Petra Andrea Hug und Johanna Kanik (v.l.). (Bilder: zVg)

Hintergrundbericht

Iko­nen­kurse: Wo der Him­mel sicht­bar wird

In der Pfar­rei St. Josef Zürich fand vom 24. bis 30. März 2025 ein Iko­nen­kurs für Anfän­ger statt. «Swiss​-cath​.ch» sprach mit zwei Teil­neh­me­rin­nen über ihre Erfah­rung: Johanna Kanik, Team­lei­te­rin des Ore­mus Klos­ter­la­dens Zürich, und Petra Andrea Hug, Seel­sor­ge­rin in Die­t­i­kon und Engs­trin­gen, die sich einen der begehr­ten Plätze sichern konnten.

Was hat Sie dazu motiviert, an diesem Ikonenkurs teilzunehmen und mit welchen Erwartungen sind Sie in den Kurs gekommen?
Petra Andrea Hug: Ich besuchte zahlreiche Ikonenkurse der Ikonen-Schule und erlebte mit Freude die Gründung des Vereins, dem ich als aktives Mitglied angehöre. Die letzte Ikone, die ich vor diesem Kurs schrieb, entstand vor zwei Jahren – seitdem hat es leider nicht mehr geklappt. Der Wunsch, wieder eine Ikone zu schreiben, war jedoch nach wie vor präsent. Als ich die Ausschreibung für diesen Kurs in St. Josef Zürich sah, war für mich sofort klar, dass ich teilnehmen möchte. Da Pfarreimitglieder Vorrang hatten, war lange unsicher, ob ich dabei sein werde. Meine Erwartungen an den Kurs waren, die Freude am Schreiben wiederzuentdecken, die Methoden aufzufrischen und vor allem meine Fähigkeiten zu verbessern.

Johanna Kanik: Die Schönheit der Ikonen spricht mich persönlich sehr an. Als ich von dem Kurs hörte, war ich zunächst unsicher, ob ich teilnehmen sollte. Doch die Sehnsucht, das Alltägliche durch kreatives Tun zu durchbrechen, drängte mich. Der Heilige Josef war schliesslich der ausschlaggebende Grund. Schon länger wünschte ich mir eine handgeschriebene Ikone von ihm, aus Dank, weil er mir schon so oft geholfen hat. Die Entscheidung, die Ikone selbst zu schreiben, war einerseits kostengünstiger, andererseits dachte ich, dass ich so eine viel tiefere und persönlichere Verbindung zum Heiligen Josef aufbauen kann. Mit grosser Freude wurde meine Erwartung erfüllt, dass die Ikone so schön wird, dass ich sie zu Hause aufstellen und vor ihr beten kann.

Ikonen sind liturgische Gegenstände. Wie verstehen Sie diese Funktion von Ikonen und wie setzen Sie diese in Ihrem Glaubensleben um?
Petra Andrea Hug: Ikonen, besonders die selbst geschriebenen, haben für mich eine sehr grosse Bedeutung in meinem Gebets- und Glaubensleben. Mit einer Ikone vor mir kann ich viel tiefer in das Gebet eintauchen. Vor allem sehe ich in jeder Ikone etwas von mir und meiner eigenen Biografie. Es ist für mich sehr wertvoll, dass eine Ikone, ebenso wie der Altar in der Kirche, an fünf Stellen mit Chrisam gesalbt wird. Allein das verdeutlicht, wie wichtig eine Ikone ist. In meiner Wohnung gibt es eine kleine Ikonostase mit Ikonen, die ich selbst geschrieben habe. Wenn ich das Haus verlasse, verabschiede ich mich oft auch von meinen Ikonen. Für mich sind die abgebildeten Personen in diesen Ikonen nicht nur bildlich präsent, sondern auch gegenwärtig in meinem Leben – sie sind für mich keineswegs fremd.

Johanna Kanik: Ich denke, dass Ikonen uns helfen, aus unserem Gedankenstrudel herauszukommen und uns wieder auf Gott auszurichten. Manchmal, wenn ich an einer Ikone vorbeigehe, merke ich, wie sie mir hilft, mich innerlich wieder auf das Wesentliche zu besinnen, ein kleines Stossgebet zu sprechen und innere Ruhe zu gewinnen. Aber auch das längere Gebet vor der Ikone und deren Betrachtung empfinde ich als eine Stärkung auf dem persönlichen Lebens- und Glaubensweg.
 


Was glauben Sie, warum die westliche Theologie die Entwicklung der christlichen Bilder und Bildtheologie nicht in dem Masse vorangetrieben hat wie die orthodoxe Ikonentheologie?
Petra Andrea Hug: Ich weiss nicht, ob wir westlichen Christen den Bezug zu den unzähligen Heiligen verloren haben oder ob die westliche Theologie befürchtet, dass die Vielzahl an Heiligenbildern uns vom Wesentlichen ablenken könnte – dass wir vielleicht Christus nicht mehr klarsehen, weil wir zu sehr in der Fülle der Darstellungen verhaftet sind. Auf jeden Fall ist eine gewisse Bildarmut in der westlichen Theologie spürbar.

Johanna Kanik: Dies ist für mich schwierig zu beantworten, da ich mich mit der historischen Entwicklung der Theologie noch nicht auseinandergesetzt habe. Aber ich denke, dass die westliche Theologie viel in die Vertiefung der Glaubenslehre (Dogmen, Katechismus usw.) investiert hat. Vielleicht ist dabei die Bildtheologie ein Stück weit in den Hintergrund geraten.

Welche Herausforderungen haben Sie bei der Umsetzung der Ikonographie im Kurs erlebt und welche Aspekte des Handwerks der Ikonographen fasziniert Sie am meisten?
Petra Andrea Hug: Die grössten Herausforderungen waren und sind noch immer die Gesichter. Sie sind das Herz der Ikone. Ich versuchte, das Gesicht meiner Jeanne d’Arc selbst zu gestalten – doch es gelang mir nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Zum Glück ist der Kursleiter ein wahrer Meister seines Fachs, und in kürzester Zeit hauchte er dem Gesicht Leben ein. Ich träume weiterhin davon, dass mir das eines Tages ebenfalls gelingen wird. Es fasziniert mich immer wieder aufs Neue, wie ein einziger Strich an der richtigen Stelle einen so grossen Effekt haben kann. Vom einen auf den anderen Moment wirkt ein Kleid oder ein Gesicht lebendiger. Faszinierend!

Johanna Kanik: Die grösste Herausforderung war das Gesicht. Allein zwölf verschiedene Farben sind nötig, um es zu schreiben. Da war ich sehr froh über die Unterstützung von Mike Qerkini. Die grösste Faszination lag für mich im inneren Prozess, den ich beim Schreiben der Ikone durchleben durfte. Beeindruckend war die Übertragbarkeit auf das Leben, wie man einzelne Schritte geht, herausgefordert wird in der Geduld und am Schluss voller Freude auf das Gesamte blickt.

Wie bewerten Sie das Angebot der Ikonen-Schule in der Pfarrei St. Josef Zürich? Glauben Sie, dass solche Kurse helfen könnten, die Bedeutung von Ikonographie und Bildtheologie auch in den Schweizer Pfarreien stärker ins Zentrum zu rücken?
Petra Andrea Hug: Der Ikonenkurs in der Pfarrei St. Josef war einfach grossartig. Von der Organisation über die Durchführung bis hin zur Gemeinschaft stimmte einfach alles. Besonders gefreut hat es mich, dass auch der Pfarradministrator Remo Eggenberger eine Ikone geschrieben hat. Das zeigt seine Wertschätzung gegenüber der Ikonographie und Bildtheologie. Ich bin fest davon überzeugt, dass solche Kurse in jeder Pfarrei eine neue Beziehung zu Jesus Christus und besonders zu seiner Gegenwart in den Heiligen Ikonen wecken können. Dies kann aber auch schon durch einen Vortrag oder eine Führung in der jeweiligen Kirche geschehen, bei der die Bilder in der Kirche auf neue Weise entdeckt und mit Kopf und Herz verstanden werden. Die Bildtheologie ist definitiv ein Thema, das für jede Pfarrei viel zu bieten hat!

Johanna Kanik: Dieses Angebot war geistig sehr bereichernd. Auch die Impulse und Erklärungen von Mike Qerkini ermöglichten es, eine neue Perspektive auf die Ikonographie zu gewinnen. Ich denke, solche Kurse helfen auf jeden Fall, die Bedeutung der Bildtheologie wieder ins Licht zu rücken.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Seit 2021 setzt sich der Verein Ikonen-Schule für die Förderung der östlichen und westlichen Ikonographie in ihren klassischen und modernen Formen ein. Im Fokus stehen dabei die Bildtheologie der Ost- und Westkirche sowie die römisch-katholische Bildtheologie im liturgischen Kontext. Darüber hinaus engagiert sich der Verein in der liturgiewissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Bildtheologie, unterstützt Bildstudien und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs auf diesem Gebiet. Neben seiner akademischen Arbeit ist der Verein auch praktisch aktiv: Er bietet Referate und Ikonenkurse in Pfarreien an, bildet Ikonographinnen und Ikonographen aus und schafft eine Austauschplattform für christliche Kunst.


Mike Qerkini


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Bemerkungen :

  • user
    Dieter M. 03.04.2025 um 21:00
    Ernsthaft swiss-cath? Mike Qerkini veröffentlicht einen Text über das von Mike Qerkini gegründete und geleitete Unternehmen – und in diesem Text wird Mike Qerkini noch besonders positiv erwähnt... geht fast nicht peinlicher und journalistisch unsauberer!
    • user
      Mike Qerkini 03.04.2025 um 21:47
      Sehr geehrter Herr M.,
      es ist völlig legitim, dass Fachleute über ihre eigenen Projekte sprechen – insbesondere bei spezialisierten Themen wie Ikonographie und Bildtheologie. Der Artikel auf Swiss-cath.ch ist kein klassischer journalistischer Bericht, sondern ein fundierter Fachbeitrag, der authentische Einblicke in die Praxis der Ikonenkunst bietet. Zudem handelt es sich um ein Interview, in dem Teilnehmende des Kurses selbst zu Wort kommen. Ihre Aussagen spiegeln ihre persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen wider, was dem Beitrag eine unabhängige Perspektive verleiht. Dass Swiss-cath.ch den Ikonenkurs in Zürich als relevant und bereichernd einstuft, ist eine Anerkennung von aussen und zeigt, dass das Bildthema über den Kurs hinaus als bereichernd wahrgenommen wird – nicht etwa eine unsaubere Berichterstattung.
      Ich lade Sie ein, den Artikel unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten: Er stellt nicht eine Einzelperson in den Mittelpunkt, sondern rückt das Thema Bildtheologie und Ikonenkurse in den Fokus – ein Bereich, der eine vertiefte Auseinandersetzung verdient.

      PS: Die Ikonen-Schule ist kein Unternehmen, sondern ein Verein, der von mehreren Mitgliedern getragen wird und einem gemeinsamen Zweck dient.

      Mit freundlichen Grüssen und Gottes Segen
      Mike Qerkini