François Benjamin May, wurde am 21. Juli 1870 in Bagnes VS geboren. Das familiäre Umfeld begünstigte seine religiöse Berufung und so trat er mit 18 Jahren in Frankreich ins Institut der Maristenbrüder ein. Bei seiner zeitlichen Profess am 15. August 1888 erhielt er den Namen Lycarion.
Er wirkte zunächst in Matarò (Katalonien, Spanien), nach seiner ewigen Profess wurde er in die Kommunität von Gerona versetzt, wo er in der ersten von den Maristenbrüdern in Spanien geführten Schule arbeitete. Br. Lycarion war ein unternehmungslustiger und intellektuell begabter Mann. Nachdem er einige Zeit im Baskenland einen Kindergarten geleitet hatte, wurde er nach Barcelona zurückgerufen, um die Schule «Patronato Obrero de San José» zu gründen und zu leiten. Diese lag im bevölkerungsreichen Viertel Pueblo Nuevo in einem sozial schwierigen Umfeld mit armen und benachteiligten Familien. Im gleichen Viertel war in jenen Jahren die «Escuela Moderna» mit einer antireligiösen Ausrichtung gegründet worden; ebenso war dort die Organisation Jóvenes Bárbaros vertreten. Die neue Schule war ihnen ein Dorn im Auge.
Als der spanische Premierminister am 9. Juli 1909 40 000 Einberufungsbefehle an Reservisten verschickte, um die spanischen Kolonialtruppen in Marokko zu verstärken, kam es in der Woche zwischen dem 25. Juli und dem 2. August zu einer Serie blutiger Zusammenstösse zwischen der spanischen Armee und der Arbeiterklasse, die von Anarchisten, Kommunisten und Republikanern unterstützt wurde («Tragische Woche», «Setmana Tràgica»). Die Zusammenstösse arteten in Plünderungen und Brandschatzungen von Kirchen, Klöstern und katholischen Schulen aus.
In der Nacht vom 26. auf den 27. Juli wurde das Schulgebäude der Maristenbrüder in Brand gesteckt. Am Morgen des 27. Juli erging an die Ordensleute in betrügerischer Absicht die Aufforderung, das Haus zu verlassen. Man wolle sie in Sicherheit bringen. Die Brüder, die von den guten Beziehungen zu ihren Schülern und Familien während der drei Jahre des Unterrichts überzeugt waren, glaubten diesen Worten und verliessen ihr Haus. Sobald sie auf die Strasse kamen, wurde das Feuer auf sie eröffnet. Bruder Lycarion, der erste der Gruppe, wurde erschossen. Seine mit Steinen und Macheten zerschlagene Leiche wurde später geborgen und in einem Massengrab auf dem Friedhof von Montjuïc beigesetzt. Die anderen Mitbrüder konnten fliehen, doch ein älterer Mitbruder kam zurück und versteckte sich im Haus. Er hatte Glück im Unglück: Mitarbeiter des Roten Kreuzes entdeckten ihn und sagten ihm, er solle sich totstellen. Sie legten ihn auf die Bahre und brachten ihn in die Krankenstation.
Die Maristenschule war das erste religiöse Gebäude, das in dieser Woche angegriffen wurde. Die Gewalt auf den Strassen forderte über 100 Tote (die meisten Zivilisten), darunter den Franziskaner Ramón Usó und den Pfarrer von Poble Nou, Ramón Riu Ceriola. Die Reaktion der Regierung fiel brutal aus: Tausende von Verhaftungen, 1700 wurden vor Militärgerichten wegen bewaffneter Rebellion verurteilt. Einer der fünf Hingerichteten war der Gründer der «Escuela Moderna», der Pädagoge Francesc Ferrer i Guàardia. Ihm wurde vorgeworfen, der Anführer des Aufstands zu sein.
Das «Dikasterium für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse» weist auf das in dieser Zeit in Barcelona herrschende gewalttätige antiklerikale Klima hin. Bruder Lycarion wurde von den Aufständigen umgebracht, weil diese die von den Maristenbrüdern durchgeführte Erziehungsarbeit ablehnten. «Obwohl es sich nicht um eine religiöse Verfolgung im eigentlichen Sinne handelte, waren die Katholiken den Milizionären aufgrund ihres sozialen und kulturellen Einflusses besonders verhasst. Odium fidei war also der Hauptgrund für seine Ermordung, denn er war als engagierter und mutiger Ordensmann bekannt, der sich für die christliche Erziehung der Kinder einsetzte.»
Das formale Martyrium ex parte persecutoris zeigte sich in der Absicht der antireligiösen revolutionären Bewegung, die Schule «Patronato de San José» zu beseitigen. Was das Martyrium ex parte Servi Dei betrifft, so «lebte Bruder Lycarion seine erzieherische und pastorale Mission im Bewusstsein der in seiner Umgebung herrschenden Feindseligkeit, ohne in seinem Engagement und seinem christlichen Zeugnis in den drei Jahren seiner Anwesenheit in Barcelona nachzulassen».
Papst Franziskus hat am Montag mit seiner Unterschrift anerkannt, dass die Ermordung des Maristenbruders François Benjamin May aus Hass auf den Glauben geschah und dass er als Märtyrer anerkannt und seliggesprochen werden soll.
Neben Bruder Lycarion sollen auch fünf Franziskaner seliggesprochen werden. Pedro de Corpa wirkten in Florida (USA) als Missionar. Dieser war ermordet worden, nachdem er einem künftigen Stammeshäuptling ins Gewissen geredet hatte, weil sich dieser eine zweite Frau nehmen wollte. Er wurde zusammen mit vier anderen Franziskanern, die in der gleichen Gegend ermordet wurden, als Märtyrer anerkannt.
Weiter wurde drei Personen der heroische Tugendgrad zuerkannt, ohne den ihr Seligsprechungsprozess nicht weitergehen kann.
Die gebürtige Engländerin Ricarda Beauchamp Hambrough (1887–1966), Generaläbtissin des Birgittenordens:
Der italienische Priester und Eremit Quintino Sicuro (1920–1968);
Die Italienerin Luigia Sinapi (1916–1978), Laiin.
Ebenfalls am Montag anerkannte Papst Franziskus ein Wunder, das auf die Fürsprache der 2008 seliggesprochenen Gründerin der Barmherzigen Schwestern Vincenza Maria Poloni aus Verona erfolgte. Damit ist der Weg zur Heiligsprechung frei.
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