Ivan Saric im Büro des Pfarreiheims Bruder Klaus in St. Gallen-Winkeln (swiss-cath.ch/Niklaus Herzog).

Kirche Schweiz

Im Stein­bruch des Herrn

Am Sams­tag, den 25. März, wird Ivan Saric in der Kathe­drale St. Gal­len zum Pries­ter geweiht. Das Por­trät eines 32-​jährigen Man­nes, der sich von Gott in beson­de­rer Weise beru­fen weiss, um den ihm anver­trau­ten Gläu­bi­gen in unge­teil­ter Hin­gabe zu dienen.

Die dem heiligen Bruder Klaus geweihte Kirche in St. Gallen-Winkeln ist noch heute, 64 Jahre nach ihrer Einweihung, ein Blickfang: Ihre puristisch-reduktionistische Architektur inmitten gutbürgerlicher Wohn- und Geschäftshäuser ist unübersehbar. Damals, bei ihrer Einweihung vom 29. September 1959, löste die kahle Betonhülle der Kirche beim Gros des kirchlichen Fussvolkes einen mittleren Schock aus: «Seelen-Abschussrampe» wurde sie spöttisch ob ihres ungewohnten, neuartigen Zeltdaches genannt.

Und hier, Jahrzehnte später, sitzt im Pfarreiheim Ivan Saric bereit für ein Interview. Der Anlass dazu: Am Samstag, den 25. März 2023, empfängt er in der Kathedrale St. Gallen die Priesterweihe. Der Funke zu mir, dem Verfasser dieses Textes, springt rasch rüber. Denn uns verbindet eine unverbrüchliche Freundschaft. Beide haben wir in der Schweizergarde gedient: Ich als Hilfsgardist während den Sommerferien der Jahre 1972 und 1973 – nicht zuletzt, um mein Sackgeld aufzubessern; er während dreieinhalb Jahren bis Juli 2015 als Vollmitglied der Schutztruppe des Papstes.

Damit sind wir auch schon mitten in der Berufungsgeschichte von Ivan Saric. Der Wechsel zur Schweizergarde war für ihn zunächst mit einem spürbaren Trennungsschmerz verbunden, hatte er sich doch in seiner kirchlich-religiös geprägten Familie zusammen mit seinen vier Geschwistern rundum wohl gefühlt.

Doch bald wurde ihm die Schweizergarde zu einer zweiten Familie, ganz besonders in spiritueller Hinsicht. Sein Einstieg begann mit mehrtägigen Exerzitien unter der Leitung des damaligen Gardekaplans und heutigen Apostolischen Administrators der Diözese Lugano, Alain de Raemy. Erstmals in seinem Leben hatte Ivan Saric die Erfahrung gemacht, wie die äussere Ruhe der Exerzitien Raum schafft für ein inneres, spirituelles Wachstum. Bald darauf unternahm er zusammen mit gleichgesinnten Gardisten eine Wallfahrt ins Heilige Land, besuchte die Stätten des öffentlichen Wirkens von Jesus. Zunächst nur leise, dann immer vernehmlicher spürte er den Wunsch, Priester zu werden. Dabei steht für Ivan Saric der Dienstgedanke im Vordergrund, und zwar im umfassenden Sinn. «Vom Soldaten des Papstes zum Soldaten der Kirche», fasst Ivan Saric bildlich gesprochen diese Etappe seines Berufungsweges zusammen.

Im Jahr 2015 klopft Ivan Saric an die Tür von Guido Scherrer, Generalvikar des Bistums St. Gallen. Dieser signalisiert ihm, zuerst noch die Matura nachzuholen, was ihn, den gelernten Polymechaniker, doch einigermassen irritiert. So verordnet sich Ivan Saric eine Auszeit im Benediktinerkloster St. Otmarsberg in Uznach, um sich der Ernsthaftigkeit seiner Berufung zum Priester zu vergewissern.

Schliesslich entscheidet er sich mit dem Segen des Bistums, in Lantershofen (50 km von Köln entfernt) ein vierjähriges Theologiestudium zu beginnen. Das dortige Priesterseminar ist eigens für Spätberufene konzipiert. Aufnahmebedingungen sind: Ein Mindesteintrittsalter von 25 Jahren, der Wunsch, Priester zu werden, und eine Empfehlung des Heimatbischofs. Auch der heutige Abt des Benediktinerklosters St.Otmarsberg in Uznach, Emmanuel Rutz, hat dort sein Theologiestudium absolviert.

 

 

Nach erfolgreichem Abschluss folgte eine zweijährige Berufsvorbereitung in der Seelsorgeeinheit St. Gallen-West / Gaiserwald. Von einem «Fleischwolf», als welchen man einen solchen Vorbereitungsparcours gerade auch für angehende Priester nicht selten bezeichnet, blieb Ivan Saric verschont, wie er dankbar anmerkt. Vielmehr wurde er von den anderen Mitgliedern des Seelsorgeteams in seinem Wunsch vorbehaltlos akzeptiert und unterstützt. Verschont blieb er auch vom priesterberufungsfeindlichen Klima, dem noch sein jetziger Vorgesetzter und Pfarrer Roman Giger ausgesetzt war, als es in den theologischen Ausbildungsstätten in Luzern und Fribourg während den 90-er Jahren kaum keiner mehr wagte, seinen Wunsch, Priester zu werden, öffentlich auszusprechen.

Was ist ein Priester? Der Philosoph Josef Piper hat es in seiner Schrift «Was unterscheidet den Priester?» wie folgt zusammengefasst: «Das schlechthin Unterscheidende des Priesters ist eine besondere, ihm in der Priesterweihe zuteilgewordene Vollmacht, eine, wie das Zweite Vatikanische Konzil sagt, ‹potestas sacra›. Thomas von Aquin hat sie auf seine wortknappe Weise umschrieben. Die dem Priester in der Ordination übertragene Vollmacht bestehe, so sagt er, darin, dass er das Altarssakrament in persona christi zu vollziehen vermöge. In diesem fundamentalen Satz, welcher ausdrücklich den Kern des Sachverhalts zur Sprache zu bringen beansprucht, verknüpfen sich zwei gedankliche Elemente: einerseits das Handeln ‹in der Person Christi›, andererseits die unmittelbare Zuordnung von Priestertum und Eucharistie.» Soweit Josef Piper.

Was mich an der Person von Ivan Saric besonders beeindruckt: Er versteht es, auf völlig unprätentiös-natürliche und gleichzeitig komplexfreie, selbstbewusste Art sein Verständnis als zukünftiger Priester dem Gesprächspartner zu vermitteln.

Ivans Saric' Familie stammt aus Bosnien-Herzegowina, er selbst ist in der Schweiz aufgewachsen. Da drängt sich die Frage auf, wie er es mit dem nahe gelegenen Wallfahrtsort Medjugorje hält. «Meine Eltern haben mich schon früh auf ihre Pilgerreisen nach Medjugorje mitgenommen.» An den Botschaften war er anfangs nicht sonderlich interessiert, wohl aber beeindruckte ihn die religiös-spirituelle Atmosphäre, welche dieser Wallfahrtsort ausstrahlt und ihm «mega-viel Kraft» gibt. Von der Authentizität der Marienerscheinungen in Medjugorje ist er mittlerweile überzeugt, überlässt es aber dem endgültigen Urteil der Kirche, ob sie die Botschaften dereinst als echt beglaubigen wird.

Wie sieht die unmittelbare Zukunft von Ivan Saric aus? Bis Sommer 2025 wird er als Vikar in der Pfarrei Bruder Klaus in St. Gallen-Winkeln als Priester wirken. Alles weitere legt er vertrauensvoll in die Hand Gottes.

Und was kommt ihm im Unterschied zur Kirche in der Schweiz spontan in den Sinn, wenn er an die Kirche in seinem Herkunftsland denkt? In Kroatien, so Ivan Saric, gibt es zahlreiche junge Priester, die in den sozialen Medien aktiv sind und denen es gelingt, mit neuen Formen religiöser Musik viele Junge anzusprechen und zu begeistern. In diesem Kontext stand auch eine Wallfahrt nach Assisi, die eine erstaunliche Dynamik in der kroatischen Jugend auslöste. Solche Aufbrüche vermisst er in der Schweiz sehr.

Und zum Abschluss des Interviews nach einem besonderen Wunsch befragt, sagt Ivan Saric: Der Zusammenhalt unter den Katholikinnen und Katholiken hier in der Schweiz sollte grösser sein: Es gilt, ohne Aufdringlichkeit, aber mit Selbstvertrauen und ohne Komplexe sich in der Öffentlichkeit zur katholischen Kirche zu bekennen. Oft dominiert hierzulande eine falsch verstandene Ökumene, die dazu verleitet, das Katholisch-Sein zu verstecken, weil es angeblich die «Ökumene» beeinträchtige.

Dein Wort in Gottes und des Kirchenvolkes Ohr, lieber Ivan!


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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    Pfr. Ruedi Nussbauner 26.03.2023 um 19:49

    Salve Ivan


    Deine Primiz heute in St. Gallen Bruggen im Kreis von ca 28 Priestern und einer vollen Kirche u. a. mit Liedern auf Kroatisch und deinem in der Muttersprache der Kirche lateinisch angestimmtem Paternoster und der sensationellen Evangeliumsauslegung von der Auferweckung des Lazarus war ein Tiefgang, den man heute nicht immer erlebt. Dein Seeleneifer, während etwa ein-dreiviertel Stunden den andrängenden sicher 600 Personen den Einzelprimizsegen zu spenden, und zwar jede/r Einzelne in freundlichster und geduldiger Weise, wird mir unvergessen bleiben, ja beschämt mich, mahnt mich, dass Feuer der christlichen Aufforderung "Übertrefft euch in gegenseitiger Achtung" neu zu entflammen.


    Mein kürzlich geäusserter Kommentar war wirklich nicht übertrieben: "Mit dir hat die Diözese St. Gallen etwas vom Besten erhalten!!" Für mich ein Zeichen Gottes, dass SG trotz extremem Priestermangel eine Zukunft hat. Wer weiss, vielleicht rufen die Bischöfe doch mal zu einem Sturmgebet auf, um echt um Berufungen zu beten. Gemäss Papst Franziskus verkommt ein Land ohne Priester. Oder wie mal ein bayrischer Bischof vor dem Mauerfall sagte: "Nicht auf den Akademien, sondern AUF DEN KNIEN fällt die Mauer!" Dies gilt auch hier, wenn es um Berufungen, auch die von praktizierenden LaientheologInnen und Katecheten geht. Deo gratias!

  • user
    Margrit Ruckstuhl 23.03.2023 um 20:46

    Lieber Ivan


    Ich kenne Sie nicht persönlich, habe aber in der letzten Zeit einiges von Ihnen gehört und gelesen. Ich danke Gott für einen Priester wie Sie und werde Sie gerne in mein Gebet einschliessen. Behüte Sie der Herr! Ihnen viel Segen und Freude in der neuen Aufgabe als Seelsorger im Dienste des Herrn ein herzliches Behüte Sie Gott und freundliche Grüsse Margrit Ruckstuhl

  • user
    Martin Meier 23.03.2023 um 12:20

    Ein nicht ganz unwesentlicher Nachtrag: Ivan Saric ist auch den Besuchern der monatlichen Gebetsnacht in der Kirche Maria Lourdes, Seebach, Zürich, kein Unbekannter, hilft er doch seit Jahren als Ministrant, Lektor und in letzter Zeit als Diakon mit, diesen so segensreichen Anlass feierlich zu gestalten. In der nächsten Gebetsnacht vom 14. auf den 15. April wird er erstmals als Priester am Altar stehen und nach der hl. Messe den Primizsegen spenden. Danke, liebe Muttergottes von Lourdes, für diesen Priester nach dem Herzen Jesu!

  • user
    Claudio Tessari 22.03.2023 um 20:37

    Lieber Ivan, du bist ein Segen für unsere Kirche. Bleib der Wahrheit treu. Der letzte Satz bringt es auf den Punkt