe, dankerfüllte Liebe
soll meines Lebens Wonne sein.1

Gott ist unendlich grösser, als wir ihn je denken können. Und somit ist auch das heute so viel beschworene Reich Gottes unendlich grösser, als wir es je denken können. Es mehr oder weniger auf diese Welt hier und jetzt beschränken zu wollen, greift eindeutig zu kurz. Ja, wo unser irdisches Heil zum Zentrum und Ziel unseres Lebens wird, laufen wir Gefahr, das wesentlich grössere, ewige Heil zu verscherzen.

Maria, unsere Mutter, verspricht auch uns nicht, uns in dieser Welt glücklich zu machen, sondern in der anderen. An uns ist es, unseren Weg hier und jetzt zu gehen, unseren Auftrag hier in Dankbarkeit und Vertrauen zu erfüllen und uns von ihr und ihrem Sohn führen zu lassen zu jener anderen heilen ewigen Welt.
 

Gastkommentare spiegeln die Auffassungen ihrer Autorinnen und Autoren wider.

 


1 «Du gabst, o Herr, mir Sein und Leben». Text: Johann Philipp Neumann (1827). Melodie: Franz Schuber (1827).


Stefan Fleischer


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