Erstveröffentlichung in «Mondo e Missione»
Eine Kirche, die dank der Verkündigung des Evangeliums auf dem Marktplatz neu geboren wurde. So könnte man die Erfahrung von Schwester Marie und Schwester Teresa zusammenfassen, den beiden ersten kambodschanischen Nonnen, die nach dem Ende des Regimes der Roten Khmer unter dem kommunistischen Diktator Pol Pot, der zwischen 1975 und 1979 für die Ermordung von etwa eineinhalb Millionen Menschen hauptverantwortlich war, zum Christentum konvertierten. Das Land ging aus dieser Erfahrung traumatisiert hervor, und trotz einer allmählichen Verbesserung der Lage blieb Kambodscha ein weiteres Jahrzehnt ein armes und instabiles Land.
Doch zu Beginn der 1990er-Jahre kam ein neuer Wind auf. Marie, die vor ihrer Taufe Ang Songvat hiess, arbeitete vormittags als Sekretärin, ging nachmittags als Näherin auf den Markt in Kompong Cham und besuchte anschliessend die Abendschule, um ihr Abitur zu machen. Wegen der bewaffneten Guerillakämpfe, die damals in einigen Gebieten des Landes gewütet hatten, hatte sie die Schule nicht abschliessen können.
Auf dem Markt freundete sie sich mit einer Frau an, die – was sie noch nicht wusste – ihr Leben verändern würde. Es handelte sich um Bun Nath, die zusammen mit einer Kollegin, Bun Tharin, Fische verkaufte und die dank eines französischen Priesters das Christentum kennengelernt hatte, bevor die Missionare 1975, im Jahr der Machtübernahme der Roten Khmer, vertrieben wurden. Bun Nath war noch ein Kind, als sie das Haus von Pater André Lesouef von den «Missions étrangères de Paris» besuchte, der 1968 zum ersten apostolischen Präfekten von Kompong Cham ernannt worden war, einer 120 Kilometer östlich der Hauptstadt Phnom Penh gelegenen Stadt.
Damals nahm der Priester nichtchristliche Kinder in seinem Pfarrhaus auf und unterhielt sich mit ihnen. Als er 1992 nach Kambodscha zurückkehrte, waren alle Werke der Katholischen Kirche zerstört – zumindest schien es so. Bun Nath, inzwischen erwachsen, schrieb einen Brief an den 70-jährigen Missionar, der in der Hauptstadt Phnom Penh lebte. Pater André gelang es nicht nur, sie zu finden, sondern auch, sie zu taufen; sie war die erste Christin in der neu geborenen Katholischen Kirche Kambodschas.
Zurück zu Songvat und Tharin: Die beiden trafen sich zum ersten Mal auf einer Motorradtour. Bun Nath hatte begonnen, auf dem Markt von ihren Erfahrungen mit dem Christentum zu erzählen, aber die Fragen der späteren Schwester Marie wurden immer komplexer. So bat Bun Nath ihre Kollegin Bun Tharin, Songvat zu Pater André zu begleiten, der nun von zwei thailändischen Nonnen, Pelagie und Xavier, unterstützt wurde. Beide gehören der «Schwesternkongregation von der Liebe zum Heiligen Kreuz» («Amantes de la Croix») an, einem Orden, der im 17. Jahrhundert von Pater Lambert De la Motte in Thailand gegründet worden war. Bun Tharin kannte Pater André vom Sehen und durch die Erzählungen von Bun Nath, aber sie hatte nie daran gedacht, vom Buddhismus zum Christentum zu konvertieren. Sie hatte die Sekundarschule abgeschlossen, dann aber aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten ihrer Familie angefangen, auf dem Fischmarkt zu arbeiten, und konnte erst später eine Berufsschule besuchen.
Beim französischen Missionar angekommen, fand Songvat nicht die Antworten, die sie suchte, sondern wurde mit einer Frage begrüsst: «Willst du das Wort Gottes studieren?», fragte Pater André.
Nach dieser Begegnung begannen die beiden Frauen – noch getrennt – den Katechesekurs beim Missionar. Zwischen 1994 und 1996, als sie noch nicht einmal 30 Jahre alt waren, liessen sie sich taufen. In jenen Jahren bekehrten sich ein, zwei, höchstens vier Christen pro Jahr, aber die kambodschanische Kirche hatte wieder zu wachsen begonnen. Marie und Teresa sind heute glücklich über ihre Entscheidung, die ihnen aber damals nicht leicht fiel: «Wir waren aus Tradition Buddhistinnen, aber ich fühlte mich von der Erleuchtung des Herrn getroffen. Kultur ist etwas, das man von aussen aufnimmt, aber das Wort Gottes kam uns auf unserem Weg entgegen», erklärt Schwester Marie.
Da der Gesundheitszustand von Pater André immer schlechter wurde, setzten Marie und Teresa ihre Katechese mit den thailändischen Nonnen fort. «Ihr Khmer war rudimentär», erzählen sie. «Aber unser Glaube war fest und motiviert, er ging über den Unterricht hinaus.» Irgendwann schlug Sr. Pelagie vor, dass Marie einer Gruppe ungetaufter Mädchen abends in ihrem Haus Näh- und Schreibunterricht erteilen sollte. Als auch Teresa zu ihnen zog, begannen die beiden Frauen, über eine Weihe nachzudenken. Bun Nath sprach oft von den vietnamesischen Vorsehungsschwestern, die sie vor der Zeit der Roten Khmer gekannt hatte, und teilte bereitwillig ihre Erinnerungen. Auch hier gab es ein grosses kulturelles Hindernis: «Unsere Familien fragten uns immer: ‹Warum heiratet ihr nicht und bekommt Kinder?›», sagt Schwester Teresa. «Im Buddhismus ist die geistige Welt nicht dein Freund. Wenn man krank wird, glaubt man, dass der böse Blick daran schuld ist. Das ist etwas ganz anderes als die Verkündigung der Liebe durch Jesus, der alles Böse in der Welt überwunden hat.»
Pater André war von der Bitte der beiden Frauen überrascht, sah aber, dass ihre Berufung authentisch war: Marie und Teresa hatten bereits beschlossen, sich den Kreuzschwestern anzuschliessen. Während die anderen Orden sehr strukturiert sind, ist das Charisma dieser Kongregation einfach, nah am Gemeindeleben und lebt ein Christentum der ersten Stunde, dessen Grundlage die Gemeinschaft ist. Sr. Pelagie und Sr. Xavier brachten die Ordenskonstitutionen in Thai nach Kambodscha, eine Sprache, die Marie und Teresa lernten, um eine Übersetzung in Khmer anzufertigen. Um sicherzugehen, dass sie den Inhalt richtig verstanden hatten, verglichen sie den Text noch mit der französischen Version. Und so fasste die Kongregation in Kambodscha wieder Fuss: Vor dem Regime hatte es andere Kreuzschwestern gegeben, aber sie waren alle getötet worden oder ins Ausland geflohen. Eine Wiedergeburt, die mit dem Wiederaufbau des Landes Hand in Hand ging.
Das erste Jahr des Postulats verbrachten sie im Dienst am Nächsten, denn Pater André, um sich ihrer Absichten zu vergewissern, schickte sie nach Phnom Penh, damit sie für «New Humanity International» arbeiteten, eine Organisation, die mit der Kongregation «Päpstliches Institut für die auswärtigen Missionen» und einer anderen NGO verbunden ist. Im Jahr 2002 begannen sie ihr Noviziat und legten 2004 ihre erste Ordensprofess ab und wurden für die Mission in Prey Veng bestimmt, wo sie eine Reihe von Wohnheimen für Mädchen und Einführungskurse in den christlichen Glauben leiteten. Das sind mehr oder weniger die gleichen Aktivitäten, denen sie sich auch heute noch widmen. Songvat blieb in Prey Veng, während Tharin in Stung Treng, im Nordosten Kambodschas, mit neun anderen Schwestern im Orden lebt.
Im Rückblick auf ihr Leben erinnern sich Schwester Marie und Schwester Tharin, die heute über 60 Jahre alt sind, dass sie nach ihrer Taufe nicht mehr die traditionellen religiösen Riten auf buddhistischen Pagodenfesten mit ihrer Familie vollzogen hatten. Und sie selbst haben nicht verstanden, warum sie so anders waren. «Damals wussten wir nicht, wie wir unsere eigenen Fragen beantworten sollten», erzählen sie, «aber heute verstehen wir, dass das Wort in diesem besonderen Kontext verkündet werden wollte».
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