Szenen aus dem Leben der heiligen Idda von Toggenburg. Toggenburg Museum, Lichtensteig. (Bild: Plutowiki, CC0, via Wikimedia Commons)

Kirche Schweiz

Idda von Tog­gen­burg – eine Hei­lige des Volkes

Mor­gen Sonn­tag, den 3. Novem­ber, fei­ert die Kir­che den Gedenk­tag der hei­li­gen Idda von Tog­gen­burg. Vor 300 Jah­ren bewil­ligte Papst Bene­dikt XIII. ihre Ver­eh­rung für das Bis­tum Kon­stanz und machte damit offi­zi­ell, was vom Volk bereits seit Jahr­hun­der­ten gelebt wurde.

Über das Leben der heiligen Idda ist wenig bekannt. Das Benediktinerkloster in Fischingen brannte 1440 bis auf die Grundmauern nieder, sodass es keine historischen Quellen vor diesem Datum gibt. Idda soll um 1140 als Tochter eines Adligen in Kirchberg bei Ulm geboren worden sein und einen Grafen aus dem Geschlecht der von Toggenburg geheiratet haben. Es wird vermutet, dass es sich um Diethelm IV. von Toggenburg gehandelt hat. Nach dem frühen Tod ihres Gatten führte sie ein gottgeweihtes Leben. Sie starb um das Jahr 1200 und wurde schon bald als Heilige verehrt.

Die Legende besagt, dass der Graf von Toggenburg Idda, die Tochter eines Grafen von Kirchberg bei Ulm heiratete. Eines Tages legte Idda ihren Ehering auf das Fensterbrett. Ein Rabe stahl das Schmuckstück und flog davon. Sie wagte nicht, ihrem eifersüchtigen Gemahl den Verlust zu beichten, und hoffte, der Ring werde sich wieder finden. Und wirklich wurde er von einem Jäger gefunden, der ihn nichts ahnend an den Finger steckte. Als der Graf ihn an der Hand des Jägers sah, vermutete er, dass seine Frau ihn mit diesem Mann betrogen hatte. In seinem Zorn liess er den Jäger töten und zerrte Idda auf die Zinnen der Burg, von wo aus er sie in die Schlucht warf.

Auf wundersame Weise überlebte Idda den Sturz und lebte als Einsiedlerin im Wald. Erst nach mehreren Jahren wurde sie entdeckt. Als ihr Mann davon hörte, ging er zu ihr und erkannte seine Schuld. Er bat sie, zu ihm zurückzukommen, doch Idda wollte ihr zurückgezogenes Leben weiterführen. So baute der Graf für sie eine Klause. Idda kümmerte sich um die Armen, unterrichtete Kinder und spendete Ratsuchenden Trost. Wenn sie im Dunkeln zur Messe ins Benediktinerkloster ging, begleitete sie ein Hirsch mit zwölf Lichtern auf seinem Geweih.

Es wird auch erzählt, dass der Teufel die heilige Idda versuchte. Als sie eines Abends in die Heilige Schrift vertieft war, kam er und löschte das Licht. Da hielt sie die Kerze zum Fenster hinaus, wo ein Grab lag. «Steh auf und zünde meine Kerze an!», rief sie dem Toten zu. Und der Tote stand auf und zündete die Kerze an. Die Legende besagt, dass es sich bei dem Toten um ihren Ehemann gehandelt haben soll, der vor ihr verstorben war.

Nach ihrem Tod ums Jahr 1200 wurde sie in der Toggenburger Kapelle neben der Klosterkirche begraben und als Heilige verehrt. Die Toggenburger Kapelle wurde in der Folge zur Iddakapelle. Im Jahr 1496 liess Abt Heinrich Schüchti das spätgotische Grabmal über der Grabstätte der heiligen Idda errichten.

Eine starke Frau mit einer starken Geschichte
Dass die heilige Idda historisch wenig fassbar ist, ist für Pater Gregor Brazerol, Prior des Klosters Fischingen, kein Problem. «Die Menschen lieben die Legende der heiligen Idda, die von Albrecht von Bonstetten zusammengestellt wurde. Sie ist ein Zusammenzug verschiedener älterer Legendenmotive. Aber das weiss kaum jemand und stört auch niemanden.» Ebenso wenig, dass das Grab der Heiligen leer ist und keine Reliquien von ihr erhalten sind. Die starke Geschichte von der Ehekrise, vom Absturz, vom Herausfallen aus der Gemeinschaft sei heute für viele anschlussfähig. «Idda verkörpert einen Menschen, der einen Bruch in der Biografie verkraften musste. Sie hat sich mit ihrem Mann versöhnt, hat aber ihre neue Lebensform beibehalten. Oder am Ende der Legende gibt es das Motiv, dass sie das Licht aus der jenseitigen Welt erhält und in diesem Licht sich mit ihrem Mann, ihrem Leben und vielleicht auch mit dem eigenen Tod versöhnen kann.»

In der Klosterkirche werden mit biblischen Zitaten verbundene Szenen aus der Legende dargestellt. Beim Motiv vom Hirsch mit den zwölf Flammen auf dem Geweih steht ein Vers aus Psalm 119: «Dein Wort ist meinem Fuss eine Leuchte, ein Licht für meine Pfade.» Für Pater Brazerol ist das immer eine wichtige und hilfreiche Rückbindung der Heiligenlegende an die Heilige Schrift. «Christliches Leben schöpft Kraft aus der Schrift, die uns hilft, das eigene Leben zu deuten.»
 


Verborgener Wallfahrtsort
Auch wenn es in der Zentralschweiz vereinzelt Kirchen respektive Kapellen gibt, die der heiligen Idda gewidmet sind, so ist ihre Verehrung doch vor allem regional: im Kloster Fischingen und in der Kirche auf der Iddaburg. Hier soll das legendäre Schloss gestanden haben.

Im Kloster Fischingen brennen jeden Tag Kerzchen an ihrem Grab, erzählt Pater Brazerol. «Fischingen ist kein Ort, an den grosse Wallfahrtsströme kommen. Wir liegen am Jakobsweg, genauer am Schwabenweg von Konstanz nach Einsiedeln, so sind das Kloster und das Grab der heiligen Idda für viele Pilger und auch für viele Touristen und Ausflügler eher eine Entdeckung. Sie staunen, an diesem eher abgelegenen Ort ein grosses Kloster und eine herrliche Barock-Architektur zu finden.»

Unter dem Sarkophag der Heiligen befindet sich eine kleine Türe, die sich öffnen lässt. Es ist Brauch unter den Pilgern, hier ihre wunden Füsse hineinzuhalten, um Linderung zu erhalten. Pater Brazerol erinnert sich an ein besonderes Erlebnis. «Einmal kam eine Pilgerin, die schlecht geschlafen hatte, weil so viele Dinge aus ihrem Alltag und Beruf sie nicht zur Ruhe kommen liessen. Sie sagte spontan, sie bräuchte nicht die Füsse in die Öffnung zu halten, sondern besser den Kopf. Ich ermutigte sie dazu, sodass sie sich bäuchlings auf den Hocker legte und tatsächlich ihren Kopf ins Iddagrab steckte.»

Am Gedenktag der heiligen Idda, morgen Sonntag, ist Weihbischof Josef Stübi Gastzelebrant und Prediger. Pater Gregor Brazerol ist auf die Homilie gespannt, um zu erfahren, wo und wie sich der Weihbischof von der Legende angesprochen fühlt. Er selbst war bereits im Kindergarten von der Legende der heiligen Idda berührt: «Im Kindergarten erzählt uns die Schwester die Legende der heiligen Idda, was mich zu Tränen rührte, weil sie ungerecht behandelt wurde. Heute bin ich froh, eine himmlische Verbündete zu haben. Die personelle Situation im Kloster ist schwierig, die Arbeit in der Pfarrei und die kommenden Veränderungen in der Ortskirche sind herausfordernd. Da teile ich mit Menschen aus meinem Umfeld die gute Erfahrung, dass die heilige Idda hilft. Sie hat sich von Christus getragen und aufgefangen erfahren und ist ihren Weg weitergegangen. Das ist auch meine Perspektive.»


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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Bemerkungen :

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    Meier Pirmin 03.11.2024 um 11:12
    Ida von Toggenburg, deren Namenstag am gleichen Tag ist wie der von Pirmin und Hubert, beschäftigte mich grundlegend im Zusammenhang mit der Schweiz. Frauenmystik, aber auch dem Prolem der Ehe bei Bruder Klaus, worüber in Olten an Allerheiligen im ehem. Kapuzinerkloster ein anregendes Gespräch stattfand. Über Ida hat der Katechismusverfasser Petrus Canisius, wie Glarean und Bullinger ehemaliger Angehöriger der Kölner Montanerburse, wo Scholastik und Humanismus gleichzeitig gepflegt wurden, verfasste eine die Dogmatik und Pragmatik der Ehe betreffende Biographie der heiligen Ida von Toggenburg. Dabei warnte er davor, Ida schlechthin als Beispiel zu nehmen, dass schlecht behandelte Frauen einfachhin sich trennen könnten. Zumal die Weigerung von Ida, der einst Verstossenen und Verleumdeten , ein Versöhnungsangebot ihres Mannes anzunehmen, wäre unmoralisch gewesen, hätte sie sich nicht nach der Verstossung in ihrer Höhle als Einsiedlerin mit Gott verlobt, was notabene bei ihr offenbar ohne bischöfliche Bewilligiung geschah, vgl. die beiden ersten Jahre des Einsiedlerdaseins von Bruder Klaus, der anfänglich "schwarz" geeinsiedlert hat, auch die formelle Genehmigung der Ehefrau, Bedingung für verheiratete Eremiten, vgl.Entlebuch-Eremit Johann von Aarwangen und seine vornehme Gattin Verena Senn von Münsingen, wurde frühestens bei der Einweihung der Ranftkapelle 1469 (mutmasslich) bischöflich homologiert, worüber freilich kein separates Protokoll aufgenommen wurde. Es ist aber ein Teil der fortwährend umstrittenen Eheproblematik von Bruder Klaus. Wie auch immer, Ida, wiewohl legendenhaft, und Klaus von Flüe haben einiges gemeinsam. Die Idabiographie von Canisius, in Freiburg geschrieben, ist auf jeden Fall ein kirchengeschichtlich sehr bemerkenswerter Text.
    • user
      Michael 03.11.2024 um 15:38
      Glückwunsch zum Namenstag. Heute ist auch Pirmin.